4 Plätze und Prozession
Die Plaza Mayor war abgesperrt und in lauter kleine Rechtecke aufgeteilt. Aus allen Richtungen strömten durch die Torbögen Menschen in vielerlei Tracht herbei. Wir fanden heraus, dass hier eine Prozession beginnen sollte. Der 9. November hat nicht nur in Deutschland eine alle anderen Tage des Jahres überragende politische Bedeutung - auch die Madrileños begehen diesen Tag im Namen ihrer Stadtpatronin, der "Virgen de la Almudena", der Jungfrau von Almudena. Wir beschlossen, uns den Festumzug anzuschauen, denn Museen und viele andere öffentliche Gebäude waren heute geschlossen.
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Bevor die Prozession beginnen sollte, etwa gegen 13 Uhr, wollten wir den Königspalast ansehen, der im Westen der Altstadt von vier Parks eingerahmt über dem hohen Ufer des Flusses Manzanares aufragt. Da wir nicht hinein kamen, stiegen wir die Treppen zu den "Jardines de Sabatini" hinab und betrachteten seltsam flach geköpfte Lebensbäume - und zwei im Wasser eines Bassins tobende Hunde.
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Die Zeit reichte noch, um nach Norden zur "Plaza de España" vorzustoßen, die an den Hochhäusern leicht zu finden ist.
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Hinter einem Wasserbecken ragt das Denkmal für den bekanntesten spanischen Dichter auf: das "Monumento a Cervantes". Der stolze Edelmann Don Quijote hoch zu Ross auf seiner "Rosinante" und neben ihm auf dem Maulesel sein treuer Begleiter Sancho Pansa - wer kennt nicht die vier Jahrhunderte alten Geschichten? Der volle Titel von 1605 lautet übrigens "El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha", also etwa "Der scharfsinnige Edle...". Der Edle trachtet danach, alles Unrecht aus der Welt zu schaffen, während sein Schildknappe und einfacher Bauer den Realismus vertritt.
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Zurück zum Königsschloss, vorbei am "Convento de la Encarnacion", wörtlich dem "Kloster der Fleischwerdung", wo "Wasser lassen verboten - sonst folgt Strafe" an der Wand steht, durchquerten wir die Baumreihe mit den Königsstatuen auf der "Plaza de Oriente".

Nun war es Zeit, sich einen guten Platz in der Menschenmenge zu sichern, welche die Prozession erwartete. Und jetzt marschierten die Gruppen ein, die aus allen Teilen den spanischen Mutterlandes stammten und hier in der Hauptstadt so etwas ähnliches wie "Heimatortgemeinschaften" (der Begriff stammt aus Siebenbürgen) bilden. Am meisten beeindruckten mich die Dudelsack spielenden Gallegos, die Leute aus Galizien, der vitalen sturmerprobten Nordprovinz, in ihren auberginefarbenen Anzügen bzw. Kleidern.
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Der Blick in die Gesichter erinnerte mich an einen Ausspruch des Prof. Matthée, der einmal sagte: "In seinem Innern ist jeder Spanier ein Aristokrat." Und die Gesichter vor allem der älteren Männer aber auch Frauen verriet vor allem Stolz und eine gewisse Unnahbarkeit, während die Kinder in stoischer Ruhe den Erwachsenen brav folgten.
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Endpunkt des Umzuges war die Kathedrale, die "Catedral de Nuestra Señora de la Almudena, südlich dem Platz vor dem Königspalast vorgelagert. Wir wurden in diese große Pilgerkirche eingelassen, trotz der bevorstehenden Prozession. Dieses Gotteshaus wirkt hell und ragt steil im gotischen Stil auf. Doch so ganz passte das Bauwerk nicht in die Zeit der Gotik - und im 13. und 14. Jahrhundert war Madrid noch ein Dorf, denn Königsstadt von Kastilien war bis 1561 noch das stattliche Toledo, eine uralte Stadt der Westgoten.
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Tatsächlich ist die Kathedrale erst Ende des 19. Jh. erbaut - und erst 1993 vom Papst für das Bistum geweiht worden. Wir verweilten eine Zeitlang hier und betrachteten vor allem die Mosaiken und Buntglasfenster.

Nach dem Abschluss der Prozession wandten wir Kathedrale und Königspalast den Rücken zu und durchquerten die "Calle Mayor" bis zur "Puerta del Sol". Dabei begegneten wir zwei bewegungslosen "lebenden Standbildern", wie sie sich auch in anderen europäischen Metropolen sehen lassen. Die Dame mit rotem Haar, engem Oberteil, hochgewehtem Rock und einem rosa Stoffhündchen am Stock faszinierte weniger. Jedoch konnten sich die Damen aus unserer Gruppe vom "Pistolero" gar nicht mehr losreißen. Dieser schwarz gekleidete Cowboy machte seine gymnastischen Verrenkungen nach jedem Einwurf einer Münze in sein Spendenkästchen, na ja.

Hier an der "Puerta del Sol", in einer der vielen Seitenstraßen, mit Blick auf den sternförmigen Platz, hatten wir Gelegenheit, uns zu setzen und ein Getränk einzunehmen. Hier reckt sich übrigens der Bär gegen den Erdbeerbaum, das Wappen der Stadt Madrid.
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Nach Wikipedia, der Enzyklopädie im Internet, verkörpert der Baum den katholischen Klerus und der Bär den Adel, die im Mittelalter das Land um Madrid zwischen sich aufgeteilt hatten. Das "Sonnentor" bildete in der Zeit der Habsburger auf dem Königsthron den östlichen Abschluss der Stadtmauer.

Nach dem spanischen Königshof folgte der englische: "El Corte Inlglés" Doch dieser Palast dient keinem Adel, sondern dem Konsum. Diese Kaufhauskette entspricht in etwa "Karstadt" in Deutschland. Inzwischen war es dunkel geworden - Zeit, für einen Barbesuch.

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