4 Baustile
4.1 Klassizismus und Revolutions-Architektur
Seit der Renaissance hat es immer eine klassizistische Strömung gegeben, die sich vorwiegend auf die Bauregeln der römischen Antike berief. Ihr stand der Profanbau allezeit näher als der Sakralbau. Johann Joachim Winckelmanns "Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst" von 1755 machten ihn zum Begründer der wissenschaftlichen Archäologie nach seinen Ausgrabungen von Pompeji und dem Beginn der Ägyptologie. Seine Deutung des Wesens griechischer Kunst als "edle Einfalt und stille Größe" bestimmte das Schönheitsideal des "archäologischen Klassizismus". Die Theoretiker der Französischen Revolution stellten den Perversionen des "Ancien régime" die romantisch verklärten römischen Bürgertugenden gegenüber und erhoben sie zum Ideal des neuen Menschen. Folgerichtig erklärten sie die römische Antike zum Vorbild ihrer eigenen Architektur, die deshalb "romantischer" oder "revolutionärer Klassizismus" genannt wird. 10

Wir bezeichnen den neuen Baustil, der im Zeitalter der Französischen Revolution entstand und im Keim bereits die Bauweise des 20. Jh. in sich schloss, als Revolutionsarchitektur. Während in Frankreich die neuen Gedanken weithin nur Entwurf blieben, wurden sie in Deutschland an bedeutenden Bauwerken verwirklicht. Die am meisten hervor stechenden Kennzeichen der neuen Form waren die Vereinzelung der Gebäude, ihre Verblockung und die rangmäßige Einebnung der Bauaufgaben.

Die Vereinzelung der Gebäude stand im Gegensatz zu den reichen axialen Bezügen des Barock. Denkmalhaft ragt ein Bau neben dem anderen, schwer lagernd, heraus geschnitten aus der Natur. In der Innengestaltung wich die Zimmerflucht einer Schließung des einzelnen Raumes durch unregelmäßige Anordnung der Türen in der Wand. Auch die Plätze wurden aus einer Anzahl getrennter, freilich durch Symmetrie und maßstäbliche Abstimmung noch zusammen gehaltener Einzelblöcke komponiert.

Die Bauten erhielten zudem die Gestalt harter Blöcke, was die Vereinzelung noch betont. Es herrscht eine stereometrische Regelmäßigkeit, um so mehr, als oft nur sparsame Öffnungen die kühle Wucht der Wände unterbrechen. Die kubische Bildung der Bauten brachte eine intensive Betonung des Steins, der Baumaterie, mit sich. Die Revolutionsarchitektur erscheint anorganisch, kristallinisch, abstrakt.

Die Revolutionsarchitektur schloss die Idole eines ganzen Jahrhunderts in sich. In ihrer nüchternen Rationalität und konstruktiven Härte hatte sie aufklärerische Züge. Aus der Aufklärung kam auch das Bürgertum mit seinen Idealen der Vernünftigkeit und Gediegenheit. Die bürgerliche Wohnkultur wählte einfach zweckmäßige, vorzüglich gearbeitete Möbel, die oft die Maserung des Holzes sehen ließen. Der Mensch nahm die Natur hin, wie sie war, unveredelt. 11

Das Bild der klassizistischen Architektur wird bestimmt durch die griechische oder römische Tempel-Stirnwand mit Dreiecksgiebel oder Säulenportikus; lediglich Pilaster und Gesimse gliedern den blockhaften Baukörper. Die Säulenordnungen sind nicht mehr dekorativ, sondern konstruktiv bedingt, d.h. sie schmücken nicht nur die Wand, sondern sie tragen ein Gebälk. Als sparsamer Dekor dienen neben Girlanden, Urnen und Rosetten die klassischen Palmetten und Mäander, Perl- und Eierstab. 12

4.2 Anwendung der Baustile
Bestimmten Stilen wurden bestimmte Bedeutungsinhalte unterlegt: Der ägyptische Stil galt mit seinen einfachen Massen und schweren Formen als Ideal für den Bau von Grabmälern und anderer Memorial-Architektur. Formen der maurischen oder türkischen Architektur wurden vor allem bei Bauten zur Erholung und zum geselligen spielerischen Beisammensein verwendet. Die mittelalterliche Architektur galt als idealer Stil für Bauten mit sakraler Bestimmung und für Bauten, die die Vorzeit der Deutschen beschworen. Der an die italienische Frührenaissance erinnernde Rundbogenstil hingegen sollte bei Bauten bürgerlicher Bestimmung und bei Wohnbauten angewandt werden.

Neben diesen architektonischen Stilen waren weiterhin die Säulenordnungen wichtiger Ausdrucksträger zur Kennzeichnung der Hierarchie der Gebäude. Korinthische Säulen blieben dem Sakralbau und fürstlichen Bauten vorbehalten, die ionische Ordnung Bauten mit musealer und künstlerischer Bestimmung und die griechisch-dorische Ordnung, die um 1800 zu einer regelrechten Modeerscheinung wurde, galt vor allem fortifikatorischen Bauten angemessen.

Aufklärerisches Ziel dieser Lehre vom Charakter der Gebäude war es, eine jedermann verständliche architektonische Sprache zu entwickeln. 13

Im letzten Drittel des 18. Jh. begannen literarische Gegenbewegungen zum Rationalismus der Aufklärung. Der "Sturm und Drang" der Romantiker schufen ein neues Naturverständnis, aber auch ein neues Geschichtsbewusstsein. 14 Schon in ihren Anfängen hat die Begeisterung für die Geschichte nationale Färbungen eingenommen, deren am wenigsten umstrittene Auswirkung die Fertigstellung der unvollendeten gotischen Kathedralen ist (Köln, Wien, Regensburg u.a.)

Goethe mit seiner Bewunderung für das Straßburger Münster, nieder gelegt in "Von deutscher Baukunst" (1773), vertiefte die Gotik-Interpretation und pries diese Epoche adäquaten Ausdruck deutscher Wesensart. 15

5 Berufe
5.1 Der Maler und Familie Gropius
Zunächst wurden jedoch die von Friedrich Wilhelm II. so stürmisch begonnene und von seinem Sohn Friedrich Wilhelm III. weiter geführte Neubau der Residenzen und des ganzen Landes unterbrochen, als das „alte Preußen mit der Niederlage gegen die Truppen Napoleons in der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806 zu Ende ging.

Nach den Niederlagen war es Schinkel nicht möglich, größere Bauprojekte zu realisieren. Diese Verhinderung prägte den Charakter seiner Bilder, bei denen stets utopische und ideale Stadtlandschaften im Zentrum stehen. Als Maler arbeitete er an romantischen Landschaften und Architektur-Fantasien, fertigte Schaubilder berühmter Orte und historischer Geschehnisse für ein Dioramen-Theater an.

Aus seiner Arbeit als Maler ergab sich seine Tätigkeit als Bühnenbildner, ein Handwerk, das er bei Wilhelm Gropius gelernt hatte. Nach David Gillys Tod knüpfte Schinkel zu dieser Familie freundschaftliche Beziehungen und bezog eine Wohnung in deren Haus, Breite Straße 22.
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Dabei zog er architektonische Dekorationen vor, auf wenige Ebenen, parallel zur Rampe, konzentriert, in klassizistischer Klarheit, der die kühle Farbgebung entspricht. 16 Seine literarische und philosophische Bildung, Ideenreichtum und Tiefe der Empfindung, teilte er in Bühnenbildern mit, deren Motive später immer wieder als Stimmungswerte und Ideenträger in seinen Bauwerken auftauchten. 17

Schinkel führte zahlreiche Zeichnungen, Lithografien und Gemälde aus, darunter eine Reihe von Panoramen (Dioramen), "perspektivisch-optische Gemälde" historischer Stätten, so etwa von Konstantinopel, Jerusalem und der Nilinsel Philae.

Schinkel entwarf und malte ein großes Panorama von Palermo und Umgebung, das er leider nicht im leer stehenden Berliner Schloss ausstellen durfte. 1809 veranstaltete Schinkel mit Gottfried Steinmeyer auf der Weihnachtsausstellung eine Schau großformatiger szenischer Gemälde, die mit dramatischen Beleuchtungseffekten und musikalischer Untermalung vorgeführt wurden. Dazu gehört auch der "Markusplatz in Venedig", ein "Schweizertal am Fuße des Mont Blanc" und drei Ansichten des Doms zu Mailand. Die königliche Familie, aus Königsberg zurück, war entzückt. Der Künstler wurde Königin Luise vorgestellt. 18

Nachdem er auf der Berliner Kunstausstellung im Jahr 1810 das Gemälde von Caspar David Friedrich "Der Mönch am Meer" gesehen hatte, wurde ihm klar, dass er diese Meisterschaft nicht erreichen würde. 19

Schinkel fertigte nun große Zeichnungen der Westfassade des Straßburger Münsters und des Mailänder Doms. Er setzte seine Reihe mit Weihnachtsausstellungen fort: 1812 mit dem Thema "Die sieben Weltwunder" mit beweglichen Figuren und besonderen Beleuchtungseffekten.1813 folgte "Der Brand von Moskau", ein großer Publikumserfolg. 1814 schloss sich "Die Schlacht von Leipzig" an, die die Vertreibung der Franzosen besiegelte. 1815 zeigte er ein großes Panorama von St. Helena.

1814 entwarf und malte er einen Zyklus aus sechs großen Landschaften, "Die Tageszeiten", für den Seidenfabrikanten Humbert (Kriegsverlust). Er malte "Die mittelalterliche Stadt am Wasser" ("Die Kathedrale"), von der Original und eine Kopie erhalten sind. 1817 malte Schinkel den "Triumphbogen für den Großen Kurfürsten und Friedrich den Großen", eine Allegorie der Geschichte Preußens. Auf den Eisernen Vorhang des neuen Schauspielhauses ließ Schinkel ein Panorama des Gendarmenmarktes mit dem Schauspielhaus zwischen den beiden Domen darstellen.

Zehn Jahre, von 1805 bis 1815, war Schinkel vorwiegend ein Landschaftsmaler. Er malte große und hoch poetische Landschaften in Öl, vor allem jenen reichen Zyklus perspektivisch-optischer Bilder, worin er fast aus allen Teilen der Welt das Schönste und Interessanteste vor den staunenden Augen seiner Landsleute entrollte: Ansichten von Konstantinopel, Nilgegenden, die Kapstadt, Palermo, Taormina mit dem Ätna, den Vesuv, die Peterskirche, die Engelsburg und das Kapitol in Rom , 20 den Mailänder Dom, das Chamonix-Tal, den Markusplatz, den Brand von Moskau, die Leipziger Schlacht, Elba, St. Helena etc. Vor allem verdienen hier die 1812 für das kleinere Gropiussche Theater gemalten "Sieben Wunder der alten Welt" eine besondere Erwähnung. Sie gaben ihm eine erwünschte Gelegenheit, neben der vollen Entfaltung seines malerischen Geschicks, sich auch als genialer Architekt aufs Glänzendste zu bewähren. 21

1815 begann Schinkel die Reihe seiner "Theaterdekorationen" für das Nationaltheater am Gendarmenmarkt. Bis 1832 entwarf er Bühnenbilder zu insgesamt 42 Stücken. 26 Szenen zu Mozarts "Zauberflöte" waren sein erster Auftrag. 1825 vollendete Schinkel den "Blick auf Griechenlands Blüte", sein malerisches Hauptwerk. Erhalten ist in Schloss Tegel eine Kopie.

5.2 Der Architekt
5.2.1 Klassizismus bei Schinkel
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Schinkel gilt aus klassizistischer Architekt. Seine klare Formensprache befindet sich in ihrer Abkehr von den konkav und konvex schwingenden überbordenden Fassaden des Barock im Einklang mit der preußischen Aufklärung. Großen Einfluss auf sein Werk und das seiner Zeitgenossen nahm der bereits 1762 erschienene erste Band des Epoche machenden Werkes "The Antiquities of Athens" der britischen Architektur-Baugeschichtler James Stuart und Nicholas Revett.   Die Gebrüder Adam, Schotten wie Stuart, hatten in den 70-er Jahren einen besonderen antikisierenden Stil geschaffen. Um 1790 musste dieser "Adam Style" dem "Romantischen Klassizismus" weichen. 23

Ebenso wie die Gotik vermochte Schinkel die Antike in seinem Werk erstehen zu lassen, wobei ihm Zweckmäßigkeit als Grundprinzip über alles ging und er zu Recht darin eine zeitgerechte Forderung fand. Aus dieser Einsicht heraus entstand sein nüchterner Zweckbau der Berliner Bauakademie. Im Sinne des Klassizismus erscheinen das Alte Museum und die Neue Wache in Berlin als seine gelungenste Architektur. Dem Theater des Humanismus verlieh er mit seinem Berliner Schauspielhaus entsprechende Würde und Erhabenheit. 24

In seinen Entwürfen für Schlösser und Villen verwandte Schinkel immer wieder Elemente wie Wein berankte Pergolen, offene Arkadenhallen oder Raum greifende Treppenanlagen, die zwischen Architektur und Landschaft, Haus und Garten, vermittelten. In diesen Zielen traf er sich mit Peter Joseph Lenné (1789 - 1866), der danach strebte, die durch Architekturen "verschönten" Punkte in der Landschaft zu einem übergreifenden Ganzen zusammen zu binden. Dem Auge des Betrachters sollten sich malerische Bilder von überwältigender Schönheit bieten, die durchaus auch mit pädagogischer Absicht zur ästhetischen Erbauung, zur "Veredlung" des Menschen, gedacht waren. 25

5.2.2 Neogotik
Erstaunlich ist, dass der bedeutende Klassizist Schinkel auf seiner Italienreise keine Begeisterung für die Antike empfand, sondern sich zuerst als Romantiker zeigte. Er begann mit Stimmungslandschaften, die er meist mit gotischen Bauwerken belebte.

In mehreren Projekten formt Schinkel die Wiederentdeckung einer monumentalen Gotik vor - als Fortsetzung von Gillys Beschäftigung mit der mittelalterlichen Baukunst und als Vorläufer für kommende Architektur-Aufgaben, die im Vollendungsbau des Kölner Doms einen Höhepunkt erreichen, als gebauter Begegnungsversuch mit dem Mittelalter. 26

Seine wirklich produktive Zeit konnte Schinkel aber erst nach den Befreiungskriegen (1813 - 15) beginnen, deren Ende er mit einem Denkmalentwurf feierte: Die Rückbesinnung auf deutsche mittelalterliche Geschichte - in Gestalt des Straßburger Münsters - sollte sich in einer nationalen, modernen Architekturform ausdrücken.

5.2.3 Karriere
Der Friedensschluss von 1815 schuf einen plötzlichen Wandel, und von nun ab trat der Baumeister in den Vordergrund. Schon 1810 war Schinkel von König Friedrich Wilhelm III. in die Ober-Bau-Deputation berufen worden. Dies geschah auf Vorschlag von Wilhelm von Humboldt, der nunmehr Direktor der Verwaltung des Kultus und öffentlichen Unterrichts im Ministerium des Inneren war, und Peter Christian Wilhelm Beuth (1781 - 1853), der zu dieser Zeit Geheimer Obersteuerrat im Ministerium der Finanzen war. Schinkel wurde ernannt zum Geheimen Oberbauassessor bei der Technischen Oberbaudeputation, der 1806 geschaffenen Behörde, der die Überprüfung sämtlicher Entwürfe und Kostenvoranschläge der Bauvorhaben des Hofes und des Staates übertragen war. Schinkel erhielt als besonderes Fachgebiet den ästhetischen Teil; er hatte alle staatlichen und kirchlichen Bauvorhaben unter ästhetischen Gesichtspunkten zu begutachten. Zugleich war er verantwortlich für die bauästhetische und denkmalpflegerische Überwachung der älteren Monumentalbauten im ganzen Königreich. 27

1811 wurde Schinkel in die Königlich Preußische Akademie der Künste zu Berlin aufgenommen. Man darf fast sagen, er wurde lediglich auf Vertrauen und Diskretion hin in diese Stellung eingeführt, denn noch war es ihm versagt geblieben, durch irgend einen ausgeführten Bau von Bedeutung die Aufmerksamkeit oder gar die Bewunderung der Fachleute auf sich zu ziehen. 28

König Friedrich Wilhelm III. führte weiterhin ein sparsames und einfaches Leben - er fügte während seiner 43-jährigen Regierungszeit der Potsdamer Residenz keinen eigenen Bau hinzu. Er gestattete aber seinen Söhnen Friedrich Wilhelm, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV., und Wilhelm, dem späteren König und Kaiser Wilhelm I., sowie Carl, in Potsdam zu bauen. An diesen Bauvorhaben sollte sich die kongeniale Zusammenarbeit zwischen dem Gartenbauarchitekten Peter Joseph Lenné und dem Architekten Schinkel zeigen und zu weitreichenden Neuerungen führen. 29

Als Schinkel 1810 in die Dienste des preußischen Staates trat, folgten bis zu seinem Tod von Stufe zu Stufe bedeutender werdende Staatsämter, in denen er ein außerordentliches Organisationstalent und die Gabe, ästhetische Ansprüche mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringen, bewies.

1815 wurde er zum Geheimen Ober-Baurat in der Ober-Baudeputation ernannt. 1819 wurde Schinkel Mitglied der Technischen Deputation, eines von Peter Christian Beuth geleiteten Ministerial-Ausschusses, aus dem 1828 die Abteilung für Gewerbe, Handel, Industrie und Bauwesen im Ministerium der Finanzen hervor ging. 1820 wurde Schinkel zum Professor der Baukunst und zum Mitglied des Senats an der Akadmie der Künste zu Berlin ernannt, hielt aber keine Vorlesungen, sondern beteiligte sich nur an Abschlussprüfungen und Preisgerichten. 1830 wurde ihm der Rang eines Geheimen Oberbaudirektors verliehen und er übernahm die Leitung der Oberbaudeputation. 1834 wurde er zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Alterthümer in Leipzig ernannt. Schließlich wurde er mit siebenundfünfzig Jahren wegen seiner lebenslangen Verdienste als Architekt von außergewöhnlicher Begabung zum Geheimen Oberlandesbaudirektor ernannt.
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Auch im Ausland erwarb sich Schinkel Anerkennung. 1819 wurde er zum Ehrenmitglied des Königlich Bayerischen Polytechnischen Vereins zu München ernannt. 1824 wurde er zum Auswärtigen Mitglied der Académie royale des beaux-arts in Paris und später zum Ehrenmitglied der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Kopenhagen gewählt. 1825 wurde er zum Ehrenmitglied der Accademia di San Luca in Rom gewählt. 1834 wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie der Schönen Künste zu St. Petersburg im Fach Bühnendekoration gewählt. Im Jahr darauf wurde er zum Ehrenmitglied und korrespondierenden Mitglied des Royal Institute of British Architects in London gewählt. 1836 wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie der Vereinigten Bildenden Künste in Wien ernannt, ebenso in St. Petersburg.

Für ein annähernd richtiges Bild vom Umfang von Schinkels Schaffen müssen wir auch all das mit einbeziehen, was in hundert Blättern auf dem Papier lebt, aber an der Ungunst der Zeiten scheiterte. So waren die Pläne, aber nur die Mappen Schinkels geben Auskunft darüber, was damals alles gedacht, entworfen und erstrebt wurde. Das Wenigste trat ins Leben. "Er diente einem sparsamen König in einer geldarmen Zeit." 30

5.3 Der Gestalter
Schinkels Tätigkeit umfasste fast alle Gebiete des künstlerischen Lebens. Gab es eine "Spontinische Oper", wer anders als Schinkel konnte die Dekoration, gab es ein fürstliches Begräbnis, war anders konnte das Monument oder Grabmal entwerfen? Das ganze Kunst-Handwerk - dieser wichtige Zweig modernen Lebens - ging unter seinem Einfluss einer Erneuerung entgegen. Die Tischler und Holzschneider schnitzten nach Schinkelschen Mustern, Fayence und Porzellan wurden schinkelsch geformt, Tücher und Teppiche wurden schinkelsch gewebt. Das Kleinste und das Größte nahm edlere Formen an: der altväterische Ofen, bis dahin ein Ungeheuer, wurde zu einem Ornament, die Eisengitter hörten auf, eine bloße Anzahl von Stangen und Stäben zu sein. Man trank aus Schinkelschen Gläsern und Pokalen, man ließ seine Bilder in Schinkelsche Rahmen fassen und die Grabkreuze der Toten waren Schinkelschen Mustern entlehnt. 31
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Was kaum bekannt ist: Friedrich Wilhelm III. stiftete 1813 zu Breslau das "Eiserne Kreuz", Schinkel übernahm die Gestaltung der Auszeichnung nach dem Entwurf des Königs. Der Stab der Siegesgöttin der Quadriga auf dem Brandenburger Tor, die aus Paris zurück geholt wurde, erhielt einen neuen Lorbeerkranz, der das Eiserne Kreuz umschließt und mit dem Flügel breitenden Adler bekrönt ist.

Selbst Lampenständer für die Straße Unter den Linden - er hatte sich für die Gasbeleuchtung der wichtigsten Straßen Berlins ab 1826 eingesetzt - und das neue Gitter auf der Langen Brücke hat Schinkel entworfen. Die Staatliche Bildhauer-Werkstatt in der Klosterstraße entwickelte Schinkel gemeinsam mit seinem Freund Christian Friedrich Tieck. (1776 - 1851 )Letzterer fertigte eine Marmorbüste von Schinkel an für das Museum am Lustgarten (heute in der Nationalgalerie). Auch die Berliner Straßenschilder stammen von Schinkel.

Mit heutigen Worten: Schinkel verwirklichte wie erst Anfang des 20. Jahrhunderts die Verbindung von Architektur und Design.

5.4 Der Stadtplaner
Neben den Schlossbauten in Potsdam wurde es vor allem Schinkels Aufgabe, eine Reihe neuer Bauten im Zentrum Berlins zu errichten, Ordnung und Harmonie in einen Teil der Stadt zu bringen, in das Herz Berlins, das sich anschickte, eine der großen Städte Europas zu werden, und einen wohl geformten, harmonisch gegliederten, Stadtraum zu schaffen, der allen berechtigten Ansprüchen des Daseins seiner Bewohner diente. Schinkel schuf nicht allein die Bauten, er hat außerdem auch Straßen, Plätze, Brücken, Kanäle und Promenaden teils selbst entworfen und ausgeführt, teils ihren Um- und Ausbau angeregt, so dass die städtebauliche Neugestaltung auch im Bewusstsein der Zeitgenossen zu seinen wesentlichen Leistungen zählte. 32 Auch ein neuer Hafen, die Errichtung eines neuen Lagerhaus-Komplexes für den Packhof (Zollhof) und die Zusammenfassung verschiedener Kliniken zu einem neuen Krankenhaus-Komplex plante Schinkel. 33

Fünfundzwanzig Jahre lang, bis 1840, war er nun als Baumeister in großem Stil tätig, und in eben diesem Zeitraum gelang es ihm, wie seine Verehrer sagen, "Berlin in eine Stadt der Schönheit umzugestalten", jedenfalls aber der Residenz im wesentlichen den Stempel aufzudrücken, den sie Jahrzehnte lang trug. 34

Schinkel war ein Baumeister Berlins. Aus der Residenz des 18. Jahrhunderts und der preußischen Hauptstadt wurde zu seinen Lebzeiten eine Weltstadt, die drittgrößte Europas. Die Einwohnerzahl, die um 1800 nahezu bei 200.000 gelegen hatte, dann in den Unglücksjahren beträchtlich gesunken war, stieg so rasch wieder an, dass 1830 schon 245.000 und 1840 sogar 350.000 Menschen gezählt wurden. Schinkel verlieh Berlin die Gestalt einer Metropole von europäischer Geltung.

Aber Schinkel hat nicht nur Bauwerke und städtische Räume geschaffen, seine theoretischen Erkenntnisse, seine Formprinzipien und sein praktisches Vorbild haben auch eine ganze Generation der nach ihm benannten Berliner Architekturschule geformt. Sein Wissen hat in anderen Teilen Deutschlands und Europas bis in unsere Gegenwart belebenden Einfluss ausgeübt. 35

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