4.3 Renaissance
4.3.1 Stadtresidenz Landshut
Der kunstsinnige Herzog Ludwig X., dem es wohl auf seiner Burg Trausnitz als Junggeselle zu einsam war, ließ diese „Deutscher Bau" genannte neue Residenz 1536 - 43 erbauen und hierfür gegenüber dem Rathaus fünf Häuser abreißen. Auf seiner Reise ins italienische Mantua verliebte er sich in die neue Architektur der Renaissance und suchte sich deutsche Baumeister sowie italienische Stuckateure und Maler. Der „Deutsche Bau" bekam einen italienischen Arkadenhof mit toskanischen Säulen, an den sich der „Italienische Bau" durch zwei Flügelbauten mit venezianischen Kaminen in Minarettform anschließt. In den Raumfluchten spiegelt sich die Begeisterung für die griechische und römische Antike wider. Heute zählt dieser „Italienische Bau" zu den ersten Bauwerken der Renaissance nördlich der Alpen überhaupt. 55 Der verputzte Backsteinbau stellt den einzigen rein nach italienischem Vorbild gestalteten Renaissance-Palazzo Deutschlands dar. 56

Wozu baute der Herzog diesen Palast? Das Motto war „Eintracht statt Zwietracht", denn „Eintracht lässt das Kleine wachsen, Zwietracht zerstört das Große." Fürsten hier zu beherbergen war billiger als gegen sie Kriege zu führen.
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Nicht nur die klassische Gliederung des Baukörpers und die Gestaltung der Hof- und Länd-Fassaden (letztere ist die eigentliche Schauseite), die Arkadenhallen und Gänge, die prachtvollen Repräsentationsräume, der Italienische und der Deutsche Saal, auch die Ausstattung in Stuck und Farbe atmet in ihren Themen aus der Bibel, griechischer und römischer Wissenschaft, Kunst und Mythologie ganz den Geist der Erhellung am ewig jungen Vorbild der Antike. 57 (Bild: Diana im Bad)

4.4 Barock
4.4.1 Regensburgs St. Emmeram
Um seine Erhebung in den Reichsfürstenstand gebührend zu feiern, ließ Abt Anselm Godin 1731 - 33 die alt erwürdige Klosterkirche durch die Brüder Asam 58 mit einem barocken Kleid überziehen. Mittelschiff und Chor der romanischen Basilika 59 zeigen eine hochbarocke Innenraumgestaltung. Das komplette Programm gipfelt in der Trinitätsdarstellung des Chorfreskos: Zum dreieinigen Gott, den Ordensbrüder umgeben, erheben Engel den Vater des abendländischen Mönchtums, den hl. Benedikt.

Unterhalb der himmlischen Sphäre wird vom Wirken des Ordens erzählt, von seiner Missionstätigkeit wie von seinem Kampf gegen Ketzerei und Häresie. 60

Lobt Cosmas Damian Asam im Presbyterium die triumphierende und kämpfende Kirche, so bleibt die leidende Kirche dem fünf Joche umfassenden Langhaus-Fresko vorbehalten. Das Hauptfresko am Lattengewölbe zeigt „Das legendäre Märtyrium der römischen Christen in Regensburg" (Foto links), darauf den Hl. Emmeram mit der Leiter, oben die Exemption durch Papst Leo III. 61 Nach einer alten Überlieferung sollen an der Stelle des Klosters, das im Hintergrund auch erscheint, in der Antike Christen den Märtyrer-Tod erlitten haben. Sie empfangen dafür im Himmel die Siegespalme ebenso wie der hl. Emmeram, dessen Leben an den Hochschiffwänden geschildert wird. Die zehn Bilder wechseln ab mit monumentalen Stuckfiguren von Egid Quirin Asam, die Heilige bzw. hochrangige Beschützer des Ordens darstellen.
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4.4.2 Straubings St. Ursula
Seit 60 Jahren bestand bereits ein Knaben-Gymnasium der Jesuiten. Nach dem Willen seiner Stifterin, Angela Merici (1474 - 1540), widmete sich der Ursulinen-Orden besonders der Bildung der weiblichen Jugend. 1691 gründete der Orden, der sich zunächst mit fünf Schwestern - vier Adligen und einer Bürgerlichen, die Oberin wurde - aus Landshut hier niederließ, ein Bildungs-Institut für Mädchen. 62 Knapp 40 Jahre nach ihrer Ansiedlung in Straubing erwarb der Orden mit Genehmigung des Kurfürsten Karl Albrecht (des späteren Kaisers Karl VII.) den früheren Salzstadel.

Die Oberin war Münchner Bürgermeister-Tochter und kannte die Gebrüder Asam, 63 die sie mit dem Neubau einer Kirche beauftragte. Beim letzten gemeinsamen Projekt der Brüder lieferte wohl Egid Quirin die Baupläne und verhandelte wegen des Bildprogramms. Während Egid Quirin am Stuck arbeitete, begann Cosmas Damian mit den Deckenfresken. Sie erzählen vom Leben der hl. Ursula, ihrem Einzug in den Himmel sowie vom Wirken ihres Ordens in der ganzen Welt. 64 Im folgenden Winter malte Cosmas Damian die Tafelbilder der Altäre, starb jedoch während der Arbeiten. Zwei Jahre später, 1741, wurde die Kirche dem Patrozinium „Unbefleckte Empfängnis Mariä" geweiht. Von den zwei Töchtern des Cosmas Damian Asam, die als „Kostjungfrauen" das Ursulinenstift besucht hatten, trat die Jüngere als Nonne ein.

In der Bildmitte des großen Hauptfreskos öffnen sich Wolken für einen Blick in den Himmel, in dem der Weltenschöpfer thront. In zartesten Tönen angedeutet, schwebt über ihnen das Symbol des Heiligen Geistes, durch Strahlen verbunden mit Jesus und seiner Mutter Maria, den Mittlern zwischen Himmel und Erde. Engel geleiten die hl. Ursula und ihre Gefährtinnen, die als Zeichen des Sieges Palmzweige tragen, in die ewige Seligkeit.
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Kunstgeschichtlich bedeutet die Ursulinenkirche, wie jede Schöpfung der Brüder Asam, zugleich Abschluss und Beginn. Die sonore Farbigkeit des Raumes, eines seiner Charakteristika, und die Ekstase der Heiligengestalten sind typisch asamscher Barock. Erste, noch symmetrische Rocaille-Formen erscheinen über den Benediktionskreuzen. Der Hauch des Rokoko dringt in die Kirche auch durch die fröhlichen Engelsköpfchen an den Kapitälen und Stuckwölkchen, durch die graziösen Blumengehänge und symbolhaften Weinreben, die sich um die Säulen ranken. Vor allem jedoch stellt die Raumkonzeption aus ineinander fließenden Ellipsen die Ursulinenkirche schon in die Reihe der durchgeistigten, die realen Grenzen aufhebenden Kirchenräume, die in den folgenden Jahrzehnten von Meistern wie Dominikus Zimmermann und Balthasar Neumann erdacht wurden. Die Brüder Asam haben für die damalige Zeit ein sehr modernes Gotteshaus geschaffen, ein Meisterwerk.

1928 wurde die Kirche mit viel Farbe und Gold renoviert, wovon bei der Restaurierung von 1979 - 83 vieles wieder weg genommen wurde. Das größte Wagnis war der Wunsch nach einem neuen Hochaltar-Gemälde, da das Original irgendwann entfernt und durch ein Bildnis im Nazarener-Stil um 1900 - ganz stilfremd - ersetzt worden war. Es wurde entfernt und durch ein der übrigen Ausstattung angepasstes mit dem alten Thema ersetzt.

Kommentar Prof. Kiesow: Das Bauwerk „mit der brünstigen Pathetik des Stuckmarmors" nötigt jedem Preußen gehörigen Respekt ab; „ein dolles Zeug macht doch ihr Katholen!"

Nach zeitweiligen Verboten in der Säkularisierung und der NS-Zeit ist der Konvent heute Träger für drei Privatschulen: Gymnasium - neusprachlich und sozialwissenschaftlich -, Mädchen-Realschule und Fachakademie für Sozialpädagogik. Ein Internat, ein Tagesheim und ein Kindergarten ergänzen das Angebot. Über 1.000 Mädchen besuchen das Ursulinen-Institut Straubing.

4.4.3 Regensburgs Alte Kapelle
Wenn die Alte Kapelle auch nicht „ein anvankch ist aller gotz häuser in Bayrn", zählt sie doch zu den ältesten und traditionsreichsten Kirchen des an Gotteshäusern gewiss nicht armen Regensburg. Die in der Nordwestecke des Baues gelegene „chlain Altenchapelle zu Altenchapelle" gilt als Keimzelle der Kirche. Nach der Legende hat Bischof Rupert, Gründer des Bistums Salzburg, diese „capellula sub gradu aus einem Heidentempel in ein Marienheiligtum umgewandelt und darin Herzog Theodo samt Hofstaat getauft. Urkundlich erwähnt wird die Alte Kapelle erstmals 875 unter König Ludwig dem Deutschen. 967 wurde die „antiqua capella" als im Verfallen begriffen genannt. Der später heilig gesprochene König Heinrich II. stellte sie nach seinem Regierungsantritt 1002 wieder her und schenkte sie 1009 dem von ihm begründeten Bistum Bamberg, bei dem es verblieb.

Uns führte kenntnisreich Prälat Schätzler. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche ab 1747, als sie im Sinne des Rokoko umgestaltet wurde. Sie bekam Schalgewölbe, moderne Bassgeigenfenster, Stuckaturen und Fresken. 1754 waren Lang- und Querhaus komplett erneuert, der Chor folgte bis 1765.

Das Kollegiatsstift fiel in der Säkularisation zunächst an Fürstprimas Dalberg, gelangte 1810 aber mit dem Fürstentum an Bayern, das es zum Aussterben verurteilen wollte. Da das Vermögen des Kapitels jedoch größtenteils bei Wiener Banken angelegt war, wäre dieses an Österreich gefallen. Daher wurde das Stift wieder belebt und 1830 von König Ludwig I. im „Reorganisationsdekret" garantiert. Damit blieb ihm die Säkularisierung erspart, die fast alle Klöster und Stifte des Reiches erlitten. Die Alte Kapelle verkörpert somit den wohl einzigartigen Fall, seit der Karolingerzeit ununterbrochen bestanden zu haben, und wurde 1964 vom Papst zur „Basilika Minor" erhoben.

Zwei Renovierungen, von 1886 und 1936, griffen stark in die Rokoko-Ausschmückung ein. Zuerst sollten die mittelalterlichen Wurzeln mit entsprechend dunklen Farben betont werden. Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs die Wertschätzung der Kunst des 18. Jahrhunderts wieder, so dass diese Anstriche ungeschehen gemacht werden sollten. Beim Abbeizen der Ölfarbe wurde jedoch die darunter liegende Farbigkeit des 18. Jahrhunderts fast vollständig zerstört. Dies bedauert Prälat Schätzler, der als Kind die farbig gefassten Figuren noch erlebt hat, wenngleich Prof. Kiesow einen drückenden Eindruck von den Farben annimmt.
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1998 wurde eine neuerliche grundhafte Restaurierung abgeschlossen. Diese hat 25 Mio. DM gekostet, wovon das Stift die Hälfte beigesteuert hat. Dies ist sehr viel Geld, aber mehr als 90 % sind Arbeitslöhne. Den Zustand von 1936 wieder herzustellen, hätte 12 Mio. DM gekostet. Neuerliche Sturmschäden werden 300.000 Euro kosten.

Das Kircheninnere präsentiert sich in verschwenderischer Formenvielfalt des bayerischen Rokoko. Die Figuren wurden in einer Mischform aus geschnitzten Holzteilen (Kopf und Gliedmaßen) und Leim getränkten Stoffdraperien (Gewänder) gearbeitet. Das klassische Repertoire verbindet sich so mit nur für den Augenblick gedachter Dekorationskunst zu formal hervor ragenden Beispielen figürlicher Plastik. Drei Themengruppen stehen im Vordergrund: die Gründungslegende mit der Tauftradition, Maria als Kirchenpatronin, vor allem in Gestalt des hoch verehrten Gnadenbildes, und die Verherrlichung des kaiserlichen Stifterpaares Heinrich (im Bild links) und Kunigunde.

Es gibt fünf noch heute bekannte Welttheaterstücke, die Heinrich und Kunigunde zum Thema haben. Die Rollen müssen gut besetzt sein. Letzter Akt ist die Rechenschaftsablage vor Gott, deren Bilder im Chor zu sehen sind, wie die Offenbarung des Johannes sie beschreibt. Im Zentrum steht die „apokalyptische Frau" in Sonnengold, im Sternenkranz, auf der Mondsichel. Alle Figuren tragen weiße Gewänder. Gott Vater thront auf der Weltkugel. Das große himmlische Fest wird in einer Engelsschar dargestellt. Rechts werden die Herrschaftszeichen nieder gelegt. Die „apokalyptische Frau" trägt ein Kind, sie steht auf einer Wolke als Symbol des neuen Herrschers. - Das südliche Querschiff zeigt Bilder der ungarischen Hochzeit.

Das Rokoko verlieh der Kirche im Innern unter Wahrung der mittelalterlichen Substanz eine ästhetisch völlig neue Gestalt, die an Reichtum und Glanz ihresgleichen sucht. Gleichzeitig gestaltete es den Bau in dem ihm eigenen Geschichtsbewusstsein zu einem Abbild seiner historischen Bedeutung. 65

4.4.4 Sünchings Schloss
Sünching liegt im Labertal, einem besonders sumpfigen Landstrich in der Donauebene. Die Lage erklärt, warum das Schloss auf sog. „Bürsten" erbaut wurde. Bürsten sind Holzpfähle, die tief in den Boden gerammt wurden, um den Grundmauern in dem morastigen Boden Festigkeit zu geben. 66

Die Familie von Seinsheim erwarb das Grundstück, auf dem Vorgängerbauten gestanden hatten, nach dem Dreißigjährigen Krieg. Der heutige Bau auf sechseckigem Grundriss mit Innenhof wurde 1756 - 66 unter der Leitung Leonhard Matthäus Gießls errichtet und 1760 - 62 unter François Cuvillés ausgestattet, der auch in Kassel-Wilhelmstal gewirkt hat. - Uns führte der Eigentümer, Freiherr von Tönning, verheiratet mit einer Frau aus einfachen ungarischen Verhältnissen, der seine Landwirtschaft selbst betreibt.

Die Kapelle liegt zu ebener Erde gleich links neben dem Eingangstor. Prof. Kiesow nennt sie „das Feinste vom Feinsten. Der kleine Raum, auf einem oktogonalen Grundriss errichtet, erhält sein Licht aus je zwei Fenstern im Erdgeschoss und im ersten Stock, so dass der gegenüber liegende Altar in volles Licht getaucht wird. In Stuck werden „Kintl", also ganze Putten, und „Köpfl", die nur mit einem Brustansatz und Flügeln ausgestattet sind, heraus gebildet.

Die Decke mit dem „Duft eines barocken Freskos" ist eine thematische Ergänzung des Altarreliefs. Während dieses die Himmelfahrt Mariä vor Augen führt, veranschaulicht das Fresko ihren Empfang im Himmel. Den Mittelpunkt bildet die Hl. Dreifaltigkeit: Christus, der Auferstandene, neigt sich seiner Mutter zu, während Gott Vater in gütiger Haltung auf uns nieder blickt. Engel, die in einer duftigen Atmosphäre schweben oder auf leuchtenden Wolken sitzen, bilden ein Orchester und einen Chor.

Vorbei an der Kapelle zum Hof kommt man zur „Schwarzen Stiege", deren geschmiedetes Treppengeländer sich scheinbar in einem Stück vom Erdgeschoss bis zum zweiten Stock windet. Wendet man sich nach rechts von der Stiege im ersten Stock, betritt man das Billardzimmer mit einem großen weißen Kachelofen. Daran schließt sich die untere Bibliothek mit acht Bücherschränken an, ein gediegener Raum. Praktisch gleich neben der Bibliothek (sozusagen im Uhrzeigersinn weiter gehend) gelangt man auf die Empore der Kapelle. Das Altarbild wurde offensichtlich für die Herrschaft hier oben berechnet und nicht auf den Beter im unteren Raum.

Hinter der Kapelle gelangt man durch den Weißen Salon in den Roten Salon mit Porträts derer von Seinsheim. Durch den Blauen Salon geht man in das Winterspeisezimmer, in dem mir sogleich ein Bildnis des Preußenkönigs Friedrich II. auffiel. Nicht fehlen darf ein Chinesenzimmer. An das. Durchgangskabinett schließt sich der Große Saal an (vorige Seite rechts Deckenfresko, oben Stuck).

Diesen 1980 zuletzt renovierten doppelstöckigen Saal erfüllt der schwingende Rhythmus des späten Rokoko. Die Wandflächen sind reich differenziert und besonders an den Schmalseiten durch die als Risalite ausgebildeten Kamine akzentuiert. Die dunklen Folien der Bilder, die Raum erweiternden Spiegelungen in den Blindfenstern, die Puttengruppen Feuchtmayrs, beonders aber die den Blick auf sich ziehenden Genien Ignaz Günthers versetzen die hohen, in hellen Weiß-Blau-Tönen gehaltenen Wände in Spannung. Die ganze Flachdecke wird von einem Fresko ausgefüllt. Es scheint, als habe sich Matthäus Günther an das Vorbild Tiepolos in der Würzburger Residenz erinnert. Das Thema des großen Sünchinger Freskos sind die vier Jahreszeiten. Sommer und Winter, Frühling und Herbst stehen sich gegenüber.
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Nur wenige Kirchen und Schlösser Altbayerns können sich wie Sünching rühmen, von den besten Künstlern ihrer Zeit gebaut, ausgestattet und mit Bildern geschmückt worden zu sein.
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4.5 Klassizismus
4.5.1 Regensburgs Fürstliche Schloss von Thurn und Taxis
Im Jahre 1812 erhielten die Fürsten von Thurn und Taxis als Entschädigung des Postmonopols im Königreich Bayern das säkularisierte Reichsstift St. Emmeram. 67 Ab 1816 wurde sie zur Residenz umgebaut. Für Fürst Maximilian Maria wurde der 150 m lange Südflügel erbaut. Dem Besucher stehen Prunkräume im Süd- und im noch heute von der fürstlichen Familie bewohnten Ostflügel offen: das Marmortreppenhaus, der Ballsaal, verschiedene Salons, das Thronzimmer, die Hauskapelle und der Wintergarten. Schloss St. Emmeram zählt bis heute zu den bedeutendsten Denkmälern des Historismus in Deutschland, vergleichbar mit den Bauten des Märchenkönigs Ludwig II. 68

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis ging oft durch die „Regenbogenpresse. Doch sie hat enorme Schulden abgebaut, Teile des Besitztums an den Freistaat Bayern abgegeben, um die Erbschaftssteuer zu begleichen, die somit im Land blieben. Der Fürst hatte Vieles durch Spekulation verjubelt. So wurden 1993 z.B. 150.000 Flaschen Wein versteigert.

Im Palast befindet sich die Bibliothek (rechts) mit 300.000 Bänden in Benutzung. Die 12.000 Bücher des Fürstenhauses ab dem 17. Jh. im großen Saal sind nach Größe geordnet, wobei römische Zahlen das Regal, Buchstaben das Bord und Zahlen den Platz in der Reihe im Findbuch bestimmen. Die Deckenfresken von Asam wurden mit Secco übermalt, aber wieder frei gelegt. Prof. Kiesow bedauert dies, weil etwas Seltenes für etwas Häufiges aufgegeben wurde. In einer Kuppel finden wir Salomon auf seinem Thron, in einer anderen als Sinnbild, „Naturwissenschaft zerplatzt wie eine Seifenblase, wenn du, Mönch, den Glauben vergisst.

Im Areal steht die Gruft-Kapelle als konfessionsneutraler Bau. Durch ein Gitter im Boden kann man auf die 29 Särge sehen, wobei hier nur regierende Fürstenpaare beigesetzt wurden. In der Apsis steht ein marmorner Jesus, der sich beim Absenken des Sarges um seine Achse und somit von der Trauergemeinde weg drehen konnte. Die wertvollen historistischen Fenster wurden vermutlich von Karl Friedrich Schinkel entworfen.
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4.5.2 Regensburgs Villa Lauser
Freiherr von Dittmer ließ sich 1795 auf einer der beiden Donau-Inseln, Wöhrd genannt, ein Sommerpalais in seinen 6.000 Quadratmeter großen Garten bauen. Von seinen zehn Kindern waren acht schon tot, als er starb, so erbte eine Tochter, verheiratete Mantey, und die andere, verheiratete Thon, seinen Besitz, letztere auch das Gartenpalais. Ab 1903 gehörte das Haus der Fabrikantenfamilie Lauser. Dann ging es bergab: Es wurde als Freudenhaus, Stallung, Restaurant genutzt. Wir trafen den heutigen Besitzer, Baron von Poltenbach, der es 1993 als Idealist, wie er sagte, mit vielen Schwierigkeiten von der Erbengemeinschaft gekauft hat. Prof. Kiesow pflichtete ihm bei: Beim Denkmalschutz muss man oft schon besessen, in ein Haus verliebt, sein.

Wenige Tage vor unserem Besuch hat ein Sturm die Wöhrde heimgesucht und den Garten verwüstet, dabei mehrere große Bäume entwurzelt. Beim Donau-Hochwasser war schon das Lauser-Archiv verquollen.

Das Palais  besteht aus einer Reihe von Salons mit Ballsaal und Speisesaal in der Beletage. Im - vom Hochwasser bedrohten - Erdgeschoss befanden sich nur Küche, Vorratskammern und Dienstboten-Räume. Im Treppenhaus finden wir einen Stil vor, der den Übergang vom Barock zum Klassizismus unter dem Einfluss der Aufklärung verrät.

Die Schlichtheit der Antike, von Winkelmann mit dem alten Pompeji wieder entdeckt, wurde (ab 1790) zum Maßstab. Das Treppenhaus wurde zuletzt 1903 ausgemalt und stilistisch Josef Zacharias zugeordnet.

Der Festsaal zeigt den „Zopfstil" mit Festons, also Girlanden aus Zweigen. Dort sahen wir noch eine Baustelle, das Parkett war zu ¾ frisch verlegt, aber für die restliche Fläche fehlen noch passende Hölzer. Beim Parkett kann man die Bauzeit erkennen: Im Barock wurde es diagonal verlegt, im Klassizismus achsial. Die Decke ragt in den Dachstuhl, was statisch problematisch ist, denn der Sparrendruck wird nur durch die Kehlbalken gehalten. Im Deckengemälde sehen wir drei Könige, die für die drei antiken Erdteile stehen, und die fünf Lebensalter, wobei wir heute eigentlich ein sechstes (ab 90 Jahre) hinzu fügen müssten. Fehlstellen in der Bemalung würde Prof. Kiesow schließen, vielleicht in etwas hellerer Farbe, da der Barock mit einer gewissen Perfektion rechne. Der Baron meinte, nachdem das eigene Geld verbaut sei, das Landesamt für Denkmalschutz müsste kräftig in die Tasche greifen... Prof. Kiesow empfiehlt, sich an die Stiftung zu wenden.

5 Baumeister
5.1 Hans von Burghausen
Hans von Burghausen (geboren um 1360 in Burghausen, gestorben 1432 in Landshut, rechts sein Kopf an St. Martin) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Baumeister der Spätgotik. Seine Hallenkirchen, überwiegend in Backsteinbauweise errichtet, setzen die Baukunst der Parler voraus. Seine wichtigsten Bauwerke sind neben St. Jakob in Straubing Schiff und Turmuntergeschoss von St. Martin in Landshut 69 und die Heilig-Geist-Kirche in Landshut. Er wurde lange Zeit mit seinem Neffen Hans Stethaimer von Landshut (um 1400 - 60) verwechselt. 70 In Landshut erhielt Hans von Burghausen 1406 vom Herzog ein Haus am Martinsfriedhof verliehen, das er 1415 wieder verkaufte.

5.2 Brüder Asam
Die Brüder Asam dürften zu den heraus ragenden Vertretern des europäischen Barock gerechnet werden. Sie entstammen einer alten Künstler-Familie; schon der Vater Georg zählte zu den führenden Freskanten der ersten Generation in Süddeutschland. Der 1686 in Benediktbeuren als erstes von neun Kindern geborene Cosmas Damian Asam erlernte das Handwerk des Vaters und wurde schließlich zu einem Wegbereiter der monumentalen Deckenmalerei nördlich der Alpen. Daneben betätigte er sich wiederholt auch als Architekt. Sein 1692 in Tegernsee geborener Bruder Egid Quirin erlangte große Bedeutung als Bildhauer und Stukkator.

Nach dem Tode des Vaters 1711 reiste Cosmas Damian und mit ihm vermutlich sein Bruder nach Rom, um sich weiter zu bilden. Vor allem Giovanni Lorenzo Bernini hat ihn tief beeindruckt. 1713 erhielt Asam in Anwesenheit des Papstes den ersten Preis der Academia di San Luca. Nach der Rückkehr erhielten die Brüder dank der engen Verbindungen zum Bennediktiner-Orden zahlreiche Aufträge. Cosmas Damians großes Talent mit seinen Fresken machte ihn ähnlich gefragt und bezahlt wie Giovanni Battista Tiepolo. 71 - Über zwei Jahrzehnte, bis zum Tode von Cosmas Damian 1739, arbeiteten die Brüder oft zusammen, da sich ihre Arbeitsschwerpunkte gut ergänzten. Meisterlich verstanden sie es, Architektur, Raumgestaltung, Lichtführung, Malerei und Plastik zur vollkommenen Einheit zu verschmelzen. Die von ihnen gefundenen künstlerischen Lösungen setzten für folgende Generationen Richtung weisende Akzente. 72

Fotos und Text: Manfred Maronde, Neuruppin

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Bildnachweis:
Alle Farbfotos stammen vom Autor.
Schwarz-Weiß-Fotos:
Straubing und Regensburger Dom aus alten Postkarten von DVD von The Yorck Project, www.yorckproject.de
Zeichnungen:
3 Städtewappen: http://de.wikipedia.org
Grundrisszeichnung Künzing: www.museum-quintana.de
Zeichnung Romanik, Rocaille: Buch Baustilkunde (B), Wilfried Koch, Orbis Verlag/Mosaik Verlag München, 1994
Zeichnung Gotik: Neues Großes Volkslexikon (NGV), Fackelverlag Stuttgart 1979 (NGV)
Grundriss Dom: Broschüre „Der Dom St. Peter Regensburg", von Edmund Stauffer und Hermann Reidel, Echo Buchverlag, 1995

Endnoten:
1  Faltblatt „Museum Quintana" bzw. Internet www.museum-quintana.de
2  Internet, http://de.wikipedia.org
3  Broschüre „Kulturhistorische Streifzüge in Ostbayern" (KSiO), Tourismusverband Ostbayern e.V., Regensburg 2000, Seite 2, auch im Internet: www.ostbayern-tourismus.de
4  Internet: www.regensburg.de, Chronik
5  „Schatzkammer Deutschland" (SD), Verlag Das Beste, Stuttgart, 1973/74, Seite 19
6  Internet: www.regensburg.de, Plätze
7  KSiO, Seite 178
8  Internet: www.landshut.de
9  Zeitschrift „MONUMENTE" (M) 5/6-2004
10  Internet, http://de.wikipedia.org
11  SD, Seite 247 f.
12  KSiO, Seite 3
13  Internet, www.straubing.de
14  KSiO, Seite 19 f.
15  SD, Seite 387 f.
16  Faltblatt „Straubing - Entdecken und Erleben", Amt für Tourismus und Stadtwerbung, Januar 2003
17  Mit einem Stern gekennzeichnete Bauwerke hat der Autor selbst besichtigt und fotografiert.
18  „Schatzkammer Deutschland" (SD), Seite 19
19  SD, Seite 23
20  Internet: http://de.wikipedia.org
21  "Baustilkunde" (B), Wilfried Koch, Orbis Verlag/Mosaik Verlag München, 1994
22  SD, Seite 25
23  Internet: http://de.wikipedia.org
24  SD, Seite 28
25  Internet: http://de.wikipedia.org
26  SD, Seite29 f.
27  B, Seite 237
28  Internet, http://de.wikipedia.org
29  SD, Seite 32 f.
30  SD, Seite 35 f.
31  Buch „Regensburg - Ein Stadtführer mit 70 Farbbildern" (R), Heidemarie Böcker, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1998, S.25
32  Broschüre „St. Jakob in Regensburg", Richard Strobel, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 16. Auflage 2000
33  KSiO, Seite 32 f.
34  Broschüre „Regensburg-Prüfening - ehem. Klosterkirche St. Georg", Günter Lorenz, o.J.
35  HdBG: Klöster in Bayern: Geschichte
36  KSiO, Seite 32
37  siehe Wappen in Kapitel 2.1
38  Broschüre „Der Dom St. Peter Regensburg", von Edmund Stauffer und Hermann Reidel, Echo Buchverlag, 1995
39  siehe Kapitel 4.1.4
40  Broschüre „Lebendige Geschichte - Regensburg", Fremdenverkehrsverein Regensburg e.V., 2. Auflage 1999, Seite 12
41  R, S. 21
42  Internet: www.landshut.de
43  Faltblatt „Landshut - Stadtresidenz, Burg Trausnitz", Bayerische Schlösserverwaltung München, www.schloesser.bayern.de
44  M, Seite 10
45  Broschüre „Pfarr- und Stiftskirche St. Martin in Landshut", Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 20. Auflage 2000
46  siehe Kapitel 5.1
47  KSiO, Seite 5 f.
48  Foto siehe Kapitel 3.2
49  Broschüre „Pfarrkirche St. Peter, Straubing", Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 5. Auflage 2003
50  KSiO, Seite 20
51  Internet: www.straubing.de
52  siehe Kapitel 4.2.3 zu St. Martin in Landshut und 5.1
53  Broschüre „Straubing St. Jakob", Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 9. Auflage 2001
54  nach anderer Quelle die Hälfte des Netzgewölbes zerstört (Steiner & Schnell)
55  M, Seite 11
56  KSiO, Seite 17
57  Internet: www.landshut.de
58  seihe Kapitel 5.2
59  siehe Kapitel 3.1.1
60  KSiO, Seite 12
61  Broschüre „St. Emmeram zu Regensburg", Max Piendl, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 14. Auflage 2002
62  Broschüre „St. Ursula Straubing", Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 5. Auflage 1997
63  seihe Kapitel 5.1
64  KSiO, Seite 13
65  Broschüre „Regensburg - Die Stiftskirche Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle", Karl-Heinz Betz, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 11. Auflage 2000
66  Broschüre „Schloss Sünching", Verlag Schnell & Steiner GmbH & Co, München und Zürich, 1. Auflage 1988
67  siehe auch Kapitel 4.1.1 und 4.4.1
68  Faltblatt „Fürst Thurn und Taxis Museen Regensburg", www.thurnundtaxis.de
69  siehe Kapitel 4.2.3 und 4.2.3
70  Broschüre „Straubing St. Jakob", Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 9. Auflage 2001
71  Internet, http://de.wikipedia.org
72  KSiO, Seite 11

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