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Manfred Maronde

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Partnerin

Eine wahre Liebesgeschichte

Wer meinen Lebenslauf gelesen hat, wird sich bestimmt gefragt haben, ob ich denn so ganz allein durch das Leben gehe. Bisher war dies tatsächlich so. Doch nach drei Jahrzehnten so einiger meist kurzer Liebschaften, die nur selten und vage erwidert wurden, ist in mein Leben das Glück eingekehrt.

Saale bei Bernburg

Als ich im Juli 2009 eine einwöchige Gruppenexkursion entlang der Saale unternahm (siehe Reisebericht), teilte ich mein Zimmer und die Sitzreihe im Bus wie gewohnt mit meinem früheren Lehrer von der Handelsschule. In der Reihe vor uns saß eine alleinstehende Dame, die Anschluss suchte. Sie erzählte viel über sich und dass sie seit viereinhalb Jahren verwitwet sei. Wir verstanden uns gut und ich kümmerte mich auf der Fahrt etwas um sie, so dass sie (eher zu sich selbst) meinte: „Das ist so ein lieber Mensch“.


Wenn Sie nun denken, diese noch etwas trauernde Rentnerin namens Ingrid wäre meine neue Partnerin geworden, liegen Sie falsch. Sie wurde zu meinem Engel. Engel ist bitte so zu verstehen, dass sie mir eine Botschaft zu überbringen hatte. Frau Ingrid erzählte nebenbei, sie mache Stadtführungen in ihrem Wohnort. Hier horchte ich auf, denn ich wusste von einer viel jüngeren Dame, die genau dort das Gleiche tat. Ganz direkt fragte ich Frau Ingrid: „Dann kennen Sie bestimmt auch Frau Claudia ... (den Nachnamen behalte ich für mich)“. Frau Ingrid ganz überrascht: „Ihr kennt euch?“ „Ja, wohl schon fast zwei Jahrzehnte lang. Aber vor anderthalb Jahrzehnten haben wir uns verloren.“ Frau Ingrid ganz spontan, diesmal zu meinem verblüfften Sitznachbarn: „Die beiden passen gut zusammen!“


Den Rest der Reise über ließ Frau Ingrid die Aufgabe, Frau Claudia und mich zusammen zu bringen, keine Ruhe mehr. Sie bot dazu ihre Dienste an um zu vermitteln. Da ich ein vorsichtiger, man darf auch sagen etwas misstrauischer, Mensch bin, überlegte ich, was ich selbst tun könne.

Ich besann mich auf eine alte Tradition aus der Frühzeit, nachdem ich Frau Claudia eher flüchtig kennen gelernt hatte, und schrieb ihr eine Ansichtskarte. Darauf sind Ekkehard und Uta abgebildet (ähnlich wie auf dem Foto rechts), Sie wissen schon, die berühmten Stifterfiguren im Naumburger Dom. In den Text schrieb ich als Schlusssatz: „Ich würde mich freuen, wenn wir uns einmal wiedersehen würden“ und schob noch das Wort „bald“ dazwischen. In der Wortwahl war ich so vorsichtig, weil Frau Claudia nach Auskunft von Frau Ingrid noch mit ihrer inzwischen der Pflege bedürftigen Mutter zusammen wohnte und ich davon ausgehen musste, dass die Mutter die Ansichtskarte aus dem Briefkasten nehmen würde.

Naumburg, Dom, Stifterfiguren Ekkehard und Uta

Doch dazu hatte die Mutter keine Gelegenheit mehr. Sie starb einen Tag bevor meine Ansichtskarte ankam. Frau Claudia antwortete mir am 31. Juli und teilte mir diese traurige Nachricht mit. Ihr hätten meine „Zeilen große Freude bereitet in dunkler Zeit“. Nach so vielen Jahren würde auch sie sich auf ein Wiedersehen freuen, und sie machte gleich zwei Vorschläge, wann und wo wir uns treffen könnten.


Daraufhin schaute ich, ob es Alternativen gäbe, und fand das Angebot einer Tagesexkursion in die Lüneburger Heide. Ebendort, vor zwanzig Jahren, waren wir uns das erste Mal begegnet. Und wenn Frau Claudia denn so lange nicht warten möchte, könnten wir auch bereits am kommenden Wochenende an einem Tagesausflug zur Bundesgartenschau in Schwerin teilnehmen.


Zu meiner Überraschung rief Frau Claudia gleich am Abend nach der Ankunft meines Briefes bei mir an. Unser erstes Telefonat dauerte anderthalb Stunden. Überflüssig zu schreiben, wie gut wir beide uns verstehen. Fast schon selbstverständlich war für mich, Frau Claudia aus dem nun von ihr ganz allein bewohnten Haus mit meinem Auto abzuholen. Allerdings traute ich mich nicht, sie zu fragen, ob sie mir ein Nachtquartier verschaffen könnte. So landete ich in einem ziemlich altertümlichen Hotel.


Um am Sonnabend ausgeruht und in Topform zu sein, hatte ich dort für die Nacht zuvor ein Einzelzimmer reservieren lassen (zunächst über das Internet, wobei die Anmeldung prompt verschlampt wurde, dann zur Sicherheit per Telefon). Bei tief über der Elbe stehender Abendsonne unternahm ich einen Spaziergang von der Ober- in die Unterstadt und entlang dem träge fließenden Elbstrom.

Da ich Durst und etwas Hunger hatte, bestellte ich mir in der Gaststätte „Zum Rufer" ein Weizenbier und dazu Matjesfilet mit Brot und genoss beides in der ruhigen Abendstimmung. Dabei beobachtete ich einen älteren Herrn; dieser führte eine Gruppe junger Radfahrerinnen zu der Statue des Rufers (unten links) von Karlheinz Goedtke.

Elbufer bei Lauenburg, Blick im Abendlicht flussabwärts Lauenburger Rufer, Skultpur von Karlheinz Goedtke

Mir kam so der Gedanke, ob vielleicht auch Frau Claudia mit einer Besuchergruppe in der Altstadt unterwegs sein könnte? Das letzte Fotolicht in der Dämmerung nutzend bog ich in die Elbstraße. Die Stimme der Dame, die einer Gruppe voran ging, kam mir irgendwie vertraut vor. Und richtig, es war Frau Claudia! Ich ging auf sie zu, sie wich mir zuerst aus. Ich sagte zu ihr „Guten Abend, Frau ...(da waren wir noch per Sie)“. Sie: „Oh, Herr Maronde?“ Ich: „Ich will nicht stören. Wir sehen uns morgen.“ So ging ich ein Stück weiter, und wieder kam eine Gruppe. Auch diese Stimme erkannte ich: Frau Ingrid. Ich zu ihr: „Ihre Vorgängerin habe ich schon getroffen. Was für eine schmucke Frau!“

Der Tagesausflug am Sonnabend, 13. September, war sehr schön, die drei Dorfkirchen eindrucksvoll wie die Landschaft, auch wenn die Heide schon recht verblüht war. Wir beide konnten uns so schon den Tag über aneinander gewöhnen. Tags darauf durfte ich am „Tag des offenen Denkmals“ Frau Claudia als Stadtführerin erleben. Sie hat sich - wie sie mir anschließend auf meine Frage antwortete - an Hand von Archivakten die Rolle einer einfachen Dienstmagd in einem bürgerlichen Haushalt der frühen Neuzeit erarbeitet und dazu eine passende Tracht nähen lassen. Die Lebensgeschichte und Erlebnisse dieser Figur erzählt sie den Besuchern vor den Fachwerkhäusern und der Stadtkirche. Davon war ich tief beeindruckt.


Zum Abschied gingen wir in das Tourismusbüro neben dem sogenannten Schloss, und ich umarmte und küsste meine Claudia und flüsterte ihr ins Ohr:

Lüneburger Heide mit Kiefernbaum

„Ich mag dich sehr sehr gerne.“ Dass eine ihrer Kolleginnen mit im Raum war, störte mich nicht, ich reklamierte einfach das „Privileg aller Liebenden“ für mich und blendete die Umgebung aus. So konnte ich mit vollem Herzen meine Rückreise durch den einsetzenden Regen antreten.


Die nächsten drei Wochen bedeuteten Trennung. Bei mir stand die lange geplante dreiwöchige Flusskreuzfahrt auf der Wolga an. Leider ist die russische Post so langsam wie befürchtet und beförderte meine Ansichtskarten mehr als zwei Wochen lang.

Schon vor meiner Abreise hatte ich Frau Claudia zu einem Tagesbesuch in das brandenburgische Rheinsberg (Foto rechts) eingeladen. Hier hatten wir beide am 10. Oktober den ganzen Tag für uns, wanderten durch den Park, erkundeten das Schloss der Preußenprinzen Friedrich und Heinrich und die Stadtkirche St. Laurentius, schlenderten über den Töpfermarkt und aßen gut zu Mittag.

Rheinsberg, Theater und Schloss von Osten hinter Grienericksee

Am Abend fuhren wir nach Lübeck in das Theater, wo Frau Claudia meine Zwillingsschwester und deren Ehemann sowie meinen Bruder und dessen Freundin kennenlernte - und die vier Frau Claudia.

Die Nacht schlief ich in ihrem Haus, und am nächsten Tag genossen wir beide bei ihr ein liebevoll zubereitetes Frühstück mit Tee, Ei und selbst gekochter Marmelade. Wir besuchten den Gottesdienst in der Maria-Magdalenen-Kirche, an dem sie mitwirkte, und ich konnte mich mit Gottes Segen auf den Weg begeben. Am Sonnabend darauf fuhren wir gemeinsam zur Frankfurter Buchmesse, denn neben der Leidenschaft für Reisen teilen wir auch die für Bücher. Und wieder fiel der Abschied schwer.


Die Weihnachtszeit verbrachten wir gemeinsam, besuchten meine Geschwister und die bestbefreundete Familie - und hatten viel Zeit füreinander. Im Februar wagten wir eine gemeinsame Reise auf die italienische Insel Sizilien, auf der wir frühlingshaft grüne Landschaften, Sonnenschein sowie alte Kulturgüter aus griechischer, römischer und normannischer Zeit genossen.


Sagen Sie selbst: Kann das alles eine Kette von Zufällen sein? Oder musste alles ganz genau so kommen?

Claudia Tanck 2010