Karl Friedrich Schinkel
Architekt, Baumeister, Maler und Bühnenbildner
Geboren am 13. März 1781 in Neuruppin
Gestorben am 9. Oktober 1841 in Berlin

Unser Geist ist nicht frei,
wenn er nicht Herr seiner Vorstellungen ist;
dagegen erscheint die Freiheit des Geistes bei jeder Selbstüberwindung,
bei jedem Widerstand gegen äußere Lockung,
bei jeder Pflichterfüllung,
bei jedem Streben nach dem Besseren und
bei jeder Wegräumung eines Hindernisses zu diesem Zweck.
Jeder freie Moment ist ein seliger. 1
Karl Friedrich Schinkel

1 Kindheit und Jugend
1.1 In Neuruppin
Karl Friedrich Schinkel wurde als zweites von fünf Kindern des Johann Cuno Christoph Schinkel (1736 - 1787) und der Dorothea Schinkel, geborene Rose (1749 - 1800), geboren. Urgroßvater und Großvater väterlicherseits waren Prediger, der Vater war Archidiaconus und Inspektor (Superintendent) der Kirchen und Schulen des Kreises. Die Mutter entstammte einer alten Neuruppiner Kaufmannsfamilie, aus der auch einige Gelehrte hervor gegangen sind. 2

Wir wissen wenig von den ersten Jahren seiner Kindheit, schrieb schon Theodor Fontane. 3 Schinkel hat keine Biografie geschrieben, und wiewohl seine "Briefe und Tagebücher" ein Material von seltener Reichhaltigkeit für das spätere Leben bieten, so schweigen sie doch über seine Kinderjahre. Zu Fontanes Zeiten lebten noch Personen, die ihn als Kind gekannt hatten.
Schinkel-Denkmal in Neuruppin

Sein Vater starb in Folge der Anstrengungen, die er während des großen Feuers, das im Jahre 1787 die ganze Stadt verzehrte, durchzumachen hatte. Auch die Superintendenten-Wohnung wurde in Asche gelegt, so dass von dem Haus, in dem Schinkel geboren wurde, nichts mehr existiert. Es stand ungefähr an der selben Stelle, wo sich (zu Fontanes Zeiten) die Superintendenten-Wohnung befand, aber etwas davor gelegen, auf dem jetzigen Kirchplatz.

Die Mutter Schinkels zog nach dem Hinscheiden ihres Mannes in das so genannte Prediger-Witwenhaus, das, damals vom Feuer verschont geblieben, sich bis heute unversehrt erhalten hat. In diesem Haus, mit dem alten Birnbaum im Hof und einem dahinter gelegenen altmodischen Garten, hat Schinkel seine Knabenzeit vom sechsten bis vierzehnten Jahr zugebracht. Der junge Schinkel erlebte den von König Friedrich Wilhelm II. mit staatlichen Mitteln geförderten Wiederaufbau der Stadt.

1794 verließ die Familie Neuruppin, die "Musterstadt der Aufklärung", um den beiden Söhnen den Besuch des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin zu ermöglichen. Auch finanzielle Not bewog die Witwe zu diesem Schritt.

Aus seiner frühesten Jugend ist nur folgender kleiner Zug aufbewahrt worden. Sein Vater zeichnete ihm öfter allerlei Dinge auf Papier, namentlich Vögel. Der kleine Schinkel saß dann dabei, war aber nie zufrieden, und meinte immer: "Ein Vogel sähe doch noch anders aus." Sein Charakter nahm früh ein bestimmtes Gepräge an; er zeigte sich bescheiden, zurückhaltend, gemütvoll, aber schnell aufbrausend und zum Zorn geneigt. Eine echte Künstlernatur. Auf der Schule war er nicht ausgezeichnet, vielleicht weil jede Art der Kunstübung ihn von früh auf fesselte und ein intimeres Verhältnis zu den Büchern nicht aufkommen ließ. Seine musikalische Begabung war groß; nachdem er eine Oper gehört hatte, spielte er sie fast von Anfang bis zu Ende auf dem Klavier nach. Theater war seine ganze Lust. Seine ältere Schwester schrieb die Stücke, er malte die Figuren und schnitt sie aus. Am Abend gab es dann Puppenspiel.

1.2 In Berlin
In seinem vierzehnten Jahr zog seine Mutter nach Berlin in das Prediger-Witwenhaus der Marienkirche, Papenstraße 10, und Schinkel kam nur noch besuchsweise nach Ruppin, besonders nach Kränzlin, mit dessen Pfarrherrn seine ältere Schwester verheiratet war. Dorthin schrieb er seine Briefe aus Italien. Dieses Dorf und sein Predigerhaus blieben ihm teuer bis in sein Mannesalter hinein.

Das Berliner Leben unterschied sich zunächst wenig von den Tagen in Neuruppin. Hier wie dort eine Wohnung im Prediger-Witwenhaus, hier wie dort Besuch des Gymnasiums. Auch auf der Berliner Schule, dem "Grauen Kloster", der ältesten höheren Schule Berlins, ging es nicht glänzend mit dem Lernen. Die Kunst hatte ihn bereits in ihrem Bann. Er zeichnete mit Eifer. Es sind Porträt-Köpfe (Rembrandt, Friedrich der Große) aus dem Jahr 1796 und mit großer Sauberkeit von dem fünfzehnjährigen Schinkel ausgeführt.

Der einzige Bruder Friedrich Wilhelm August starb im Alter von 15 Jahren 1797. Es lebten nur noch die Schwestern Sophie (1771 - 1853) und Charlotte (1785 - 1843). Die Mutter starb im März 1800.

2 Lehrjahre bei Familie Gilly

Zu dieser Zeit gab es in Europa keine Stadt, die einem ehrgeizigen Studenten der Architektur mehr zu bieten gehabt hätte als die preußische Hauptstadt Berlin. König Friedrich Wilhelm II. wie auch sein Sohn Friedrich Wilhelm III. schrieben weder eine Geschmacks- noch eine Kunstrichtung vor. Beide förderten schöpferische Begabung und beschäftigten Künstler und Wissenschaftler, um das einseitig militärisch geprägte Bild Preußens und seiner Hauptstadt zu wandeln, Berlin wieder einen intellektuellen und künstlerischen Glanz zu verleihen. 4
Bildname

Es war 1797 auf der damals statt findenden Ausstellung, dass ein großartiger, vom jungen Friedrich Gilly her rührender, fantastischer Entwurf eines Denkmals für Friedrich den Großen den tiefsten Eindruck auf Schinkel machte und ihn empfinden ließ, wohin er gehörte. Schinkel hatte Friedrich Gilly schon in Neuruppin kennen gelernt, als dieser "Kondukteur" im Stab von Bernhard Brasch war. Schinkel wurde in seinem Entschluss bestärkt, Baumeister zu werden, während die Verwandten ihm die Berufe des Kaufmanns oder des Braumeisters empfahlen.

Er verließ 1798 gegen den Rat der Verwandtschaft mit der Obersekundarreife 5 die Schule und ging auf Empfehlung des Neuruppiner Bürgermeisters D. Noeldechen 6 als Schüler zum Geheimen Oberbaurat David Gilly (1748 - 1808) und Friedrich Gilly (1772 - 1800), seinem Sohn. Schinkel wurde in Haus und Werkstatt eingeführt und begann seine Arbeiten unter der Leitung dieser beiden ausgezeichneten Architekten. Er erlernte die Grundlagen des Zeichnens, studierte und kopierte Zeichnungen aus Gillys Sammlung.

Als Schinkel 1799 sein Studium aufnahm, fand er nicht nur eine neuen Ideen gegenüber aufgeschlossene Atomsphäre vor, er konnte auch direkt am Wissen der beiden genialen Baumeister Gilly teilhaben. Er trat in die 1799 von David Gilly begründete "Allgemeine Bau-Unterrichtsanstalt für die gesamten Königlichen Staaten" ein und nahm an dem privaten Architektenzirkel Friedrich Gillys teil. Die Gillys weckten den Sinn für das Bauen in Backstein, für die Ästhetik der Gotik und vermittelten die Ideen der französischen Revolutions-Architekten Claude Nicolas Ledoux und Jean-Nicolas-Louis Durand.

Eine enthusiastische Verehrung für den Genius des früh, am 3. August 1800, hin geschiedenen Friedrich Gilly, diesen liebenswürdigen und geistreichen Künstler, blieb Schinkel bis an sein Lebensende. Friedrich Gilly hinterließ zweierlei: den ausgesprochenen Wunsch, seine Arbeiten durch Schinkel vollendet zu sehen, dann aber die Sehnsucht nach Italien. Im Durchblättern der Gillyschen Mappen hatte der jugendliche Schüler desselben vom ersten Augenblick an erkannt, wo das Richtige, das Nacheifernswerte, zu finden sei. Arbeiten, übernommene und eigene, hielten ihn noch fast drei Jahre fest. 7

Der Pomona-Tempel ist noch während Schinkels Ausbildung entstanden, aber schon ein Jahr später, 1801, machte er sich als Architekt selbständig. In der Nachfolge Friedrich Gillys schickte sich Schinkel an, Karriere zu machen.

3 Reisejahre
Im Frühjahr 1803 kam die lang ersehnte Fahrt ins "schöne Land Italia". Schinkel machte die Reise an der Seite seines Freundes und Studiengenossen, des Architekten Johann Gottfried Steinmeyer (um 1780 - nach 1851), und nach längeren und kürzeren Aufenthalten an den alten deutschen Kunststätten Dresden, Augsburg, Nürnberg und Wien betrat er mit Venedig Italien Anfang August, um es bis nach Sizilien zu durchwandern. Anfang Oktober traf er in Rom ein, wo er Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835) besuchte. Den Sommer 1804 verbrachte er auf einer Reise nach Neapel und Sizilien. Im Herbst reiste er von Rom über Genua für einen sechswöchigen Aufenthalt nach Paris, das jedoch in den betreffenden Briefen nur flüchtig erwähnt wurde. Von dort kehrte er über Straßburg, Frankfurt am Main und Weimar Ende Februar 1805 zurück. 8
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Seine Briefe und Reisetagebücher geben Auskunft darüber, mit welch empfänglichem Sinn, zugleich auch mit welcher Gereiftheit des Urteils, er die Kunstschätze Italiens studierte und Land und Leute beobachtete. Vor allem sprach das Land zu ihm von seiner malerischen Seite, das Architektonische trat zurück. Hätte Schinkel statt der Bekanntschaft der Gillys die eines Malers von gleichem Talent gemacht, wäre er sehr wahrscheinlich ein hervor ragender Maler geworden. Musik, Skulptur, Malerei, Baukunst - für alle hatte er eine hervor ragende Begabung und für die Malerei in so hervor ragender Weise, dass mit Recht von ihm gesagt worden ist, "er habe architektonisch gemalt und malerisch gebaut".

Schinkels großen Ansichten von Messina, Palermo, der Ebene von Partinico etc., die alle dem Jahre 1804 angehören, wurden später von Goethe "groß und bewundernswürdig" genannt. Schinkel pflegte die Hauptlinien solcher landschaftlichen Aufnahmen am Tage sehr flüchtig, aber in der Perspektive höchst sorgfältig, auf das Papier zu werfen und diese Umrisse dann am Abend mit der staunenswerten Treue und von einem nie irrenden Gedächtnis unterstützt im Einzelnen auszuführen.

Zu baukünstlerischen Betrachtungen über die hehren Überreste hellenischen Altertums gelangte er nirgends, und die Renaissance-Bauten Ober- und Mittel-Italiens ließen ihn ebenfalls kalt. Am meisten Eindruck machte die sarazenische Baukunst auf ihn, und ihre fantastischen Reize umstrickten ihn überall von Venedig bis Sizilien - es sprach sich hierin seine Neigung zum Malerischen aus. 9

Später schrieb Schinkel jedoch: "Auf einer Reise durch das feste Land Italiens und seine Inseln fand ich Gelegenheit, eine Menge interessanter Werke der Architektur zu sammeln, die bis jetzt weder betrachtet noch sehr benutzt werden... Ich setze mir dabei vor, Gegenstände von ausgezeichneter Art zu wählen, die den wahren Charakter ihres Landes und ihrer Bestimmung tragen, ich nehme mir diesem Zwecke zu Folge die Freiheit, einzelne Theile, welche an einem wirklich vorgefundenen Gegenstande gemein und ohne Charakter stehen, gegen andere an dem selben Ort gefundene bessere zu vertauschen, um dadurch an den einen Gegenstand das Interesse zu vermehren."

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