2.11 Luxemburg
Ein Großherzogtum und eine Stadt tragen diesen Namen, der auf Französisch Luxembourg und im eigenen Dialekt Lëtzebuerg heißt. Da wir auf unserer Reise nur die Stadt besucht haben, beschreibe ich hier nur sie.

Hier, über dem Zusammenfluss von Alzette und Pétrusse, stand bereits ein keltisches Oppidum, danach eine Römersiedlung. Im 5. Jh. drängten die Franken die Römer zurück. Die Gründungssage handelt von der Nixe Melusina, die Graf Siegfried veranlasste, hier auf dem Bockfelsen zu bauen.
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Beim fränkischen Hof Lucilinburhuc wurde nach 963 die Lützelburg erbaut, was schlicht „kleine Burg" bedeutet. Unterhalb, in der Schlucht des Flüsschens Alzette (der Name ist von Eisen abgeleitet), bildete sich eine Handwerkersiedlung. Oben um die Nikolauskirche entstand ein Marktviertel, das Ende des 12. Jh. mit einer Ringmauer umschlossen wurde. Dieser Stammsitz des Hauses Luxemburg wurde 1244 Stadt. Ein Jahrhundert später wurde die große mittelalterliche Ringmauer errichtet, die bis ins 19. Jh. die Stadt absicherte.

Die Burgunder, Spanier, Österreicher und Franzosen verstärkten die Burganlage immer mehr zur Festung. Auch Vauban wirkte mit, Luxemburg zu einer der stärksten Festungen Europas auszubauen. Doch nach sieben Monaten Belagerung ergab sich die Stadt 1795 den französischen Revolutionstruppen. Preußen besetzte sie 1815. Die nun deutsche Bundesfestung wurde von 1867 - 83 großteils geschleift, soweit nicht auf den Kasematten Häuser standen. Von den einst 23 km unterirdischen Gängen sind noch 16 km zugänglich - nur mit Führung. Die Gänge tragen übrigens die gleichen Namen wie die Straßen über ihnen. Die Festungsreste wurden 1994 in die Liste des Welterbes der UNESCO eingetragen.
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Die Altstadt mutet noch etwas mittelalterlich an. Was uns staunen lässt: Zwei Drittel der Bewohner sind Ausländer, die eine sehr kosmopolitische Atmosphäre schaffen (Paris 14,5 %, Berlin 13,4 %). Die meisten stammen aus traditionell katholischen Ländern wie Portugal, Frankreich, Italien, Belgien und Deutschland. Die Lebensqualität ist hier sehr hoch, sie belegt in einem Index Platz 19 von 420. Trotz ihrer noch bescheidenen Größe liegt diese Stadt in der gleichen Kategorie wie Berlin, Barcelona oder San Francisco.

Geschäftssprache ist seit dem Ersten Weltkrieg vor allem das zuerst von den Burgendern mitgebrachte Französisch, es wird zu über 80 % gesprochen. Lëtzebuergerisch, ein moselfränkischer Dialekt, wird ähnlich wie bei uns Plattdeutsch nur in Familie und Freundeskreis gesprochen. Erst seit zehn Jahren sind Umgangs- und Geschäftssprache gleichberechtigt, zum Erwerb der Staatsbürgerschaft müssen sogar Kenntnisse in Lëtzebuergerisch nachgewiesen werden. Kinder lernen jetzt zuerst diese Sprache, auch solche von Migranten. Alle amtlichen Formulare sind übrigens in Französisch, Portugiesisch und Deutsch.
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Mit rund 94.000 Einwohnern ist Luxemburg nach unseren Maßstäben nicht einmal eine Großstadt, doch in ihrem Großraum leben rund 142.000 Menschen. Die Stadt ist Kultur-, Handels- und Finanzzentrum, nebenbei auch Sitz des Großherzogs, der Regierung und einiger europäischer Institutionen wie Sekretariat des Europaparlaments, Europäischer Gerichtshof und Rechnungshof sowie Investitionsbank. Deren Bauten gruppieren sich auf dem Kirchbergplateau und stören das harmonische Stadtbild kaum. Mit London, Zürich, Hongkong und Singapur zählt Luxemburg zu den bedeutendsten Finanzplätzen weltweit. Sie ist nach den USA zweitwichtigster Standort für Investmentfonds. 32

Durch Ober- und Unterstadt führte uns Frau Dorothee Pfaffenholz. Treffpunkt war der zentrale Place de la Constitutition mit Nationaldenkmal direkt an der Talschlucht. Die vergoldete Statue auf dem Denkmal nennen Einheimische „gëlle Fra", „gelbe Frau". Das Mahnmal gilt den Freiwilligen, die während des Ersten Weltkrieges in den Armeen von Belgien und Frankreich gekämpft hatten. Nach dem Abbriss durch die Nationalsozialisten wurde das Denkmal neu errichtet und erinnert nun auch an Luxemburger Soldaten im Zweiten Weltkrieg und im Koreakrieg. 33

Die Kathedrale Notre Dame de Luxembourg - Unserer Lieben Frau - ist eine ehem. Jesuitenkirche, erbaut in der Spätgotik von 1613 - 17. Das Kloster war lange Zeit Sitz der Nationalbibliothek, wie es noch an der Tür steht. Stadtpatronin ist die Muttergottes, die Trösterin der Betrübten. Einen kurzen Besuch statteten wir auch der kleinen St.-Michael-Kirche ab.

Die meisten Christen sind wieder katholisch, vorher waren sie überwiegend protestantisch. Nur noch eine Kirche und ein Kloster sind protestantisch, was einst die Personalunion mit den Niederlanden verlangte.

Das Großherzogliche Palais Palais Grand Ducal ist seit 1890 hier untergebracht. Vorher diente es mit seiner Renaissance-Fassade für fünf Jahrhunderte als Rathaus. Die ältesten Teile der Anlage stammen noch aus dem 13. Jh. Hier tagt seit 1856 auch die Abgeordnetenkammer. Ist der Großherzog anwesend, wird die Nationalflagge gehisst und die Palastwache verdoppelt von einem auf zwei Wächter am Haupttor.
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Von den Plätzen ist einer der beliebtesten der Knuedler. Dies ist abgeleitet von Knoten und meint die Franziskaner-Mönche, die hier einst ein Kloster hatten. Das Reiterdenkmal hier stellt Wilhelm (Guillaume) II. dar (links). Beliebt ist auch der Paradeplatz (Place dArmes) am Stadtpalais.

Über das Petrusse-Tal spannt sich in 45 m Höhe die Passerelle genannte Brücke aus 24 Bögen mit Spannweiten von acht bis 15 m auf einer Länge von 290 m. Nur einen großen Bogen hat die Ponte Adolphe; sie entstand ab 1900 als damals größte Steinbrücke der Welt. Ihre Spannweite ist 85 m.

Hinter dem Tal, erkennbar am hohen Rundturm, liegt die Zentrale der „Spuerkeess". Sie erraten schon: der Sparkasse, auch vornehm Banque et Caisse dEpargne de lEtat. In der Kassenhalle befindet sich das Bankmuseum, was ich leider zu spät erfuhr.

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