4.3 Plauen
Zugegeben, auch Plauen liegt nicht an der Saale, sondern an deren Nebenfluss Weiße Elster. Die Höhenunterschiede sind beträchtlich: zwischen 325 und 535 m über dem Meer. Die Stadt ist mit rund 70.000 Bewohnern es waren schon bis zu 128.000 kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des sächsischen Vogtlandes vor der Grenze nach Böhmen. Bekannt ist sie durch die Fabrikation von Textilien, vor allem der Spitze.
Bildname
Bildname
Unter dem Namen "Plawe" wurde eine slawische Siedlung bereits 1122 genannt. Die Stadt mit Rechten von 1224 wurde bereits zwei Jahrzehnte später um ihre Neustadt erweitert. 14  Zweimal hat die Stadt schwer gelitten: Im Hussitenkrieg brannten "durch Büchsenschuss" 80 - 85 % ab. Ähnliche Zerstörung mit rund 75 % brachten Bomben im 2. Weltkrieg, wie uns die Stadtführerin Helga Seiler berichtete.
Bildname
Das Stadtbild hat sich bis heute davon nicht erholt, überall klaffen Lücken (Foto links mit Rasenfläche) neben prächtigen Fassaden von der Spätgotik bis zur Gründerzeit. Ein befreundeter Mitreisender erzählte, in der Straße seines Großvaters seien drei Häuser völlig zerbombt, seines sei davon das dritte.

Nahe dem langen, leicht geneigten Klostermarkt steht frei die evangelische Stadtkirche St. Johannis (unten und oben "in der Plauener Spitze").

Vogt Heinrich IV. übereignete das Kirchenareal an den Deutschen Ritterorden 1224. Von der einstigen Basilika ist nur der Grundriss erhalten.

Das prächtige Sternengewölbe von 1548 wird von vier mächtigen Stützen getragen. Auch 1635 kam es zu schweren Brandschäden an der Kirche, von damals stammen die barocken Turmhauben. Nach Kriegsschäden bis 1959 wieder hergestellt erhielt die Kirche einen Schnitzaltar von 1510 aus Neustädtel, die Taufe von 1530 aus Miltitz und eine barocke Kanzel von 1710 aus Görlitz. 15
Bildname
Bildname
Neben der Johanniskirche erstreckt sich das erst vor Kurzem mit einem neuen Dach versehene Haus der Kommende des Deutschen Ordens. Von dort konnten wir Treppen hinunter steigen zum Mühlgraben mit herrlichen bunten Blumengärten. Tuch- und Schleiermacher bevorzugten das weiche Wasser. Überraschend steht hier das Weißbachsche Haus, ein drei- bis viergeschossiger Fabrikbau, der seit 1775 im Barockstil als Plauener Kattundruckerei errichtet wurde. Die letzten Fabrikbesitzer waren drei Söhne, die in den Westen "rüber machten", nur die Mutter blieb in der DDR. Bund, Freistaat und Deutsche Stiftung Denkmalschutz mühen sich, die erbärmliche Fassade wieder zu verschönern, Dächer und Fenster zu erneuern (links).

Etwas oberhalb finden wir das Malzhaus. Es wurde ab 1727 auf den Resten einer Burg errichtet. Seit 1775 bis etwa 1930 war das Darren von Malz den Bürgern nur noch hier gestattet. Nachdem 1951 die Wasserentnahme verboten wurde, blieb das Gebäude als Lagerhaus in Betrieb. 1973 etablierte sich hier ein Jugendklub, der aber ein Jahrzehnt später "wegen Baufälligkeit" des Gebäudes geschlossen wurde. Zur Wendezeit gründete sich ein Kulturverein, danach sanierte die Stadt Plauen das Bauwerk grundlegend. 16 Heute finden hier oft Konzerte namhafter Popkünstler statt.
Bildname
Am Markt erfreut die schmucke Renaissance-Fassade des Alten Rathauses das vom geschundenen Stadtbild getrübte Auge. Das lang gestreckte Bauwerk steht hier bereits ein halbes Jahrtausend und wurde nach den Kriegsschäden wieder errichtet. Die große Kunstuhr von 1548 ist zur Zeit in Reparatur und gegen ein Fotoplakat ausgetauscht. Auch das mit einem wuchtigen Turm versehene Neue Rathaus hinter dem Alten kann sich sehen lassen (links).

Das in einem leichten Bogen fünfgeschossig erbaute ehemalige Kaufhaus Tietz steht jetzt leer - Schuld daran ist nach Aussage der Stadtführerin auch die neue Ladenpassage am Schluss des Klostermarktes. Jetzt soll das Landratsamt ins Kaufhaus einziehen. Nahe der alten Sparkasse im Gründerzeitstil, mit seiner für den Spargedanken werbenden Hamsterfigur daneben, ist im Boden eine Bronzeplatte eingelassen: "Wir sind das Volk. 7. Okt. 1989" steht darauf.
Bildname
In drei Patrizierhäuser vom Ende des 18. Jh. ist das Vogtlandmuseum eingezogen. Vom hochmittelalterlichen Bischofskasel über das Napoleonzimmer hin zu allerlei Volkskunst findet sich hier so gut wie alles. Mir gefielen besonders die schmucken Trachtenpuppen (links) und das alte Kinderspielzeug.

Nicht versackt sind wir im Gasthaus "Matsch", auch nicht Goethe, denn wie auf der Plakette an der Wand steht, kehrte er "während seiner Reise nach Karlsbad am 3. Juli 1795 ... nicht ein." Matsch soll übrigens von Maische abgeleitet sein.

4.4 Orlamünde
Als eine der kleinsten Städte Thüringens zwischen Jena und Rudolstadt hat Orlamünde nur gut 1.200 Einwohner. Sie liegt wie der Name schon sagt am rechten Zufluss des Flüsschens Orla in die Saale. Mit nur 1,4 m³/s bringt die Orla mit am wenigsten Wasser in die Saale ein. Die Oberstadt erstreckt sich schmal und lang auf einem steilen Bergkamm, fast 100 m über der Saale. Mehr als zehn Vereine sprechen für eine starke Gemeinschaft.
Bildname

Orlamünde war Grenzburg zum Slawengebiet und Stammsitz der gleichnamigen Grafen. Deren Burg stammte aus dem 11. Jh., wurde aber bereits im 15. Jh. aufgegeben. Heute existiert nur noch ein hoch aufragendes, fast fensterloses Gebäude: die Kemmenate, auch Kemenate. Als romanischer Palas soll der Bau 25 m lang, 11 m breit und 20 m hoch sein. 17  Die Burg im Besitz des Grafen Otto von Weimar wurde bereits 1067 bezeugt. Der Urenkel Hermann nannte sich nun Graf von Orlamünde.
Bildname

Auch für uns Norddeutsche hat ein Graf Geschichte geschrieben: Albrecht von Orlamünde war Schwiegersohn des Dänenkönigs. Nachdem die Dänen 1201 den Raum nördlich der Elbe erobert hatten, residierte Albrecht als Herzog von Nordalbingien in Lauenburg. 1227 besiegte eine Koalition norddeutscher Fürsten unter Graf Adolf IV. von Schauenburg den für den dänischen König Waldemar II. kämpfenden Herzog Albrecht in der Schlacht bei Bornhöved. Man vermutet, dass auf Albrecht die Gründung der Wasserburg Bergedorf zurück geht. Er gilt auch als Gründer des Klosters Reinbek, einst an der Bille. 18

Nachdem die Burg in Weimar zerstört war, stieg Orlamünde zum Hauptsitz auf. Die Grafen von Orlamünde-Weimar wurden sogar zeitweilig zum stärksten Herrschergeschlecht in Thüringen, bis dies in mehrere Linien zerfiel. 1344 überschuldet gab es etliche Besitzerwechsel. Die Kemenate wurde von der Stadt erhalten als Lager und Getreidespeicher. 1978 wurden die unteren Etagen ausgebaut und hier ein Jugendklub eingerichtet. Heute werden hier ein kleines Heimatmuseum zeitweise geöffnet und Burgfestspiele veranstaltet. 19  - Wir genossen den weiten Ausblick über die Saale nach Westen in der frühen Morgenstunde.

zurück   Übersicht   weiter