2.11 St. Gallen
Der Kanton in der Nordostecke der Schweiz, südlich des Bodensees und westlich des Alpenrheins, wurde erst vor zwei Jahrhunderten Teil der Eidgenossenschaft. Vorher waren Klostergebiet und Landvogteien eigenständig. St. Gallen hatte also einen eigenen Territorialstaat, als Freie Reichsstadt mit ihren „zugewandten Orten".

Die gleichnamige Stadt St. Gallen mit 70.000 Einwohnern geht auf eine Einsiedelei des irischen Missionars Gallus aus dem frühen 7. Jh. zurück. Die Siedlung um das Kloster erlangte 1180 Reichsfreiheit und wurde bis Mitte des 15. Jh. von Bischöfen regiert. Die Bürger verbündeten sich mit den aufständischen Appenzellern, wobei das Verhältnis zwischen Stadt und Kloster in die Brüche ging.
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Die Reformation von 1524 hielt sich nur für acht Jahre. Das Kloster wurde in napoleonischer Zeit aufgelöst. Der Abt flüchtete, wollte aber Kloster und Regime behalten, was schief ging. Ein Abtrünniger wurde weg geschickt und als neuer Abt gewählt, scheiterte aber auf dem Wiener Kongress. 1823 wurde - zunächst gemeinsam mit Chur - ein katholischer Bischofssitz eingerichtet. 31

Obwohl der Ort sich schon früh von der Abtei gelöst hatte, entstanden auch außerhalb der Klosteranlage Baudenkmäler von Rang. Die Bürgerhäuser der schalenförmig gewachsenen Altstadt mit ihren Erkern aus dem 16. bis 18. Jh. erhielten bunte Fassaden und oft Ausleger aus Schmiedeeisen.

Über Stiftskirche und -bibliothek lesen Sie mehr im Kapitel 3.3.
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2.12 Glurns
Das italienisch Glorenza genannte Glurns, wo 97 % deutsch sprechen, in der Provinz Bozen ist eine von acht Städten in Südtirol und die einzige im Vinschgau. Der Name Glurnis, Clurne, Clorno oder Glurens ist vorrömischen oder rätoromanischen Ursprungs und bedeutet so viel wie Hasel- oder Erlenau. 32 Der Ort liegt 920 Meter über dem Meeresspiegel und hat etwa 900 Einwohner. Damit ist Glurns nach Rattenberg die zweitkleinste Stadt der Alpen.
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Glurns wurde 1304 Stadt, die 1499 bei der Schlacht an der Calven niederbrannte. Der Ort hat die einzige vollständig erhaltene Stadtbefestigung Tirols mit Mauern und Toren aus dem 16. Jh. 33 Die Lage an der Grenze von Tirol zur Schweiz machte den Markt mit Salz, Südfrüchten, Wein, Gewürzen und Metall bedeutend und Glurns reich.

Doch nachdem das Eisacktal bei Bozen passierbar wurde, verlagerten sich die Handelsströme. Dreißigjähriger Krieg und mehrere Brände besorgten das Übrige. Heute ist das schmucke Städtchen mit den schattigen Laubengassen, Stadtmauern und -toren Ziel von Tagestouristen. - Wir bestaunten diverse Oldtimer, die hier auf ihrer Rallye eine Rast eingelegt hatten.
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2.13 Schenna
Die aufstrebende Gemeinde mit rund 2.700 Einwohnern ist zu 97 % deutsch besiedelt. Nur der Vollständigkeit halber erwähne ich den italienischen Namen Scena. Der Ortskern auf einer Höhe von 600 m bildet die Mitte, die tiefste Stelle hat 360 m, die höchste mit dem Berg Hirzer 2.781 m. Schenna gehört nur Provinz Bozen und liegt malerisch in süd-östlicher Hanglage, 4 km von Meran. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom lateinischen „scaene", bühnenartiger Aufbau, ab. (Fotos unten: links: Dorfgemeinschaft nach dem Gottesdienst, rechts: Dorfkern von der Burg Schenna bekrönt.)
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Die Martinskirche aus dem 12. Jh. ist das älteste Baudenkmal Schennas. Sie wurde nach karolingischem Maß erbaut, ist zweischiffig mit je einer Rundapsis und zwei zentralen achteckigen Pfeilern. Die Kirche dient heute als Totenkapelle.

Die Alte Pfarrkirche wurde im 12./13. Jh. im romanischen Stil erbaut und im 16. Jh. ganz umgestaltet; seither blieb sie annähernd unverändert. Der barocke Hochaltar mit den Heiligen Franz Xaver und Johann Nepomuk wurde um 1730 geschaffen und 1819 umgestaltet. Außer vier Altären befinden sich noch Skulpturen des Hl. Sebastian (spätgotisch) und des Hl. Johannes des Täufers (spätbarock) in der Kirche. Schöne alte Fresken an den Wänden wurden frei gelegt. Die südöstlich angebaute Johannes-Kapelle zeigt sehr gut erhaltene Fresken aus dem 14. Jh. Die Alte Kirche dient vor allem Andachten und Hochzeiten.

Da die Alte Pfarrkirche zu klein wurde, entstand von 1914 - 31 die Neue Pfarrkirche. Sie ist ebenso der Gottesmutter Maria geweiht und steht neben den beiden älteren, nahe an der Schule, dem Altersherim, Mesnerhaus und Widum.
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Den Altarraum schmücken Statuen der zwölf Apostel. Eindrucksvoll sind die 14 geschnitzten Kreuzwegstationen; die Glasfenster stammen aus Innsbruck. Die neue Orgel von 1993 besteht aus 32 Registern, Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal und hat 2.744 Pfeifen. Im 35 m hohen Turm (Foto rechts) hängen sieben Glocken.

Hinter den Kirchen ragt auf einer künstlichen Terrasse das Mausoleum für Erzherzog Johann und seine Gemahlin auf (links). Es wurde 1860 - 69 als einer der frühesten und zweifellos gelungensten Sakralbauten im neugotischen Stil in Kontinentaleuropa aus rotem Sandstein und Granit erbaut. In der unterirdischen Gruftkapelle stehen unter schweren Kreuzrippengewölben die marmornen Sarkophage. 34 Auch Johanns Sohn, Graf Franz von Meran, und dessen Frau Theresa fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

Mehr zum Schloss Schenna lesen Sie in Kapitel 4.2.
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2.14 Meran
Die Stadt Meran, italienisch Merano, liegt auf etwa 300 Höhenmetern an der Mündung der Passer in die Etsch. Das auch im Winter milde Klima machte seit dem 19. Jh. die Kurstadt beliebt vor allem in Frühjahr und Herbst mit rund 300 Sonnentagen. In der Römerzeit stand hier das Castrum Maiense. Als Mairanum oder Mairania bereits 857 erstmals erwähnt bekam Meran 1317 Stadtrecht und war bis 1420 die Hauptstadt der Grafschaft Tirol. Anders als Bozen entging Meran weitgehend der Assimilierungspolitik des faschistischen Regimes. Die weiter wachsende zweitgrößte Stadt Südtirols zählt inzwischen rund 37.000 Einwohner, je zur Hälfte Deutsch und Italienisch sprechend.
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Die Altstadt wird von malerischen Gassen und Laubengängen aus dem 16. bis 18. Jh. geprägt. Die gotische Pfarrkirche St. Nikolaus, erbaut von 1302 bis 1480, sticht mit ihrem markanten Glockenturm aus dem Stadtbild hervor. Die Steinplastik des Heiligen von 1350 steht vor der Südwand; die Turmvorhalle zieren Fresken um 1417. Bedeutende Baudenkmale sind auch die Spitalkirche und die landesfürstliche Burg aus dem 15. Jh. 35
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Vor dem Bahnhof steht das Standbild für Andreas Hofer auf hohem Sockel (Foto auf der Seite des Inhaltsverzeichnisses.) Bescheidener tritt dagegen Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi, im Kurpark auf.
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Zum Stadtgebiet gehört auch der botanische Garten Trautmannsdorf, der nach eigener Werbung schönste Garten Italiens und sechstschönste Europas. Im Schloss Trautmannsdorf ist eine eigentümliche Ausstellung zum Thema „Reisen" untergebracht, nur wenige Prunkräume sind wie zu Sisis Zeiten ausgestattet, der Rest ultramodern. Kaiserin Elisabeth wohnte hier 1870 rund sieben Monate, ihr Gatte Kaiser Franz Joseph etwas kürzer.

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