Gedanken eines Touristen | |||||||
Schutzpatron der Reisenden, sieh herab auf uns, Deine demütigen und gehorsamen Touristen, die dazu verdammt sind, auf dieser Erde zu reisen, zu fotografieren, Postkarten abzuschicken, Andenken zu kaufen und in pflegeleichter Unterwäsche herumzulaufen. Wir bitten Dich, sorge dafür, dass unser Flugzeug nicht entführt wird, unsere Koffer nicht verloren gehen und das Übergewicht unseres Gepäcks nicht bemerkt wird. Beschütze uns vor schroffen, skrupellosen Taxifahrern, habgierigen Portiers und vor Reiseleitern ohne Lizenz. Wir hoffen, dass die Telefone funktionieren und die Vermittlung unsere Sprache spricht und dass keine Post von unseren Kindern auf uns warte, die uns zwingen würde, nach Hause zu fliegen. Führe uns in gute aber preiswerte Restaurants, wo das Essen vorzüglich, die Kellner freundlich und der Wein im Preis inbegriffen sind. Gib uns die Weisheit, angemessene Trinkgelder zu geben in Währungen, die wir nicht verstehen. Vergib uns, wenn wir zu wenig geben aus Unwissenheit und zu viel aus Furcht. Lass die Einheimischen uns lieben für das, was wir sind und nicht für das, was wir ihren weltlichen Gütern hinzufügen können. Gib uns die Kraft, Museen, Kathedralen und Schlösser zu besuchen, die in den Reiseführern als ein "Muss" eingetragen sind. Und wenn wir vielleicht einmal ein historisches Denkmal versäumen, um nach dem Mittagessen ein wenig zu schlafen, habe Gnade, denn unser Fleisch ist schwach. Für Ehemänner: Halte unsere Frauen fern von Einkaufsbummeln und bewahre sie vor günstigen Gelegenheiten, die sie weder brauchen noch sich leisten können. Führe sie nicht in Versuchung, denn sie wissen nicht, was sie tun. Für Ehefrauen: Lass unsere Männer nicht nach ausländischen Frauen sehen und sie mit uns vergleichen. Rette sie davor, sich in Cafés und Nachtclubs aufzuspielen. Vor allem, vergib ihnen nicht ihre Schuld; denn sie wissen genau, was sie tun. Für alle: Und wenn unsere Reise zu Ende geht und wir zu unseren Lieben zurückkehren, gib uns die Gunst, jemanden zu finden, der unsere Dias und Filme anschaut und unseren Erzählungen zuhört, damit unser Leben als Tourist nicht umsonst gewesen ist. (von Nahi, Reiseleiter in Marokko, Oktober 1999) | |||||||