6 Schlösser am Niederrhein
6.1 Schloss Augustusburg bei Brühl
Clemens August von Wittelsbach (1700 - 1761)47 wurde mit 15 Jahren Bischof von Regensburg. Im Laufe seines Lebens bekam er fünffach die Bischofswürde: von München, Paderborn, Hildesheim, Osnabrück und schließlich Köln.

Für Clemens August, Erzbischof und Kurfürst, gehörten Repräsentieren, eine glänzende Hofhaltung und intensive Kunstpflege zu den zentralen Staatsaufgaben. Mit dem Rokokoschloss Augustusburg in Brühl und seinen prächtigen Parkanlagen schuf er sich seine Lieblingsresidenz, den Zweitsitz neben Bonn. Insgesamt brachte es der Fürstbischof auf zwölf Schlösser! Sein Bruder, Kurfürst Karl VII. Albrecht von Bayern, entsandte ihm seinen Hofarchitekt François de Cuvilliés und den Gartenkünstler Dominique Girard.
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Zunächst sollte vom westfälischen Architekten Johann Conrad Schlaun auf den Fundamenten der zerstörten Burg ein neues, eher einfaches, Landschloss erbaut werden, ein "simple maison de campagne". 1725 begannen die Arbeiten, nach drei Jahren stand der Rohbau, doch 40 Jahre brauchten die Handwerker für die Innenausstattung. Drei Kurfürsten genossen diesen Prachtbau - dann kam 1794 die französische Revolutionsarmee.

Nach dem Wiener Kongress fiel das Kurfürstentum von 1815 - 1918 an Preußen und das Schloss an die hohenzollernsche Königsfamilie. Seither ist es Museum, diente aber bis 1996 dem Bundespräsidenten für Gala-Diners.

Schloss Augustusburg gilt als eines der ersten Beispiele des Rokokostils in Deutschland. Durch die Zusammenführung von Architektur, Plastik, Malerei und Gartenkunst entstand ein Gesamtkunstwerk des deutschen Rokoko von höchstem Rang. 1984 bzw. 1985 wurden die Schlösser Augustusburg und Falkenlust mit ihren Gärten als hervorragendes Beispiel für die Schlossbaukunst des 18. Jh. in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. 48

Das Treppenhaus war der wichtigste Ort für das Empfangs- und Regierungs-Zeremoniell. Der gesamte Hofstaat musste nach einem streng festgelegten Protokoll antreten. Nur wenn der Papst oder der Kaiser erschien, begab sich der Kurfürst selbst die Treppe hinab. Der Blick der Besucher wurde zu einer Gold glänzenden Büste des Erbauers gelenkt, umrahmt von aufwendiger Triumph-Architektur. Konzipiert vom berühmten Architekten Balthasar Neumann genießt das Prunktreppenhaus Weltruhm. Der Treppensaal hat eine völlig ebene Decke, die aber mit der perspektivischen Freskomalerei optisch in eine Kuppel verwandelt wird. Die riesige Fläche wurde in nur 20 Tagen ausgemalt. So entstand ein Bravourstück, eine hinreißende Schöpfung voller Dynamik und Eleganz.49

Der Weg des Besuchers führt durch den Gartensaal, Speise- und Musiksaal und zwei Vorzimmer in den Audienzsaal. Eine zweite Raumfolge im Südflügel des Erdgeschosses ist intimer gestaltet. Für warme Sommertage können alle Fenstertüren geöffnet werden, blau gemusterte Kacheln sorgen optisch für Kühle. Ein Bombentreffer hatte im Nordflügel einige Räume zerstört, man erkennt sie am fehlenden Stuck an der Decke. Besondere  Kostbarkeit ist eine mit Gold verzierte Kalbsledertapete aus Mechelen in Belgien. Insgesamt verfügt das Schloss über fünf Zimmerfluchten, also Appartements. Wir haben in einer Stunde nur ein Drittel der Prunkräume gesehen. Fotografieren war verboten, sich anlehnen oder trinken auch, Atmen aber erlaubt.

Der fast 40 Hektar große Schlosspark fordert mit vielfarbigen Blumenanlagen und dem ausgedehnten Wald zu geruhsamen Spaziergängen auf. Das Gartenparterre basiert auf Erfahrungen in Versailles, Nymphenburg und Schleißheim sowie dem Oberen Belvedere in Wien. Ideen und Erkenntnisse nach den strengen Maßstäben der französischen Gartenkunst finden hier zusammen. Die wie Stickerei (franz. broderie) wirkenden filigranen Buchs-Ornamente der Zierbeete sind mit rhythmisch bepflanzten Blumenrabatten eingefasst.50  Von breiten Alleen fällt der Blick immer wieder auf das imposante Schloss, gestern wie heute ein Treffpunkt von Persönlichkeiten aus aller Welt. Die Schlossstadt Brühl kann jährlich rund 4 Mio. Besucher begrüßen, auch weil die Städte Köln und Bonn und die ausgedehnten Erholungsgebiete Eifel und Siebengebirge vor der Tür liegen.51

7 Museen
7.1 Wallraf-Richartz-Museum Köln
Dieses Museum begann mit der Sammlung durch den Gelehrten Ferdinand Franz Wallraff (1748 - 1824), der zu seiner Zeit vor allem Kunstwerke aus säkularisierten Kirchen und Klöstern erwarb. Die Sammlung wurde nach verschiedenen Provisorien im Museum des Kölner Kaufmanns Johann Heinrich Richartz (1795 - 1861) aufgenommen, der den Bau stark gefördert hatte. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wurde 1957 ein Neubau eröffnet. Dort wurde die Sammlung Josef Haubrich mit aufgenommen. 1968 kam die Sammlung Ludwig hinzu. Seit 1976 bildet letztere ein eigenes Museum. Von 1986 bis 2000 waren beide jüngeren Sammlungen im Neubau nah dem Dom untergebracht. Als eine weitere umfangreiche Picasso-Stiftung vom Ehepaar Ludwig übernommen wurde, musste wieder ein Neubau her. Schließlich kamen zahlreiche impressionistische Gemälde vom Schweizer Sammler Gérard Corboud hinzu. So bestehen heute zwei Museen: das Museum Ludwig am Dom und das Wallraff-Richartz-Museum am Gürzenich.

Das Wallraff-Richartz-Museum - Fondation Corboud ist eine der großen klassischen Gemäldegalerien Deutschlands. Schwerpunkte sind die Mittelalter-Abteilung mit der Kölner Tafelmalerei von 1300 bis 1550 (auf die ich mich konzentrierte), die Barockabteilung mit Werken u.a. von Rubens und Rembrandt, die Abteilung 19. Jh. und die Sammlung Corboud. 52 - Alle Mitreisenden, die am späten Nachmittag mit in das weitläufige Museum gekommen waren, bedauerten den frühen Schluss um 18 Uhr, einige nutzten an späteren Tagen Freizeiten für einen zweiten Besuch, hier oder im Museum Ludwig.

7.2 Schokoladenmuseum Imhoff-Stollwerck in Köln
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Dieses besondere Museum liegt wie ein Passagierdampfer im ehemaligen Hafenzollamt auf einer ehemaligen Insel. Täglich kommen rund 4.000 Besucher hierher. Seit seiner Eröffnung im Oktober 1993 gilt das weltweit einzigartige Schokoladenmuseum als echte Institution in Sachen Schokolade. Fast 5 Mio. Besucher haben sich am Rheinufer schon auf die 3.000-jährige Reise durch die Welt der Schokolade begeben - von den Anfängen der „Xocolatl in Südamerika bis hin zum heutigen Genussmittel für Jedermann.53  Das "Museum" produziert immer noch Schokolade, seit dem 31. März 2005 als letzte Schokoladenfabrik in Köln.

Der Rundgang beginnt beim Kakao. Durch eine Schleuse gelangten wir in einen tropisch heißen und schwülen 100 m² großen Glasraum mit einigen Kakaobäumen (unten links). Bis zu vier Ernten im Jahr sind möglich. Durch die Produktionsräume mit arbeitenden und still gelegten Maschinen kamen wir bis zum "gläsernen Bug des Museumsschiffes" an den "Schokoladenbrunnen" (unten rechts), wo jeder eine kleine Waffel, in frische Schokolade getaucht, zum Probieren bekam. Im Obergeschoss wird die Geschichte gezeigt - beginnend mit den Olmeken aus Mittelamerika, welche die flüssige Schokolade erfunden haben sollen, die wir heute noch mit Milch und manchmal Zucker trinken. Die Kölner kennen sogar eine Kreation mit einem Schuss Rotwein im heißen Kakao. Noch im 19. Jh. war Schokolade so kostbar, dass nur 5 % sie kaufen konnten. Die Arbeiter haben ihre Geschenke vom Werk weiter verkauft. Wussten Sie, dass Schokoladen-Automaten die ersten Verkaufs-Automaten überhaupt waren? In der Hohen Straße in Köln gab es Anfang des 20. Jh. ein Geschäft mit 100 Automaten.
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7.3 Haus der Geschichte in Bonn
Dieses junge Museum in der scheidenden Hauptstadt lohnt mehr als einen Besuch. Mit jährlich einer halben Million gehört es zu den zehn meistbesuchten deutschen Museen. Eine Vielzahl von Erinnerungsstücken der jüngeren deutschen Geschichte wurde mitunter geradezu liebevoll arrangiert. Manch ein Besucher gerät ins Schwärmen beim Betrachten all der Alltagsgegenstände, der er einst selbst besessen und benutzt hat. Aber auch an dunkle Seiten der deutschen Geschichte wird gemahnt - mit Weltkriegstrümmern eingeleitet und einem Teil des Gestühls des leider abgebrochenen ersten Plenarsaals.

Geplant in den 80er Jahren wurde das Konzept nach 1989 deutlich überarbeit. So nehmen gesamtdeutsche und DDR-Themen etwa 40 % der Dauerausstellung ein. Das Museum beschränkt sich also nicht nur auf die Zeit von 1945 bis zur Wiedervereinigung. Auch die künftige Zeitgeschichte soll in Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit einbezogen werden. So grenzt sich das Bonner Museum vom Deutschen Historischen Museum in Berlin ab, das die gesamte deutsche Geschichte seit dem Frühmittelalter darstellt. Die "Politikgeschichte" bildet den "roten Faden"; die Bundestagswahlen bilden Knotenpunkte auf dem Gang durch die Geschichte. Zur Eröffnung sprach 1994 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl: "Wir müssen die Generation unserer Kinder und Enkel mit den Wurzeln unserer freiheitlichen Demokratie vertraut machen. Zugleich muss die Erinnerung an Unrecht und Terror in der SED-Diktatur wach gehalten werden. Das Vergessen zu verhindern, ist ein wichtiger Beitrag dieses Museums, um das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit für die Lehren der Geschichte, für den Wert eines Lebens in Frieden und Freiheit zu schaffen." 54

Im Zeitraum unseres Besuches war eine Sonderschau zur gemeinsamen Geschichte mit Österreich unter dem Titel "Verfreundete Nachbarn" zu sehen. Dazu eine Einzelheit: Warum heißen wir Deutsche bei den Österreichern "Piefkes"? Der Königgrätzer Marsch stammt von Gottfried Piefke. Und zwei Zitate: "Dem unzuverlässigen, lebensfrohen Österreicher steht der besserwisserische deutsche Piefke gegenüber." Und aus jüngerer Vergangenheit ein
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7.4 Ehemaliges Regierungsviertel in Bonn
Der erste Deutsche Bundestag zog in eine im Bauhausstil errichtete ehemalige Akademie. Der Parlamentarische Rat nutzte 1948 die Sommerferien, wurde aber nicht innerhalb von sechs Wochen fertig. Das Bundestagsgebäude war die erste von 70 Bundesliegenschaften. Auch Frankfurt am Main wollte provisorische Hauptstadt bis zur deutschen Einheit werden und hatte vorsorglich ein Parlamentsgebäude hochgezogen, das heute vom Rundfunkorchester genutzt wird. Das Akademiehaus in Bonn hatte jedoch eine schlechte Bausubstanz, so dass neu gebaut werden sollte, wie uns Frau Renate Hieronymus kenntnisreich erklärte. (Im Bild: Was hat der alte Kanzler Adenauer im Hinterkopf?)

Idyllisch fanden wir das "Wasserwerk" (unten rechts), das lange Jahre als Lager für Polizei-Utensilien diente, bis es 1986 als Übergangsquartier für den Bundestag umgebaut wurde. Der alte, erste, Plenarsaal wurde leider - im Traditionen abholden Deutschland - abgebrochen. Lediglich ein Teil des Gestühls ist noch im "Haus der Geschichte" aufgestellt.

Uns fielen die Schriftzüge über den drei Türen zum Plenarsaal auf: "Nein", "Ja" und "Enthaltung". Die Türen dienten dem Zählverfahren im "Hammelsprung", das es schon im Reichstag gegeben hatte. Für die namentliche Abstimmung besaß jeder Abgeordnete eine Stimmkarte, die in einer Art Briefkastenblock nach Fraktionen geordnet verwahrt wurde.

1989 beriet das Parlament über das Recht der Vereinsbesteuerung, als die Nachricht über die Öffnung der DDR-Grenze herein kam. Die Abgeordneten erhoben sich von ihren Sitzen und stimmten das Deutschlandlied an. Doch 1991 kam das Aus für die Bundeshauptstadt, der Bundestag entschied sich mit einer knappen Mehrheit von 18 Stimmen für Berlin. Der Umzug dauerte drei Jahre bis 1999.

Der neue, nach dem alten Akademiegebäude und dem Wasserwerk dritte, Plenarsaal (unten rechts) steht auf dem Grundstück einer früheren Turnhalle. Architekt Günter Behnisch wollte, dass die Parlamentarier ohne Anstrengung und ohne Enge ihre Plätze erreichen können. Er griff Stilelemente der 50er Jahre auf in der Dekoration, die z.B. an bunte Eisstiele erinnern sollen.
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Auch wenn die Abgeordneten das Wasserwerk liebten - sie zogen um. Doch schon die Eröffnungsrede von Norbert Blüm (CDU) war akustisch kaum zu verstehen. Die Parlamentarier zogen wieder zurück - Beschallungstechnik und Schalldämmung mussten nachgebessert werden. Es wurden Teppichböden eingelegt und die Adlerwand hinterfüttert. Bundeswehrsoldaten mussten "Probe hören", bevor die Abgeordneten wieder kamen. Viele Plenarsäle haben heute Abstimmknöpfe. Der Bundestag will keine, weil auch der Nachbar drücken könnte. Wie andere Parlamente auch wollte der Bundestag eine runde Sitzordnung statt der überlieferten "Konfrontation" mit der Regierung. Es blieb jedoch bei der Anordnung von "links" und "rechts", vom Sitzungsleiter aus gesehen, sie sich schon in der Französischen Revolution zwischen Volk und Adel gebildet hatte. Außer dem Fraktionsvorstand haben aber alle Abgeordneten freie Platzwahl.

In der Mitte unter dem Teppichkreis ist die Technik verborgen, die mit einem Kran hochgefahren werden kann. Dies war ursprünglich der Platz für den Stenografentisch. Auch heute noch schreiben 4 - 5 Spezialisten mit akademischer Ausbildung alles auf, was sie hören, also nach der Stimme der Redner auch Zwischenrufe, Beifall oder Missfallenslaute. Jeder schreibt nur 10 - 15 Minuten. Damit werden Protokolle schnell verfügbar.

Nachdem auch für die Abgeordneten der "neuen Bundesländer" Platz gebraucht wurde, wurden hinten die Pulte weg genommen. Die Abgeordneten hatten im "gläsernen Plenarsaal" 1270 m² statt im Wasserwerk 460 m² Fläche - mit direktem Zugang zum Rheinufer. Das Bundestagsrestaurant hat über 1.000 Plätze und ist in heiteren lebhaften Farben gehalten. Die Zuschauertribünen werden über den linken Teil des Eingangsbereiches erreicht, ohne den Tagungsbetrieb zu stören.

Das Parlament zog 1992 hier ein - und nach nur sieben Jahren wieder aus. In einem Zeremoniell wurde wieder die alte schwarz-rot-goldene Flagge vom Hambacher Fest hinausgetragen, um in die neue alte Hauptstadt Berlin in das Reichstagsgebäude zu gehen.

Kein einziges früheres Ministeriumsgebäude steht leer. Sechs Ministerien behielten ihren ersten Dienstsitz in Bonn, während der Zweitsitz in Berlin bis zu einem Viertel des Personalbestandes haben darf. Die übrigen Ministerien haben in Bonn ihren zweiten Dienstsitz behalten. Als Kompensation erhielt Bonn 22 Bundesbehörden aus Berlin und Frankfurt am Main. 7.000 Bundesbeschäftigte konnten über eine "Job-Börse" zwischen den Behörden wechseln, um einen Umzug nach Berlin zu vermeiden. Von den auf 10 Mrd. Euro begrenzten und um 1/10 unterschrittenen Umzugskosten kamen 1,43 Mrd. nach Bonn, das sich mit dem Titel "Bundesstadt" (wenn auch nicht Bundeshauptstadt) schmücken darf. Nach dem Bundesrechnungshof kostet die Zweiteilung nur 10 Mio. Euro im Jahr, während ein Komplett-Umzug weitere 5 Mrd. (bis zu 20 Mrd.) Euro kosten würde. Bonn wurde Verwaltungssitz für neun weitere Einrichtungen wie Deutsche Telekom AG mit über 10.000 Arbeitsplätzen und Deutsche Post AG mit gut 2.000 Arbeitnehmern.

Weit hinauf, 162,50 Meter, ragt der "Post-Tower" mit seinen 40 Stockwerken. Geplant hat ihn Helmut Jahn, einer der Top-10-Architekten der Welt, der von Flughafen- und Messebauwerken bekannt ist. Der Tower hat nicht nur eine doppelte Außenhaut aus Glas, auch die Innenwände und Böden sind zum Teil aus Glas. Wir fanden ihn nicht schön, auch wenn uns die Stadtführerin die farbige Ausleuchtung am Abend als Schönheit nahe zu bringen versuchte. Tagsüber wirkt der Bau nur schmucklos wie ein viel zu großes Wasserglas. Dr. Budesheim meinte, die Post AG habe die Stadt Bonn erpresst, weil sie ihren Hauptsitz woanders errichtet hätte, wenn sich die Stadt ihren Bauplänen nicht gefügt hätte. Das Gebäude wirke auf ihn als ein Störenfried wie schon zuvor der "Lange Eugen".

Das Abgeordneten-Hochhaus "Langer Eugen", benannt nach dem damaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier (CDU, im Amt 1954 - 1969), wird Teil des neuen UN-Campus. Bonn hat gute Aussichten, neben New York, Genf, Wien und Nairobi wichtiger UN-Standort zu werden. Bereits 12 Organisationen der UN sind hier. 30 Nationen, die sich den Umzug nicht leisten können, haben hier noch ihre Botschaften. 150 "Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO)" haben hier ihren Sitz. Das "Internationale Kongresszentrum Bundeshaus Bonn (IKBB)", eine GmbH, plant sogar den Bau eines neuen Plenarsaals und ein 5*-Hotel.

Der Plenarsaal kann für 11.100 Euro, der "Ersatzplenarsaal" im Wasserwerk für nur 4.400 Euro am Tag als Kongresszentrum gemietet werden. Das "Erich-Ollenhauer-Haus", früher das SPD-Hauptquartier, hat die Deutsche Telekom okkupiert. Das "Konrad-Adenauer-Haus", die langjährige Schaltzentrale der CDU, verschwand unter den Schlägen der Abrissbirne.

Der "Schürmann-Bau", einst fast in den Fluten des Rheins ertrunken, wird jetzt von der "Deutschen Welle", einer weltweit ausstrahlenden Rundfunkanstalt, nachgenutzt. Der Sender, der sich wie die britische BBC und die "Voice of America" als Regierungseinrichtung sieht, konnte damit aus einem mit Asbest verseuchten Gebäude in Köln umziehen. Mit einem verbreiteten Irrtum räumt Stadtführerin Frau Hieronymus auf: Es kam zum Wasserschaden allein dadurch, dass ein 40 Meter langes Stück der Schutzwand abgezogen worden war und dort das Hochwasser eingedrungen ist; auch kam nur ein Gebäude in Schieflage. Der damalige Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) hat die Renovierung und Sanierung der Bundesbauten weiter durchgesetzt.

Die Landesvertretungen fehlen Bonn sehr, denn sie zogen mit ihren Einladungen viele Besucher an. Die Villen und 30-Zimmer-Häuser, die einst von reichen Kölnern gebaut wurden, wurden vielfach an Privatleute aber auch an  Dienstleistungsunternehmen veräußert. 55

7.5 Beethoven-Haus in Bonn
Beethoven ist eine Bonner Institution: Sein Geburtshaus ist längst ein Wahrzeichen, sein Denkmal dominiert den Münsterplatz, eine Konzerthalle und ein Orchester schmücken sich mit seinem Namen. Schon als zwölfjähriger komponierte er Sonaten, die bis heute Grundlage jeder musikalischen Bildung sind: Ludwig van Beethoven ist der größte Sohn der Stadt, die sich dem Titan der Tonkunst bis heute intensiv verbunden fühlt. 56

Das Geburtshaus ist eine Pilgerstätte für Musikfreunde aus aller Welt. Beethovens Großvater war im Dienst des Kurfürsten als Bassist und wurde zum Hofkapellmeister ernannt. Der Vater Johann war "Hoftenorist" und nahm mit seiner Gattin Maria Magdalena 1767 hier in der Bonngasse 20 im Hinterhaus seinen Wohnsitz. Im Erdgeschoss befanden sich eine Küche und ein unterkellerter Wirtschaftsraum. Im ersten Stock bewohnte die Familie zwei kleinere und eine etwas größere Stube. In einer der winzigen Kammern im Dachgeschoss erblickte am 16. oder 17. Dezember 1770 ihr Sohn Ludwig das Licht der Welt. Im Nachbarhaus Bonngasse 18 wohnten Frau Anna Gertrudis Baum und schräg gegenüber der Großvater, auch namens Ludwig van Beethoven, die bei der Taufe des Kindes am 17.12.1770 als Paten fungierten. 57
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Schon wenige Jahre später verließ die Familie die beengten Verhältnisse und zog in die Rheingasse. Der junge Ludwig trat als Klavier spielendes Wunderkind bereits 1778 in Köln auf. Mit 13 Jahren wurde er bereits zweiter Hoforganist. 1792 verließ er Bonn und ging nach Wien. Er kehrte nie wieder nach Bonn zurück. (Bild links: Denkmal auf dem Münsterplatz) Erst ein Jahrhundert nach dem endgültigen Abschied Beethovens taten sich 1889 zwölf Bonner Bürger zusammen, um das zwar erhaltene, aber abbruchgefährdete Geburtshaus Beethovens zu erwerben, bzw. "sich zu einem deshalbigen Vereine zu konstituieren".

Bis heute ist dieser Verein Träger des Beethoven-Hauses und verfügt über die größte Beethoven-Sammlung der Welt. Das Museum präsentiert mit einer Auswahl von mehr als 150 Exponaten Leben und Werk des Komponisten. Neben seinen Instrumenten und musikalischen Werken berichten Ausstellungsstücke vom Alltag Beethovens: von der Einkaufsabrechnung bis hin zu den Hörrohren, mit denen der Ertaubte verzweifelt versuchte, wenigstens einen Teil seiner akustischen Wahrnehmungsfähigkeit zurück zu erhalten.

Zu den ganz besonderen Schätzen gehören der Spieltisch der Orgel der alten Minoritenkirche, an dem Beethoven als Knabe gespielt hat, sowie Beethovens letzter Hammerflügel aus Wien. Außerdem ist hier ein Großteil der authentischen Beethoven-Portraits zu finden. Dem Beethovenhaus angeschlossen ist das Beethoven-Archiv mit dem Kammermusiksaal, der von erlesener Ausstattung und hervorragender Akustik ist und als einer der schönsten Konzertsäle überhaupt gilt.

8 Dank
Herrn Dr. Budesheim ist wie in den Jahren zuvor in minutiöser Kleinarbeit gelungen, diese Reise exakt durchzuplanen und durchzuführen. Dafür hat die Reisegruppe ihm in einer kleinen Feierviertelstunde im Hotel vor der Rückfahrt gedankt und ihn mit einer Sammlung von Mitbringseln aus den besuchten Städten ausgestattet: Aachener Printe in Form Karls d. Gr., Schokolade, Wein und Bier (natürlich Kölsch, mit passenden Gläsern). Alles, was Dr. Budesheim angekündigt hatte, wurde verwirklicht, alle Kirchen, Schlösser und Museen waren für uns geöffnet. Die engagierten Touristenführerinnen und -führer (meist zwei für die Teilgruppen) erwiesen sich von einer Ausnahme abgesehen als kenntnisreich. Seinen Beitrag geleistet hat auch in bewährter Weise der Busfahrer Siegfried Weise geborener Burmeister, den weder volle Autobahnen mit Stop and Go, enge Innenstädte, verschlungene Tunnel (mit Baustelle!) unter Köln, Regengüsse oder glühende Hitze aufhielten. Wohin die Reise im nächsten Jahr gehen wird, blieb offen; sicher ist dagegen, dass die meisten Reisefreunde wieder dabei sein werden.

Manfred Maronde, Neuruppin

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Bildquellenangaben
Wappen:
Köln, Bonn: Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Bonn
Kleve, Kalkar, Xanten, Aachen: Internet: www.ngw.nl
Grundrisse:
Kirche St. Gereon in Köln: Broschüre Romanische Kirchen in Köln, Text Dr. Werner Schäfke
Dom St. Petri in Köln:
Dom in Aachen: Broschüre "Der Dom zu Aachen" von Leo Hugot †, Verlag einhard Aachen 1988
Alle Farbfotos stammen vom Autor.

Endnoten

1 Buch: Neues Großes Volkslexikon, Fackelverlag G. Bowitz GmbH Stuttgart 1979, Band 8, Seite 165
2 Buch: Deutschland - Porträt einer Nation (DPeN), Bertelsmann Lexikothek Verlag, Gütersloh, 1986, Band 7, Seite 12 f., Beitrag von Ewald Glässer
3 DPeN Seite 127
4 DPeN, Seite 154, Beitrag von Johannes Glässer
5 Taschenbuch: "Römisch-Germanisches Museum Köln, Georg Westermann Verlag Braunschweig 1983, 10. Auflage 2004
6 Internet: www.museenkoeln.de/roemisch-germanisches-museum
7 Internet: www.rheinisches-landesmuseum.de
8 Broschüre: "Führer durch den Archäologischen Park Xanten", von Anita Rieche, Landschaftsverband Rheinland 1994, 6. Auflage 2003
9 DPeN, Seite 154 ff.
10 DPeN, Seite 35 ff.
11 CD-ROM: Brockhaus-Enzyklopädie 2002
12 Broschüre Romanische Kirchen in Köln (RKiK), heraus gegeben von der Stadt Köln, Text Dr. Werner Schäfke
13 DPeN, Seite 41
14 Zeitschrift: MERIAN extra: Bonn, 07.10.2004
15 Internet: www.kleve.de
16 Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Kleve
17 Faltblatt und Internet: www.gildenkamer.de
18 Internet: www.kalkar.de
19 Internet: www.xanten.de
20 Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Xanten
21 Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Aachen
22 Internet: www.aachen.de
23 RKiK Seite 40 f.
24 Internet: www.stadt-koeln.de/freizeit/sehenswuerdigkeiten/kirchen/artikel/00738 (nicht mehr erreichbar, siehe jetzt www.koeln.de/tourismus/sehenswertes), und www.romanische-kirchen.de
25 Internet: www.stadt-koeln.de/freizeit/sehenswuerdigkeiten/kirchen/artikel/00746
26 RKiK Seite 32ff.
27 Internet: www.stadt-koeln.de/freizeit/sehenswuerdigkeiten/kirchen/artikel/00744
28 RKiK, Seite 22 ff.
29 RKiK, Seite 52 ff.
30 Internet: www.romanische-kirchen.de
31 Internet: www.stadt-koeln.de/freizeit/sehenswuerdigkeiten/kirchen/artikel/00750
32 RKiK, Seite 28 ff.
33 Internet: www.stadt-koeln.de/freizeit/sehenswuerdigkeiten/kirchen/artikel/00745
34 Internet: www.romanische-kirchen.de
35 Buch: "Welterbe unter Schutz der UNESCO - Deutschland, Österreich, Schweiz" (WuSdU), von Thomas Starke, Schmid Verlag Regensburg, September 2001, Seiten 72 - 75
36 Internet: www.bonner-muenster.de
37 Internet: www.bonn-region.de
38 Faltblatt: St. Nicolai vom Pfarramt Heilig Geist Kalkar, Internet: www.stnicolai.de von Christian Marzian
39 Broschüre: Die St.-Nicolaikirche zu Kalkar, von Guido de Werd, DKV-Kunstführer Nr. 602/2, Deutscher Kunstverlag GmbH München Berlin
40 Internet: www.xanten-dom.de, Zitat von Richard Klapheck von 1930
41 Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Xanten
42 Broschüre: "Der Sankt-Viktor-Dom in Xanten - ein Führer (nicht nur) für Kinder und Jugendliche", Propsteigemeinde St. Viktor, Xanten, 2. Auflage 1994
43 Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Aachener_Dom
44 Internet: www.unesco-welterbe.de/de/staedte/bild_text/aachen.html (nicht mehr erreichbar, siehe jetzt www.unesco-welterbe.de/unesco-welterbestaetten/dom-zu-aachen)
45 Buch: "Schatzkammer Deutschland", Verlag Das Beste, 5. Auflage 1973/74, Seite 42 ff.
46 Buch: "Welterbe unter Schutz der UNESCO - Deutschland, Österreich, Schweiz" (WuSdU), von Thomas Starke, Schmid Verlag Regensburg, September 2001, Seiten 8 - 11
47 Internet: www.unesco-welterbe.de/de/staedte/bild_text/bruehl.html (nicht mehr erreichbar, siehe jetzt www.unesco-welterbe.de/unesco-welterbestaetten/schloesser-augustusburg-und-falkenlust-in-bruehl)
48 WuSdU, Seite 24 f.
49 Internet: www.schlossbruehl.de/deu/augustusburg (jetzt www.schlossbruehl.de/Schloss_Augustusburg)
50 Internet: www.schlossbruehl.de/deu/schlosspark (jetzt www.schlossbruehl.de/Schlosspark_Bruehl)
51 Internet: home.bawue.de/~wmwerner/welterbe/bruehl.html, dort 1985
52 Internet: www.museenkoeln.de/wallraf-richartz-museum (siehe www.wallraf.museum oder www.koeln.de/tourismus/museen/wallrafrichartzmuseum__fondation_corboud_17842.html)
53 Internet: www.schokoladenmuseum.de
54 Internet: www.hdg.de
55 Zeitschrift: MERIAN extra: Bonn, 07.10.2004
56 Internet: www.bonn-region.de
57 Internet: www.beethoven-haus-bonn.de

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