4. Die Hansestädte
4.1 Lübeck
4.1.1 Stadtgeschichte
Die erste existierende, slawische Siedlung mit dem Namen "Liubice" (die Schöne, die Liebliche) lag am Zusammenfluss von Schwartau und Trave. 16 Helmold von Bosau übersetzte das slawische Liubice mit "die Fröhlichkeit aller Leute". 17
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Diese Siedlung wurde bereits 819 und 1076 erwähnt, aber 1138 nieder gebrannt. Als offizielles Jahr der Gründung Lübecks wird 1143 genannt, als Graf Adolf II. von Schauenburg eine christliche Kaufmannssiedlung errichten ließ. Diese neue Siedlung sollte der Eindeutschung der Slawengebiete dienen. Auf diesen Ort wurde der Name "Lübeck" übertragen. Der neue Platz am Zusammenfluss von Wakenitz und Trave war dank der beiden Flussläufe mit ihren sumpfigen Ufern, die ihn inselgleich umflossen, schwer einzunehmen. Zugleich war der Ort weit genug von der Ostsee entfernt, um vor einem Handstreich von der See her sicher zu sein, was zusammen mit der Burg der Sicherheit der Kaufleute nützte.

Aus Bardowick und Lüneburg siedelten viele Händler über. Sachsenherzog Heinrich der Löwe, aus dessen Gebieten die Kaufleute verloren gingen, ließ die Salzquelle nahe Lübeck verstopfen und die Stadt 1157 nieder brennen. Am selben Ort ließ er sie in den heutigen Grundlinien 1159 erneut anlegen, als gut gelegenes Ausfallstor zur Ostsee. Er sprach den Lübeckern zahlreiche Handelsprivilegien zu wie das Münz-, Zoll- und Freiheitsrecht sowie das Soester Stadtrecht. Die lübischen Kaufleute waren im ganzen Herzogtum Sachsen von Abgaben befreit. Deutsche Kaufleute, die bisher auf fremden Schiffen ihre Waren hatten führen müssen, konnten mit dem neuen Hafen nun auch zum Schiffsherrn werden. Ein Jahr später verlegte Heinrich das Bistum von Oldenburg nach Lübeck.

Lübeck hatte seit seiner Neugründung eine bürgerliche Behörde für einzelne Verwaltungsaufgaben vorzuweisen, die unabhängig neben dem herzoglich-stadtherrlichen Vogt stand. Der Herzog Heinrich der Löwe teilte seine Stadtherrschaft so mit der Fernhändler-Gemeinschaft. Die Entwicklung, die andere deutsche Städte mühsam zu durchlaufen hatten, hat Lübeck somit vorweg genommen - ein Vorgang von nicht hoch genug einzuschätzender Bedeutung, da er für alle kommenden deutschen Stadtgründungen im Ostseeraum Beispiel gebend sein sollte. 18 1201 wurde zum ersten Mal von "Consules", von Ratsmännern, gesprochen. Als auch die Rechte des herzoglichen Vogts auf die bürgerliche Selbstverwaltung übergingen, war der Rat regierende Obrigkeit geworden.

Nach der Ächtung durch Kaiser Friedrich Barbarossa 1181 verlor Herzog Heinrich auch Lübeck, das in die Hände der Dänen unter Waldemar den Sieger fiel, die es bis 1227 behielten. Die Dänen als Territorialherren wurden nach der Schlacht von Bornhöved abgeschüttelt, aus der königlichen Burg wurde ein Dominikaner-Kloster. Kaiser Friedrich II. erhob Lübeck 1226, ein Jahr zuvor, zur freien Reichsstadt, was bedeutete, dass Lübeck nur noch dem Kaiser direkt unterstellt war. Damit war Lübeck als einzige Stadt jenseits der Elbe befähigt, ein eigenes Recht zu entwickeln. Dieses "Lübische Recht" verbreitete sich in viele Ostseestädte und wurde zu einer wichtigen Handelsgrundlage der Hansestädte. 1293 wurde beschlossen, an Stelle von Visby den Lübecker Rat als höchste Rechtsinstanz für gemeinsame Kontore in Nowgorod anzuerkennen. - Mit dem Edikt von Kaiser Karl IV. von 1375 war Lübeck Apellationsgericht für alle Hansestädte, die nach eigenem lübischen Recht zu richten hatten. 19 Bereits 1226 hatte sich die Stadt Lübeck von Kaiser Friedrich II. die Rechte an Travemünde zusichern lassen, das 1329 endgültig in Lübecks Besitz überging.

Ab 1524 hielt die Reformation in Lübeck Einzug mit der ersten evangelischen Predigt, und 1530/31 führte der Rat eine neue Kirchenordnung von Johannes Bugenhagen ein.
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Napoleon überzog Europa mit Krieg, doch obwohl Lübeck sich neutral verhielt, wurde es in die Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Preußen hinein gezogen. 1806 flüchteten Teile der preußischen Armee unter Blücher in die Hansestadt. Am Tag danach eroberten die Franzosen Lübeck und plünderten tagelang. Nicht nur Zwangsabgaben und Einquartierungen, sondern auch die Isolationspolitik, die den Handel zum Erliegen brachte, schadete der Stadt schwer. Foto: Markt Anno 1873.

Lübeck war im 14. Jh. mit rund 30.000 Einwohnern nach Köln die zweitgrößte deutsche Stadt und neben Rom, Venedig, Pisa und Florenz eine der "fünf Herrlichkeiten" des Reiches gemäß Kaiser Karl IV. Reichsfrei blieb Lübeck 711 Jahre lang, bis es mit dem "Groß-Hamburg-Gesetz" 1937 als kreisfreie Stadt in die preußische Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert wurde. 1913 überschritt Lübeck die Marke von 100.000 Einwohnern.
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In der Nacht zum Palmsonntag 1942 wurde Lübeck als erste deutsche Großstadt von der britischen Royal Air Force flächenweise bombardiert, als Vergeltung für den deutschen Angriff auf Coventry. 320 Menschen starben, über 1.000 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt, unter ihnen die Marien- und Petrikirche sowie der Dom (Bild oben). Die nationalsozialistische Führung hatte die Bergung von Kunstschätzen verboten; die Stadt Hildesheim bekam wegen ihrer Holzdecke in St. Michael von Reichsluftfahrtmarschall Göring einen Rüffel.

In der zweitgrößten Stadt Schleswig-Holsteins leben nach dem Höchststand 1970 mit 240.000 Einwohnern jetzt 210.000 Menschen, von ihnen etwa 12.000 in der historischen Altstadt. 20

4.1.2 Stadt und Markt
Lübecks Altstadt liegt - von zwei Armen der Trave eingerahmt - auf einer Flussinsel, der lang gezogenen Sanddüne namens Buku (Bukow); hier erstreckt sich die Stadt "von Burg zu Bischof". Zwei Parallelstraßen, die Breite Straße und die Königstraße, bilden sozusagen das Rückgrat. Von dort erstrecken sich wie die Rippen viele Querstraßen, hier "Gruben" genannt, nach Westen zur Stadt-Trave und nach Osten zur Kanal-Trave, dem vormaligen Unterlauf der Wakenitz. Durch Torbögen werden von dort aus die "Gänge" abgeschlossen. Im Westen der Stadt lagen die Kontor- und Wohnhäuser wohlhabender Kaufleute, während im Osten und Norden die Handwerker siedelten. Zwei Quadrate blieben unbebaut: der Markt und der Marienkirchhof in der Mitte der Stadt.

Je zu einem Drittel fand der Handel statt unter den Lauben des Rathauses, z.B. verderbliche oder kostbare Waren wie Fleisch oder Juwelen, zu einem weiteren Drittel in Fachwerkbuden und letztlich auf Hockern, daher der Begriff "Höker" für Kleinhändler. In Lübeck waren etwa 1.000 Händler tätig, wie Prof. Kiesow erklärte. Es galten genaue Regeln, zum Beispiel für die Tuchhändler: Die Fernkaufleute durften nur ganze Ballen verkaufen, den Stoff abmessen und verarbeiten durften nur die Gewandschneider.

Ein Stapelrecht besaß Lübeck nicht, weil weder eine Grenze noch die Umladung auf andere Transportmittel dazu Anlass boten. Lübeck wurde wohlhabend wegen seiner geschickten Handelspolitik: Lüneburg förderte das Salz, aber Lübeck vermarktete es.
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Lübeck ist die Stadt der sieben Türme, die gotisch schlank sich in die Höhe recken. Obwohl sich Bad Schwartau der Eingemeindung verweigerte, verwendet die dortige Marmeladenfabrik den Umriss der Türme in ihrem Logo.

Wenden wir uns jetzt den Bauwerken zu: zuerst dem Rathaus. Als Bau mit drei Giebeln wurde es um 1250 errichtet und erhielt später um 1300 seinen großen Blendgiebel mit zwei runden Windlöchern, wohl auch als Antwort auf die langjährigen Rivalinnen (nicht nur Verbündeten) Stralsund und Rostock ( Kapitel 4.4.2 und 4.6.2).

Drei schlanke Türme wurden vorn angebaut, einer überschneidet den Spitzbogen-Giebel. Die prachtvolle Außentreppe an der Breiten Straße (Bild rechts) wurde in der Renaissance vorgebaut, wie auch die Lauben vor dem großen Giebel (Bild oben), welche zwei Jahre vor unserer Reise einen weißen Anstrich nach Befund erhielten. Prof. Kiesow könnte sich für das Mittelalter sogar ein noch bunteres Original vorstellen. Die monumentale Gotik steht so im Kontrast zur verspielten Renaissance mit ihrer "vergrößerten Kommode". Die Rückseite des Rathauses dagegen wirkt sehr streng mit ihren dunkel glasierten Backsteinen aus dem 19. Jh.

Auf dem Holstentor (historisches Foto unten) das sich vor uns verhüllt hatte, steht seit 1863 "Concordia Domi Foris Pax". Ursprünglich hieß es: "Pulchara Res Est Pax Foris Et Domi Concordia" - "draußen Frieden und drinnen Einigkeit sind eine schöne Sache". 21 Auch Selbstbewusstsein wird gezeigt: "S.P.Q.L." mit Anklang an das antike Rom steht für "Senatus Populusque que Lubecensis". Nicht einem Fürsten untertan, sondern in republikanischer Staatsform wurde Lübeck regiert.
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4.1.3 Weltkulturerbe
Mit der internationalen "Konvention zum Schutz des kulturellen und natürlichen Erbes der Welt" ist 1975 eine Partnerschaft zur Bewahrung des Erbes aller Völker und der globalen Natur in Kraft getreten. Neben der ehrenvollen Anerkennung werden die jeweiligen nationalen Behörden verpflichtet, sich mit größter Energie der Bewahrung dieser "Weltkulturgüter" anzunehmen. Andernfalls kann die Eintragung wieder gelöscht werden. 22

Die UNESCO setzte 1987 mit dem mittelalterlichen Stadtkern Lübecks erstmalig eine ganze Altstadt aus dem nordeuropäischen Raum auf die Liste des Weltkulturerbes. Vier Gründe waren Ausschlag gebend: 23

  • Der heute noch erhaltene mittelalterliche Stadtgrundriss mit der Baustruktur des 12. Jahrhunderts,
  • die unverwechselbare Stadt-Silhouette mit ihren Backstein-Kirchtürmen,
  • der ergiebige Untergrund für die archäologische Erforschung des mittelalterlichen Stadtwesens sowie
  • die Vorbildfunktion Lübecks als Haupt der Hanse für die Städte im Ostseeraum.
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Zum geschützten Ensemble gehören: der Baukomplex des Rathauses, das Burgkloster, der Koberg - ein vollständig erhaltenes Viertel des späten 13. Jh. - mit Jakobikirche, Heiligengeist-Spital und den Baublöcken zwischen Glockengießer- und Ägidienstraße, das Viertel der Patrizierhäuser des 15. und 16. Jhs. zwischen Petrikirche und Dom, das Holstentor und die Salzspeicher am linken Traveufer.

Während im Mittelalter Bürgerstolz und Gottesfurcht die Bauwerke bestimmten, sind es heute oft Eitelkeit und Kommerz. So hat Lübeck an der Westseite des Marktes (Bild links: um 1910) eine schlimme Bausünde: ein Kaufhaus aus Beton und Glas mit Rundbogen-Gauben (Foto rechts, mit Marktbude davor). Die Weltkulturerbe-Stiftung hat die Hansestadt bereits mehrmals ermahnt, ihr den Sonderstatus abzuerkennen, wenn sie ihrer historischen Altstadt nicht mehr Respekt entgegen bringe. Prof. Kiesow findet den Bau äußerst ärgerlich, er ist allein schon viel zu groß. Die Bodenspekulation habe zu einer hohen Ausnutzung des Baugrundes geführt, jedoch stehen weiterhin Räume leer. Der Architekt sei ein sehr eitler von sich selbst überzeugter Mann, der meinte, er müsse sich ja gegen die historischen Großbauten behaupten. Unter dem früheren Bürgermeister Robert Knüppel, der jetzt für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als Generalsekretär tätig ist, wäre dieser Bau nicht möglich gewesen, meint Kiesow. 24

Von 1991 bis 2003 förderte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Lübeck 41 Restaurierungs-Maßnahmen. 2,8 Mio. Euro aus Spenden und der Fernsehlotterie wurden dafür eingesetzt.

4.1.4 St.-Marien-Kirche
Der Rat hatte als Gegenstück zum Dom und zum Ausdruck seiner eigenen Macht eine "Bürger-Kathedrale", St. Marien, bauen lassen. Sie wurde im "hoch modernen", von Frankreich übernommenen, gotischen Baustil errichtet, hier in Lübeck erstmals gewagt mit Backsteinen, weil es in Norddeutschland keinen Kalkstein gab. 1350 wurde sie als Ratskirche geweiht, sie war von 120 wohlhabenden Kaufmannsfamilien finanziert worden. Buße kam im Mittelalter vor der Vermeidung der Sünden; Bußgelder dienten dem Kirchenbau. Die damaligen Kaufleute hatten noch ein echtes Unrechtsbewusstsein.
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Das Bauwerk brachte schon zu dieser Zeit den Wohlstand und die Macht der Lübecker zum Ausdruck. 25 St. Marien ist die drittgrößte Kirche Deutschlands: 103 m lang, davon das Langhaus 70 m, 59 m breit, 3.300 m² Fußbodenfläche, 135.000 m³ umbauter Raum, mit 125 m hohen Türmen. 26 Das Mittelschiff ist 38,50 m hoch, ist das höchste aller Backsteinkirchen und gehört zu den höchsten Kirchen überhaupt.

Die höchste ist die Kathedrale von Beauvais in Nordfrankreich mit 46,76 m, das sind 12 x 12 französische Fuß von 32,5 cm. Kehlen und Dienste lösen die Form der mächtigen Pfeiler auf. Innen wirkt der Bau schwerelos, weil außen Streben den Sparren- und Gewölbedruck auffangen. Vorbild sollte stets das "himmlische Jerusalem" sein. Dieses sei noch schöner als das irdische, glaubte man, mit goldenen Kuppeln - aber diese waren islamisch.
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In den Kathedralen sollte die Schwerkraft nicht gelten. Wir können uns kaum noch vorstellen, wie das prächtige Gotteshaus auf einen armen holsteinischen Bauern aus seinem Rauchhaus gewirkt haben muss. Charakteristisch ist die Doppelturmfassade, die 1304 begonnen bis 1351 fertig war. Der dortige Backstein ist aber aus schlechtem Ton, so dass die Türme runderneuert werden müssen. Auch nach dem Wiederaufbau eingelassenes Eisen bedroht die Stabilität.

Kaum war die um 1200 begonnene Basilika fertig, wurde das Langhaus wieder abgerissen. Nun waren Hallenkirchen modern wie im südfranzösischen Poitiers. Hier unterscheiden wir zwischen dem westfälischen Typ mit drei gleich breiten Schiffen wie in Herborn und dem Typ mit schmaleren Seitenschiffen wie St. Elisabeth in Marbung. Alle deutschen Pfarrkirchen wurden Hallenkirchen, die Bischofskirchen blieben Basiliken. Als die Hallenkirche um 1257 fertig war, kam auch sie wieder aus der Mode, hoch aufragende Basiliken waren angesagt. Nur die beiden Rechteckpfeiler der Vierung blieben stehen, weil dort die Baunaht verlief. Wir dürfen annehmen, dass der Guss der Bronzetaufe von 1337 auf die Fertigstellung des Langhauses hinweist. Von 1190 bis 1330 wurde die Kirche also dreimal gebaut, "aus Jux und Dollerei", wie Kiesow scherzend sagt.

Rechts: 8 Bauphasen: 1. Basilika um 1250, 2. Umbau zur Hallenkirche, 3. Hallenkirche um 1270, 4. Errichtung des Hallenchores, 5. Planänderung zum Kathedralchor, 6. Bau des Chores um 1300, 7. Bau der Doppeltürme, 8. Bestand um 1350.

St. Marien ist die erste Backstein-Basilika mit Kapellenkranz. 1440 wurden erstmals Kapellen angebaut, die über das Chorhaupt hinaus ragen. Auch den Seiten wurden Kapellen vorgelagert. Jede Zunft sollte darin ihren eigenen Altar haben. Um 1444 war die Kirche vollendet. Sie gilt als besonders wertvolles und großartig(st)es Beispiel kirchlicher Backsteingotik; als Musterkirche wurde sie häufig nach gebaut, wenn auch mit kleineren Maßen. 27

Wegen der Pultdächer der Seitenschiffe ist der untere Teil der Fenster zugemauert. Er war aber wie die ganze Kirche bemalt. Erst nach voller Ausmalung wurde jede Kirche geweiht. Nach dem Kriege fand Maler Lothar Malskat Spuren der Ausmalung des Mittelalters nicht nur im Langhaus, sondern auch im Chor. Selbst wenn es nur eine Hand oder ein Zeh waren, er komplettierte alles.
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Dies blieb unbemerkt bis zu seiner Selbstanzeige, die er machte, weil sein Chef das Bundesverdienstkreuz bekam. Seine Ausmalung wurde daraufhin leider abgewaschen. Fortan hat er - nach Verbüßen der Strafe - seine Werke signiert. Malskat war schon 1938 mit dem Truthahn-Fries in Schleswig aufgefallen, auf den die Nationalsozialisten herein fielen und es als Beweis nahmen, schon die Wikinger hätten Amerika, die Heimat des Truthahns, entdeckt.

Mahnmal der furchtbaren Kriegszerstörungen sind noch heute die herab gestürzten, angeschmolzenen und geborstenen Glocken in der Kapelle des Südturms (Foto unten). 1951 konnte das Bauwerk als gesichert gelten; die Turmhelme wurden 1956/57 wieder aufgesetzt und zuletzt 1979/80 der Dachreiter. Die reiche Ausstattung ist fast völlig der Ausbombung zum Opfer gefallen, so der berühmte "Totentanz" von Bernd Notke, an den in einer Kapelle noch mit Schwarzweiß-Fotos erinnert wird. Diese verbrannte Kopie von 1701 war nach dem Original von 1463 gearbeitet und eine Replik des in Reval befindlichen Teils eines Totentanzes.

In der Chorscheitelkapelle, genannt Marientidenkapelle, mit ihren fünf statt drei Fenstern (die Spätgotik wollte mehr Licht), steht ein spätgotischer Marienaltar (1518) aus Antwerpen. Die Scheldestadt galt als Bildschnitzer-Zentrum. Dieser Altar zeigt noch ganz vergoldeten Figurenreichtum, obwohl damals schon zu Hintergrund-Malereien übergegangen worden war. Als Klappaltar konnte er in der Passionszeit geschlossen werden.
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Ganz geöffnet zeigt er Marias Tod, darunter die Grabtragung Mariens, links die Verkündigung und rechts das leere Grab Jesu und Johannes, an der Offenbarung schreibend (Foto links).

Das bereits genannte frühgotische Taufbecken wurde von Hans Apengeter gegossen. Das von drei knienden Engeln getragene Tauffass zeigt Reliefdarstellungen aus der Heilsgeschichte, die klugen und törichten Jungfrauen und die Apostel. - Die astronomische Uhr ist ein Nachbau von 1960 - 67 von Paul Behrens für das Original von 1561 - 66.

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