Berufswahl und Ausbildung | |||||||
Berufswahl | Im Mittelpunkt stand der Wunsch, mit Papier als Material arbeiten zu wollen. Auch wenn es Sie womöglich erstaunt, aber der Umgang mit Menschen stand nicht von Anfang an im Vordergrund. Dieses Motiv kam erst viel später in das Zentrum meiner Aktivitäten. Wie ich im Kapitel "Geld" beschrieben habe, ging es mir natürlich auch um diese "Hauptsache". Papier, Geld und die Arbeit im Büro waren also Ausschlag gebend für meine Berufswahl. Im 8. Schuljahr hatte ich die Idee, Finanzbeamter werden zu wollen; hierzu forderte ich bei der Berufsberatung eine Broschüre an. Während meiner Zeit in der Handelsschule lernte ich allerlei, was man im kaufmännischen Betrieb so braucht. Das Fach "Buchführung" bei Herrn Dr. Schniotalle fand mein besonderes Interesse. Nach der Handelsschule wollte ich lieber direkt eine Berufsausbildung beginnen als noch weitere drei Jahre auf das Wirtschafts-Gymnasium zu gehen. Die Möglichkeit, zu studieren, lag mir fern; wozu also Abitur machen? Und mit mittlerer Reife war es Mitte der 70er Jahre durchaus noch möglich, einen kaufmännischen Beruf zu lernen. Meine Eltern waren immer schon Kunden der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg. So regte meine Mutter an, mich dort zu bewerben. Eine Betriebsbesichtigung in der Möllner Sparkasse von der Handelsschule aus veranlasste mich, auch dorthin eine Bewerbung zu senden. Weil wir damals den Anbau an unser Einfamilienhaus errichteten und dabei viel Material bei Firma Gustav Martinsen in Ratzeburg einkauften, bewarb ich mich dort als Baustoffkaufmann. Die Möllner Sparkasse, mit deren Direktor Völker ich mich beim Eignungstest angeregt unterhalten hatte, sagte überraschend ab. Jahre später erfuhr ich, dass Handelsschüler dort generell so gut wie keine Chancen hatten. Der Eignungstest in der Kreissparkasse Ratzeburg genügte, um dort einen Ausbildungsvertrag zu bekommen. Damit wurde die Bewerbung bei Fa. Martinsen gegenstandslos. | ||||||
Einstellung | ![]() | Später fiel mir wieder ein, dass ich schon Anfang der 70er Jahre, als der Abriss und Neubau der Hauptstelle in Ratzeburg in den Zeitungen stand, die Fotos und Berichte hierzu ausgeschnitten hatte. Als ich gefragt wurde, ob ich auch in der Hauptzweigstelle Mölln meine Ausbildung machen würde, sagte ich zu. Die Hauptzweigstelle war - anders als der riesige "Palast der Hauptstelle" - überschaubar. Mölln war verkehrsgünstiger. Mein Vater arbeitete in Mölln und konnte mich so zweimal in der Woche abends im Auto mit nach Hause nehmen. | |||||
Zeichnung: Fassade der Hauptzweigstelle Mölln von 1965 bis 1980 (aus Buch: "Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg - Rückblick aus Anlass des 25-jährigen Bestehens im Jahre 1965") | |||||||
Ausbildung | So begann ich also am 1. August 1976 meine Ausbildung zum Bankkaufmann in der Kreissparkasse Mölln. Zuvor wurde ich mit Sackos, Hosen, Hemden und Krawatten passend "eingekleidet". Der erste Tag bei Filialdirektor Fritz Holm bleibt mir in Erinnerung. Mein Kollege im selben Lehrjahr, Manfred Röhrs aus Mölln, kam in die "Überweisungs-Abteilung", ich in die "Sparabteilung". Nach dem Rundgang und dem Kennenlernen der etwa 25 Kolleginnen und Kollegen, darunter drei weitere Auszubildende im 2. und 3. Lehrjahr, bekam ich also einen Platz am Schreibtisch vorn links. Die Kundenhalle war damals mit einem durchgehenden Schalter-Tresen in U-Form geteilt. Links war die Sparabteilung, dahinter die Überweisungsabteilung, hinten quer die beiden Kassen (von denen meist nur eine in Gebrauch war) und rechts kam der Giroschalter. Hinter dem Giroschalter waren mehrere Büroräume für den Hausmeister, den Kreditsachbearbeiter und vorne für den Hauptzweigstellenleiter und seine Sekretärin. | ||||||
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Aller Anfang ist schwer | Diese Grundriss-Zeichnung wurde von mir aus dem Gedächtnis angefertigt, sicher ist sie nicht perfekt. Nun wollen Sie vielleicht wissen, was ich als erste Aufgabe zu tun bekam. Also, ich bekam einen rund 10 cm dicken Stapel von Buchungsbelegen. Genau genommen waren es Gutschriftskarten, mit denen Vermögenswirksame Leistungen (vL) auf Sparverträge gut gebucht worden waren. Diese Belege hatte ich nach der 8-stelligen Kontonummer zu sortieren und dann in zwei rund 40 cm lange Kartons einzusortieren. Dieser Tag war anstrengend. Einige Tage klingelte auf meinem Schreibtisch das Telefon. Mit so einem Gerät hatte ich noch nie zu tun, zu Hause hatten wir kein Telefon. Meine Kollegin ermunterte mich, den Hörer abzuheben. Ich tat es und sagte meinen Namen. Mein Hauptzweigstellenleiter stellte mir ein Gespräch mit Sparkassendirektor Köster durch. Dieser fragte mich, ob ich meinen formal auf zwei Jahre abgeschlossenen Ausbildungsvertrag auf drei Jahre verlängern wolle. Die Anrechnung der Zweijährigen Handelsschule auf die Ausbildungsdauer, die im Berufsbildungsgesetz seit einigen Jahren stand, gäbe es bei ihm nicht. Ich könne ja, bei guten Leistungen, später wieder auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Was blieb mir anderes übrig? | ||||||
Praktische Arbeit | Im Laufe der nächsten Wochen lernte ich verschiedene Bücher kennen, so die "Sparfortschreibung", mit der die Konto-Eröffnungen, -Änderungen und -Auflösungen gezählt wurden, das "Stockregister", ein sehr dickes und schweres Buch mit Kontonummern und Namen, und natürlich auch den Sparkassenbüchern. Die Karteien waren in Schubladen unter dem Tresen, und zwar je eine alphabetische für bestehende und für aufgelöste Unterschriftenkarten und für Sperrvermerke. Nach und nach traute ich mich auch an Kunden heran. Die meisten wollten ihre Sparkassenbücher nachtragen, Geld einzahlen oder abheben. Hierzu war ein rosa (Einzahlung) oder gelber (Auszahlung) Beleg auszufüllen und vom Kunden unterschreiben zu lassen. Dann war in einer EDV-Liste nachzusehen, was seit der letzten Buchvorlage an Umsätzen gebucht worden war, z. B. Daueraufträge oder Zinsen. Diese wurden auf den Beleg abgeschrieben und mit einer Sparbuch-bedruckenden Maschine in das Sparkassenbuch eingetragen. Der Haken dabei war, dass zuvor die nächste Zeile an der Maschine eingestellt werden musste, was ich hin und wieder vergaß, und dann gab es Ärger. Interessanter wurde es, wenn ein Sparkonto abzurechnen und aufzulösen war. Hier konnte ich die in der Berufsschule gelernte Zinsrechnung gebrauchen, allerdings mit Tabellen von "Gillardon". Schöner war es dagegen, wenn jemand ein neues Sparkassenbuch eröffnen wollte. Solche Kunden wollten am liebsten die Angestellten bedienen, man brauchte schon etwas Glück. Wer sollte Kontoinhaber sein, wer Gläubiger? Welche Sparform sollte es sein, gesetzliche mit 3 Monaten, vereinbarte mit 1, 2 oder 4 Jahren? Oder gar ein Ratensparvertrag? Es begann mir Freude zu machen, Kunden die Auswahl zwischen mehreren Möglichkeiten zu lassen. Nach immerhin 11 Monaten wurde ich an den Giroschalter versetzt. Dort wurde viel mehr auf Selbständigkeit Wert gelegt. Und es gab "beliebte" und "unbeliebte", meist "faule" Kunden. Deren Kontotaschen steckten (vom Kunden aus gesehen) rechts im Kontentrog, hinter den Geschäftskonten. So war mein erster Kunde prompt so einer, der gleich rief: "Nein, auf der anderen Seite!" Meist füllte man für Kunden Auszahlungsbelege aus, ließ sie unterschreiben, prüfte die Unterschrift und die Deckung an Hand der Tagesauszüge (oder wenn keine da waren der Dispositionsliste), brachte einen Dispo-Stempel mit Handzeichen an und händigte dem Kunden Beleg und Auszüge aus. Ja, so war das damals, bevor Terminals und Geldautomaten kamen. | ||||||
Verbesserungs- vorschläge | Sie erinnern sich vielleicht an mein einleitendes Motto "Nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden kann". Beim "Eintüten" von Kontoauszügen lief es so ab: Rechts neben dem Adressfeld stand der "Versandhinweis", z. B. "Post", "Wagen", "wöchentlich" oder "Fach 21". War letzteres der Fall, wurde die Fachnummer auf die Fensterbriefhülle mit Kugelschreiber übertragen, der Auszug, ggf. mit Anlagen wie Gut- und Lastschriften, hineingesteckt und zugeklebt. Rechts oben im Adressfeld stand zu lesen "FAC". Ich kombinierte: Dies sind die drei ersten Zeichen des Versandhinweises. Wenn man also nicht "Fach 21", sondern "21 Fach" in die EDV eingäbe, bräuchte man nicht jeden Tag die Nummer mit dem Kugelschreiber zu übertragen. Die war mein erster von etlichen Verbesserungsvorschlägen. | ||||||
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Berufsschule | Im Bild: Besuch in der Hanseatischen Wertpapierbörse in Hamburg Im ersten Lehrjahr war zweimal, montags und mittwochs, im zweiten und dritten einmal in der Woche Berufsschule, dann dienstags bzw. donnerstags. Waren mehr als fünf Zeitstunden Unterricht, so war der Rest des Tages frei. Die Kreissparkasse war hier clever: An Montagen waren 5 Schulstunden (je 45 Minuten) und damit musste am Nachmittag gearbeitet werden. An Mittwochen, deren Nachmittag ohnehin geschlossen war, waren 7 Schulstunden. Die Kreisberufsschule in Mölln in der Kerschensteinerstraße hatte damals Platzprobleme, so wurden wir mit unserem Klassenlehrer Klaus Bookhoff in die Landwirtschaftsschule ausquartiert. Diese Schule lag am anderen Ende der Stadt und damit meinem Heimatdorf Sterley am nächsten. So konnte ich den Sommer über mit dem Fahrrad dorthin fahren, etwa in 35 Minuten, und war von den selten fahrenden Bussen unabhängig. | ||||||
Interner und externer Unterricht | Die Kreissparkasse gab im Nordkreis gemeinsam mit der Möllner Sparkasse, im Südkreis mit der Verbandssparkasse Schwarzenbek, betriebsinternen Unterricht. Dieser wurde von Angestellten z. B. im Kredit-, Spar-, Wertpapiergeschäft praxisnah vermittelt. Zweimal während der Ausbildung ging es für mehrere Wochen nach Bordesholm zur "Sparkassen- und Verwaltungsschule", und zwar zum "Sparkassen-Einführungskursus" und zum "Sparkassen-Abschlusslehrgang". Einige von uns hatten schon ein Auto, wir fuhren gemeinsam und nahmen uns gegenseitig mit (und jeder reichte eine Fahrkostenabrechnung ein). Der zweite Lehrgang im schneereichen Winter 1979 ließ uns sogar ein Wochenende in Bordesholm verbringen. | ||||||
Prüfung | Die Kaufmannsgehilfenprüfung wurde in der Berufsschule in Mölln abgelegt. Das Ergebnis sehen Sie unten. Dazu gab mein Ausbildungsbetrieb eine Pressemeldung heraus, die in mehreren Zeigungen erschien: "Als erster Auszubildender der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg bestand Manfred Maronde aus Sterley, der bei der Kreissparkasse Mölln ausgebildet wurde, seine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer mit "sehr gut". Nach der Prüfung bekam ich einen Arbeitsvertrag, und zwar der Note wegen gleich (und nicht erst nach einem halben Jahr) die Vergütungsgruppe BAT VII. Allerdings hatte ich nicht viel davon, denn schon vier Monate später trat ich meinen 15-monatigen Wehrdienst bei der Marine an. | ||||||
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