3 Die Römerstätten
3.1 Mithras-Grotte am Halberg
In dieser Höhle wurde in römischer Zeit der Kult des Mithras zelebriert. Im Mittelalter diente sie als Wallfahrtsklause. Hier soll Bischof Arnualdus das Christentum gepredigt haben. Unterhalb des Gewölbes befindet sich eine Inschrift. Sie stammt aus dem 19. Jh., als die Familie Stumm den Halberg bewohnte. Der Text spricht von heidnischen Priestern und dem legendären Missionar Arnualdus. 34

Mithra ist der Name eines Gottes, der seit 1000 v. Chr. im Iran verehrte wurde. Er galt dem Recht und der Ordnung. Im Römischen Reich war er als mit der Sonne verbundener Erlöser bedeutsam, insbes. bei den Legionären, weshalb Heiligtümer in Garnisonsorten zu finden sind. Im Mittelpunkt des Mysterienkults, von dem Frauen ausgeschlossen waren, stand die Tötung eines Stiers. Der Mithraskult kennt sogar eine Taufe und eine Art Abendmahl. 35

Mithräen waren meistens unterirdisch angelegt bzw. in Felsen gehauen, so auch am Hang des Halberges oberhalb von Saarbrücken. Eine kleine Grotte genügte, denn maximal 80 Gläubige kamen zum Kult. In der Apsis stand ein Altar, über dem meist ein Steinrelief mit der Tötungsszene angebracht war, das hier am Halberg wie die Säulen neuzeitlich nachgebildet wurde. Nachgewiesen sind etwa 1.000 Mithräen. Mit der Ausbreitung des Christentums wurden um 400 auf kaiserliche Anordnung alle Mithras-Tempel wie die übrigen Heidenstätten zerstört.

Ein rekonstruiertes Mithräum steht im guten Museum in Metz, ein anderes offen in Riegel am Kaiserstuhl. 36
Bildname
Bildname
3.2 Schwarzenacker
Hier kreuzten sich die Fernstraßen Metz Worms und Trier Straßburg. Das Siedlungsgebiet war rund 25 ha groß, an dieser Etappenstätte konnten rund 2.500 Menschen wohnen. Eine Tagesstrecke maß nur 25 30 km, so dass in diesen Abständen übernachtet wurde. Der römische Name ist nicht bekannt, dennoch war dieser Vicus von der Zeit ab Christi Geburt bis 275 bedeutsam, als die Alemannen ihn zerstörten. Im Mittelalter ab 1172 befand sich auf dem Gegenufer der Blies in Wörschweiler ein Zisterzienserkloster. Nur 30 40 cm unter der Oberfläche wurden von den Mönchen beim Pflügen die Grundmauern entdeckt römische. Gefundene Steinblöcke wurden alle wieder verbaut. Die Erde war vom Brand der Römersiedlung noch geschwärzt daher der heutige Name. Als die Mönche Schlangen vertreiben wollten, ist ihr Kloster abgebrannt.

An der Straße steht das sog. Edelhaus, eine zweistöckige barocke Villa mit Mansarddach. Bei ihrem Bau Anfang des 18. Jh. stieß man auf ein römisches Sitzbad. Hier ist der Eingang des Museums, im Obergeschoss werden Fundstücke der Römerzeit ausgestellt, die wir aber trotz Regens wegen der knappen Zeit nicht anschauten. Uns führte über das Außengelände Frau Lehmann, die uns von Unterstand zu Unterstand lotste.

Nachgebildet aus Stein wurde eine 1922 frei gespülte Statue eines Jupiter-Giganten, die farbig bemalt wurde (oben links). Gefunden wurde 1980 auch ein Bronzegebilde in der Größe eines Tennisballs, ein Pentagon-Dodekaeder, also ein Gebilde aus Fünfecken, und zwar zwölf solcher Flächen. Eine starke Vergrößerung (rechts) wurde hier an prominenter Stelle auf einem Sockel über dem Barockgarten aufgestellt.  

Auf dem Ausgrabungsgelände wurden rekonstruiert: das Haus des Augenarztes, das Säulenkellerhaus, eine Taberna und eine Straßenfassade mit Reihenhäusern (rechts). Die Reihenhäuser sind meist zweistöckig, zum Obergeschoss führt eine Außentreppe. Im Hof liegen Backöfen und Vorratslager. Vor der Straßenkreuzung lag eine Bäckerei, Teile zweier Backöfen wurden gefunden.
Bildname

Das Haus des Augenarztes ist so benannt nach einem Tontafelstempel, der darin gefunden wurde. Im Empfangszimmer, dem Triclinium, wurde die Fußbodenheizug teilweise rekonstruiert; zwischen den Hypocausten wurde ein Hundeskelett entdeckt. Die jetzt wieder aufgerichteten Wände wurden im Stil der Zeit bemalt und im Raum Korbsessel und -sofa aufgestellt. 37

Der geräumige Keller eines Handelshauses wird von fünf Säulen gestützt, von denen zwei mit Rundtischen erweitert wurden, sehr eindrucksvoll, weshalb das Gebäude Säulenkellerhaus genannt wird. Das Erdgeschoss war in Fachwerk errichtet, die Putzschicht im Saal natürlich bemalt.
Bildname
Bildname
Der Wirt der Taberna soll Capitolinus geheißen haben. Das Gasthaus war in Schank- und Gastraum unterteilt; eine Tür führte auf den Portikus zum Augenarzthaus, die andere zur Straßenkreuzung. Gegenüber stand eine große Herberge.

Rekonstruiert wurde ebenfalls der Merkur-Tempel. Außen besteht ringsum ein mit Ziegeln überdachter Umgang. 38 Der einzige geflügelte Gott Merkur war übrigens der Gott der Kaufleute, aber auch der Diebe.

3.3 Reinheim
Das Dorf an der Blies mit rund 1.100 Einwohnern ist bekannt geworden durch zwei Ausgrabungen: das Hügelgrab einer Keltenfürstin aus der frühen La-Tène-Zeit und die Fundamente einer römischen Villa. Beide gehören jetzt mit der teilweise rekonstruierten römischen Kleinstadt (dem Vicus Bliesbruck) zum Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim, auf beiden Seiten der deutsch-französischen Grenze. 39 - Wir besuchten nur den deutschen Teil.
Bildname
Bildname
Zu sehen war vor der Ausgrabung 1954 nur eine Bodenwelle von etwa 2 m Höhe, die Katzenbuckel genannt wurde. Das Fürstinnen-Grab aus dem 4. Jh. vor Christi wurde 1999 in einem der drei 4,60 m hoch wieder aufgeschütteten Hügel nachgebaut. Die Kammer besteht aus Eichenbalken, darin liegt eine Frauenfigur auf dem Rücken. Da der Griff eines Bronzespiegels (ganz vorn im Bild) gefunden wurde, wurde auf eine bestattete Frau geschlossen (sonst hätte man wohl ein Schwert gefunden?). Knochen hatten sich nicht erhalten.

Die kostbaren Grabbeigaben zeugen von der hohen sozialen Stellung und dem Reichtum der Verstorbenen. Einige Nachbildungen der Fundstücke wie Hals- und Armschmuck sowie Gewandfibeln werden im Dämmerlicht ausgestellt, die Originale lagern ja im Museum in Saarbrücken (wie der Halsring, ein Torque, siehe Kapitel 2.1.3). Spektakulärster Fund war eine 51 cm hohe Kanne aus Bronze, deren Henkelgriff den Weingott darstellt, während der Deckelgriff ein Pferd mit bärtigem Männerkopf nachbildet. 40 Im Eingangsraum wird übrigens ein (Amateur-)Videofilm vorwiegend mit Studenten-Interviews gezeigt, den wir nach dem Grabmuseum ansahen. Vorbild für die Fürstin-Figur war demnach die auch gefilmte Frau Tina Stein, die sich aber nicht mit der Adligen identifiziert.

Die Römervilla wird seit 1987 ausgegraben. Allein der Hof ist 300 m lang und 135 m breit, das Hauptgebäude auf dem sog. Heidenhübel 80 x 62 m. 41 Mit 7 ha Fläche gehört diese Villa zu den größten in Südwestdeutschland und Nordfrankreich.
Bildname

3.4 Borg
Der zur Stadt Perl gehörende Ortsteil Borg hat auch ein archäologisches Freilichtmuseum, das aus einer frei gelegten und nachgebauten Villa rustica besteht. Die Ausgrabungen begannen 1987, 1994 wurde beschlossen, die gesamte Anlage zu rekonstruieren. Die Drei-Flügel-Anlage breitet sich auf 7,5 ha aus. Taverne und Villenbad wurden zuerst fertig, das Herrenhaus zwei Jahre darauf, wieder zwei Jahre später auch der Wohn- und Wirtschaftsbereich. Auch das Torhaus steht wieder. 42 Wir verweilten hier nur eine halbe Stunde.
Bildname

3.5 Nennig
Zweifellos ein besonders sehenswertes Mosaik ist unter dem Schutzbau aus dem 19. Jh. erhalten: das der römischen Villa in Nennig, einem Ortsteil mit 1.100 Einwohnern von Perl. Der Eingang liegt in der Dorfstraße etwas versteckt, doch gegenüber ist ein Busparkplatz.

Das einst zweistöckige Herrenhaus mit 45 m langer Fassade war von dreigeschossigen Risaliten flankiert und hatte an beiden Seiten Säulengänge. Wohn- und Arbeitsräume waren durch einen Peristylhof mit einem Brunnen in der Mitte getrennt. Außerhalb, mit einem 250 m langen Wandelgang mit Statuen verbunden, lagen die Bäder. 43

Die Römervilla wurde 1852 entdeckt. Sie gliedert sich in einen Wohnbereich (Pars urbana) und einen Wirtschaftsbereich (Pars rustica). Das herrschaftliche Wohnhaus maß 140 m Breite mit einer Portikus-Fassade. 44 Das rund 160 m² große Mosaik (15,65 m x 10,30 m) ist von beeindruckendem Realismus und gilt als das größte, schönste und besterhaltenste 45 nördlich der Alpen. Um ein Wasserbecken sind sechs Achtecke und ein Rechteck dargestellt, welche Szenen aus der römischen Kampfarena darstellen.
Bildname
Am größten ist das quadratische Gladiatoren-Bild: Der Kampf Mann gegen Mann bildete Höhepunkt und Abschluss der Kampfspiele. Der Netzkämpfer links ist mit einem Dreizack bewaffnet und nur mit einem Lendenschurz bekleidet, sein Gegner mit Helm und Schild geschützt. Sechs weitere achteckige Bilder veranschaulichen Szenen aus der Welt des Amphitheaters (im Uhrzeigersinn): Ein Tiger, der einen Wildesel zu Boden drückt; zwei scherzhafte Kämpfer mit Stock und Peitsche; zwei Musikanten, davon ein Wasserorgel-Spieler hinter seinem Instrument und ein Hornbläser; ein Speerwerfer neben einem getroffenen Panther; ein (zahmer) Löwe vor einem alternden Sklaven; genau in der Mitte ein Bärenkampf, in welchem ein Mann unter dem Bären auf dem Boden liegt und die beiden anderen Männer ihn mit Peitschen traktieren. Oberhalb der Mitte befindet sich ein ebenfalls achteckig mit Marmor eingefasster Springbrunnen. 46

Eher störend, aber für die Schülergruppen wohl ansprechend, fanden wir die Video-Vorführung direkt an einer Leinwand über dem Fußboden, wozu auch noch die Anstrahlung der Medaillons abgeschaltet wurde. Uns zu Gute kam das wolkige Wetter, so dass keine Schlagschatten beim Fotografieren störten.

3.6 Limes
Quasi eine Zugabe auf der Rückfahrt sollte der Ausstieg am Rastplatz „Limes" in der Wetterau sein. Dem Limes galt die Exkursion 2001 (die einzige, an der ich nicht teilnehmen konnte). Der Limes auf deutschen Boden ist gem. Dr. Budesheim die zweitlängste Lineargrenze nach der Chinesischen Mauer, er ist etwa 600 km lang. Wir stiegen aus, gingen einen Asphaltweg hinunter, über eine Wiese und auf einer Asphaltstraße quasi u-förmig zurück bis zum Waldrand. Hier, im dichten Bewuchs, sind Wälle und Gräben noch schwach erkennbar.

zurück   Übersicht   weiter