2.20 Brixen
Auf der halben Entfernung zwischen Brennerpass und Bozen, an der Mündung der Rienz in den Eisack, liegt die Bischofsstadt (bis 1964, dann nach Bozen verlegt) Brixen, auf Italienisch Bressanone. Rund 20.000 Einwohner machen Brixen zu Südtirols drittgrößter Stadt, von denen drei Vierteil Deutsch und ein Viertel Italienisch sprechen. Der Kur- und Ferienort in einem Weinbaugebiet wird gern von Touristen besucht.
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Ludwig IV. das Kind stellte 901 eine Schenkungsurkunde mit dem Ortsnamen „Prihsna aus. Damit ist Brixen die älteste Stadt ganz Tirols. Brixen wurde 992 Bischofssitz. Seit 1027 wurden Ländereien übertragen; die Fürstbischöfe blieben bis 1803 Reichsfürsten. 47

Die Hofburg der einstigen Fürstbischöfe (auf dem Plan das Karree unten links), die Klöster der Klarissen und Kapuziner und zwei Laubengassen (im Plan links von unten nach oben und in der Mitte von links nach rechts, Foto links) bilden die Altstadt. Das Herz ist der Dom von Brixen mit seinem angrenzenden Kreuzgang (rechts vom Domplatz).

Vom romanischen Dom wissen wir nur aus Urkunden. Erhalten ist aber der Kreuzgang, der auf das 10. Jh. zurück geht. Der Innenhof umschließt ein Quadrat von 20 m Seitenlänge. Um 1200 wurden die marmornen Doppelsäulchen auf zierlichen Basen mit schönen Blatt- und Knospenkapitellen eingesetzt.
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Wenige Malereien sind noch an den Wänden sichtbar. In gotischer Zeit, dem 14. Jh., wurde der Kreuzgang eingewölbt und damit neue Flächen für die Bemalung mit Fresken gewonnen. Stilistisch lassen sich die Malereien in drei Gruppen fassen: Weicher Stil (1390 - 1440), beginnender Naturalismus und Spätkunst im letzten Drittel des 15. Jh. So blieb der Kreuzgang mit seinen 15 geschmückten Arkaden im Wesentlichen bis heute.

Die ältesten Teile des Domes sind der Nordturm von 1610 und der ihm angeglichene Südturm von 1748. Der barocke Dom wurde 1758 geweiht und trägt den Namen Maria Himmelfahrt, was das Bild am Hauptaltar verdeutlicht. Der einschiffige Innenraum ist über 62 m lang und 21 m breit bei einer Höhe von mehr als 22 m. Die Deckenmalerei zeigt großflächig die Anbetung des Lammes Gottes, das auch im Wappen zu sehen ist. Mit dem Hochaltar gibt es zehn Altäre: den Kassian-Altar (nach einem 304 erstochenen Märtyrer), den Rosenkranz- bzw. Sakraments-Altar, den St.-Anna-Altar, den Salvator-Altar, den Johannes-Nepomuk-Altar, den Allerheiligen-Altar, den Heilig-Kreuz-Altar und den Volksaltar.
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Besondere Beachtung verdient die Madonna mit Kind am rechten Chorpfeiler von um 1520. Hans Leinberger aus Landshut wollte eine bürgerliche Frau darstellen, die durch ihre Gelassenheit besticht und gleichzeitig warme Menschlichkeit ausstrahlt. Zepter und Reif sind Zugeständnisse an die Volksfrömmigkeit, die Maria nicht nur als Mutter, sondern auch als Königin anruft.

An der Südwestecke steht die Johannes-Kapelle aus dem mittleren 10. Jh. Der Innenraum wirkt sehr altertümlich; auf einem Grundriss von etwa 8 m im Quadrat wirkt er mit 11 m sehr hoch. Die romanischen Fresken sind um 1220 entstanden und wurden durch den Einbau des gotischen Gewölbes teilweise verdeckt. Jünger, aus dem frühen 13. Jh., ist die Frauenkirche im Kreuzgang. Die romanischen Fresken sind hier klar gegliedert in Rundbogennischen. 48
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2.21 Dorf Tirol
Durch ein Tal von Schenna getrennt ist das Dorf Tirol (Tirolo) ähnlich groß mit 2.400 Einwohnern, ähnlich hoch und ebenso deutsch. Den Ort prägt das Schloss Tirol, das einst der Sitz der Grafen von Tirol war. Die einstigen Grafen von Vinschgau nannten sich seit etwa 1140 von Tirol und strebten die Macht im „Land der Gebirge" an.
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Mit 700.000 Übernachtungen pro Jahr lebt Dorf Tirol zu 90 % vom Fremdenverkehr. Sehenswert ist auch die Pfarrkirche als Missions- und Taufkirche. Sie wurde im romanischen Stil erbaut, um einen hochgotischen Chor erweitert. Der Taufstein aus weißem Marmor und die Orgel sind bedeutende Ausstattungsstücke. 49

Über das Schloss Tirol lesen Sie im Kapitel 4.3.

Zum Ort gehört ein Wanderwegenetz von 70 km Länge. Wir wollten den Dr.-Tappeiner-Weg gehen, aber dem standen die aus mehreren Urlauben erworbenen Ortskenntnisse des Prof. Matthée entgegen... (Foto: am Steilhang des Obstgartens). Mit leerem Magen erreichten wir auf Umwegen, schließlich unter Nutzung von Linienbussen, den Park von Trautmannsdorf (Foto rechts) im Tal von Meran.
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2.22 Innsbruck
Die Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol liegt im oberen Inntal an der Mündung der Sill, zwischen Karwendelgebirge im Norden und den Tuxer Alpen im Süden. Vier Berge mit Höhen zwischen 2.246 und 2.599 m rahmen die Stadt: Pastscherkofel, Hafelekarspitze, Saile und Brandjoch. Am Berg Isel, der schon vor zwei Jahrhunderten umkämpft war (siehe Kapitel 1.6 und 4.5), wurden die olympischen Winterspiele 1964 und 1976 ausgetragen. Die Handels-, Messe-, Bischofs- und Universitätsstadt zählt rund 115.000 Einwohner. 50
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Die Brücke über den Alpenfluss Inn gab den Namen „Innsprucke" oder „Inspruke" als Kreuzungspunkt im Nordsüdverkehr Europas. Bereits die Römer errichteten im 3. Jh. das Kastell Veldidena, heute Stadtteil Wilten. Im 4. oder 5. Jh. stand hier schon eine dem Hl. Laurentius geweihte Kirche. Das Kloster von um 878 wurde vom Brixener Bischof 1138 den Prämonstratenser-Chorherren übertragen. Das reiche Stift tauschte mit den bayrischen Grafen von Andechs das rechte Ufer zwischen Inn und Sill ein, um hier eine Siedlung planmäßig anzulegen. Eine Wehrmauer mit drei Toren und vier Türmen sowie ein mit dem Innwasser gefüllter Graben schützten die 1187 erstmals genannte Marktsiedlung, die von Herzog Otto von Andechs 1239 das Stadtrecht bestätigt bekam. Nach dessen kinderlosen Tod fiel 1248 Innsbruck an die Grafen von Tirol. 1363 erwarben die Habsburger Tirol, was sich auf die Entwicklung Innsbrucks maßgeblich auswirkte. Herzog Friedrich IV. verlegte die Residenz von Schloss Tirol (siehe Kapitel 3.3) hierher, das seit 1429 Landeshauptstadt ist.
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In Innsbruck feierte Kaiser Maximilian die Hochzeit mit seiner zweiten Frau, Maria Bianca Sforza. Aus diesem Anlass wurde das „Goldene Dachl angebaut (Foto rechts oben). Zum Trost für sein ruheloses Reiseleben ließ Maximilian für seine Gattin die Hofburg großzügig ausbauen. Sein Urenkel Ferdinand II. war ein kunstsinniger Fürst und ließ Schloss Ambras im Stil der Renaissance umbauen, wo er seine Kunst- und Wunderkammer einrichtete. Kaiser Leopold gründete 1669 die Universität. Kaiserin Maria Theresia ließ die Hofburg erweitern und die Triumphpforte bauen. Durch den Bau der Eisenbahnlinie über den Brenner-Pass 1867 und durch den Arlberg 1884 erlebten Verkehr, Industrie und Tourismus einen Aufschwung. Der Zweite Weltkrieg brachte mit zahlreichen Luftangriffen schwere Bombenschäden.

Von der Innbrücke in die Altstadt kommt man an der romantischen Ottoburg vorbei, wo sich die Andechser einst niederließen. Der hohe spätmittelalterliche Wohnturm mit Erkern von 1494 wurde 1460 erstmals erwähnt.

Das Goldene Dachl von Niklas Türing d. Ä. am Neuhof von 1493 - 96 gilt als eines der Meisterwerke europäischer spätmittelalterlicher Profanarchitektur und diente als Hofloge bei Turnieren, Spielen und Festen auf dem Stadtplatz. Die Pfeiler im Erdgeschoss tragen einen breiten Erker mit sechs Wappenreliefs. Darüber rahmen Bannerträger das vierteilige Fenster ein. Den offenen Balkon schmücken kunstvolle Brüstungsreliefs. Das Pultdach decken rund 2.600 feuervergoldete Kupferschindeln.
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An das Alte Rathaus der Bürgerschaft von 1358 wurde der Stadtturm angebaut, der von einer barocken Zwiebelhaube bekrönt wird. Schräg gegenüber vom Goldenen Dachl wurde das spätgotische Helblinghaus 1732 mit einem Rokokostuck verziert und bildet jetzt eines der schönsten Bürgerhäuser Österreichs (Foto oben links). Der hochbarocke Dom St. Jakob mit zwei Türmen und Kuppel überragt das Stadtbild seit 1724. Die reichen Stuckaturen schuf der berühmte Egid Quirin Asam, und die eindrucksvollen Deckengemälde sein ebenso bekannter Bruder Cosmas Damian Asam, von 1722 - 24. Die Hofburg wurde als Ersatz für den sog. Neuen Hof mit dem Goldenen Dachl erbaut und von Baumeister Johann Martin Gumpp d. J. im Barockstil mit immerhin 26 Fensterachsen vereinheitlicht. Der Bauernführer Andreas Hofer zog 1809 eher widerstrebend für drei Monate hier ein. Auf dem Platz davor bäumt sich das Pferd unter dem würdevollen und ruhigen Landesfürsten Leopold V. auf; den Brunnen entwarf Christoph Gumpp.
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Die ab 1553 - 63 im Mischstil von Spätgotik und Renaissance errichtete, den Franziskanern übertragene, Hofkirche zum Hl. Kreuz wirkt eher schmucklos und kostet 4 Euro Eintritt (links). Sie wurde eigens für das Grabmal für Kaiser Maximilian I. gebaut, der jedoch verfügte, in Wiener Neustadt begraben zu werden. Dieser Kenotaph und die ihn umgebenden überlebensgroßen Bronzefiguren der Verwandtschaft und Vorbilder des Kaisers, die 28 „Schwarzen Mander" (Männer, aber acht sind Frauen, im rechten Bild Ferdinand V. von Spanien mit Juana la Loca), stellen das wichtigste Werk deutscher Renaissance-Plastik überhaupt dar. 23 Statuetten auf der Brüstung und 34 Brustbilder an der Empore runden das Bild ab. Für alles zusammen wurden 80 Jahre benötigt, aber noch weit mehr war einst geplant. Außerdem liegt Andreas Hofer in der Hofkirche links vom Eingang begraben (Foto oben links).

Die Wiltener Basilika (rechts im Bild) wurde von 1751 - 55 errichtet und zeigt einen überquellenden Stuck. Sie gilt als schönste Rokokokirche Tirols und ist „Unser Lieben Frau unter den vier Säulen" geweiht. 51 - Wir selbst sahen draußen einer Firmungsfeier zu und betrachteten danach das Gotteshaus zur Lautsprechermusik „From a distance". Das Museum am Berg Isel war wegen Renovierung geschlossen, auch in der Stadt waren wichtige Gebäude in „Generalsanierung". So mussten wir mit Enttäuschung feststellen, dass sich das österreichische Tirol viel schlechter auf das Andreas-Hofer-Jubiläum vorbereitet hatte als das italienische Süd-Tirol. Das Regenwetter trübte zudem unsere Stimmung, die einige von uns beim Mittagessen in einem wirklich tirolschen Lokal mit einheimischen Stammgästen, dem „Weißen Rössl", wieder aufbesserten.

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