2 Die Geschichte
2.1 Vom Beginn zu den Piasten
Das Gebiet war in vorgeschichtlicher Zeit von Skythen und Kelten besiedelt. Die wandalischen Silingen sollen von etwa 300 v. Chr. bis 350 n. Chr. an der Oder gesiedelt haben. Nach dem Wegzug des Hauptteils in der Völkerwanderung rückten um 500 n. Chr. kleinere westslawische Stämme nach.

Schlesien gehörte ab 880 zum Großmährischen Reich. Mit dessen Zerfall dehnten die böhmischen Premysliden ihre Macht über Schlesien ab 906 aus. Seit Ende des 10. Jh. erweiterten die polnischen Piasten mit Unterstützung Kaiser Ottos II. ihre Macht nach Süden. Kaiser Otto III. ließ Boleslaw I. Chrobry ("der Tapfere") Schlesien christianisieren und im Jahr 1000 das Bistum Breslau gründen. Nach seinem Tod zerfiel die polnische Königsmacht. In Folge polnischer Thronstreitigkeiten griff Kaiser Friedrich I. ein und bildete um 1163 zwei Herzogtümer: Mittel- und Niederschlesien mit Breslau unter Boleslaw I. und Ratibor mit Beuthen und später Oppeln unter Mieszko IV. Von diesen beiden stammen die zahlreichen Linien ab, die im Mittelalter mehrere Teilfürstentümer gründeten.

2.2 Die Mongolenschlacht
Herzog Heinrich der I., der Bärtige, Gemahl von Hedwig (polnisch Jadwiga) von Andechs-Meranien, der später heilig gesprochenen Landespatronin, und dessen Sohn Heinrich II., der Fromme, waren willensstarke und durchsetzungsfähige Persönlichkeiten. Ihr Herrschaftsgebiet konnten sie über weite Teile Polens und der Lausitz ausdehnen. Der Vater hatte weit reichende Pläne und Visionen: Er holte deutsche Siedler - Bauern, Handwerker, Kaufleute, Ritter und Mönche - in das Land, gründete zahlreiche Dörfer und Städte, errichtete Kirchen und Klöster. 11  Auf Heinrich den Frommen geht das heutige schlesische Wappen zurück. Es stellt einen gelb bewehrten schwarzen Adler auf goldenem Grund dar. Auf der Brust trägt er einen weißen Halbmond - meist mit einem Kreuz darauf.
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Am 9. April 1241 verlor Heinrich II. jedoch bei Wahlstatt vor Liegnitz Sieg und Leben. Die Mongolen waren auf ihrem Weg nach Ungarn mit einem Flankenschutz über Krakau nach Schlesien eingedrungen. Die Bürger Breslaus fürchteten die Tataren so sehr, dass sie ihre Häuser selbst in Brand steckten, um die Eindringlinge zum Weiterziehen zu bewegen. Das polnisch-deutsche Ritterheer wurde von den Mongolen besiegt, was im Museum von Liegnitz (Legnickie Pole, Folgeseite Zeichnung der Ritterschlacht, rechts Foto des Scheingrabes im Chor der alten Kirche) gezeigt wird. Die Mongolen zogen sich trotz ihres Sieges aus Mitteleuropa zurück, weil ihr Großkhan gestorben war und ein Nachfolger gewählt werden musste.

In der Geschichtsschreibung wurde diese heldenhafte Abwehr des asiatischen Heidentums und zur Rettung der christlich-abendländischen Kultur verklärt. Der Einfall der mongolischen Heere verwüstete das Land und dezimierte die polnischen Bewohner massiv - um vier Fünftel. Damit war die Neu- und Aufsiedlung im Rahmen der Ostkolonisation möglich geworden.

Herzog Heinrich II., der Fromme, hinterließ drei minderjährige Söhne. Durch Erbstreitigkeiten zerfiel die Macht der schlesischen Piasten. 12  Die Herzogtümer Schlesien und Oppeln teilten sich in bis zu 17 Kleinstaaten. Aus Niederschlesien entstanden ab 1248 die Teilherzogtümer Breslau, Liegnitz, Glogau (zerfiel 1312 in Sagan, Steinau und Oels), Jauer und Schweidnitz. Oberschlesien spaltete sich 1281 in die Herzogtümer Oppeln, Ratibor, Beuthen und Teschen. 13
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2.3 Die böhmische Zeit
Die Herzöge unterstellten sich ab 1327 als Vasallen der Lehnshoheit des böhmischen Königs Johann, eines der sieben Kurfürsten. In vier Verträgen verzichteten die polnischen Könige, zuletzt Kasimir der Große 1335 zu Trentschin, auf Ansprüche der Piasten in Schlesien als Gegenleistung für den Verzicht der böhmischen Könige auf die polnische Krone. 1348 inkorporierte Kaiser Karl IV. Schlesien in das Heilige Römische Reich (oben rechts Foto des Grabsteins Herzog Heinrich IV. von 1350 im Schlesischen Museum Görlitz).

Im 14. und frühen 15. Jh. konnte Schlesien sich in jeder Hinsicht ungestört prächtig weiter entwickeln. Die gegen Katholiken und Deutsche gerichteten Kriege der Hussiten trafen Schlesien besonders hart. Verluste an Menschen, Siedlungen und wirtschaftlicher Niedergang ließen eine Slawisierungswelle folgen. Erst als der ungarische König Matthias Corvinus Mähren, Schlesien und die Lausitz 1469 eroberte, besserte sich die Situation. Nach dessen Tod 1490 wurde Schlesien wieder ein Lehen des Königs von Böhmen. 14

2.4 Die habsburgische Zeit
Nach dem Tod des böhmischen Königs Ludwig II. in der Schlacht bei Mohács 1526 kam die Königswürde an Ferdinand I. und somit an die Dynastie der Habsburger. Bis 1740 waren die österreichischen Habsburger als Könige von Böhmen zugleich Herzöge von Schlesien. Im 16. Jh. wurden die meisten schlesischen Städte protestantisch. Die letzten schlesischen Piasten setzten im 16. Jh. die brandenburgischen Hohenzollern als Erben ein. Darauf gründete der Preußenkönig Friedrich II. seine Ansprüche.

Der Dreißigjährige Krieg verursachte schwere Schäden. Verfolgungen durch die habsburgische Gegenreformation wurden durch Toleranzvereinbarungen beendet. Im Westfälischen Frieden wurden den Evangelischen nur drei Friedenskirchen zugestanden  -in Glogau (1758 abgebrannt), Jauer und Schweidnitz. Im Altranstädter Vertrag erreichte der Schwedenkönig Karl XII. durch Druck sechs Gnadenkirchen; ebenso wurden 128 früher entzogene Kirchen zurück gegeben. Zur gleichen Zeit erlebte Schlesien eine kulturelle Hochblüte in barocker Baukunst, Malerei und Dichtung (rechts: Nautilus-Pokal und Silbergefäße um 1600 im Schlesischen Museum Görlitz).
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2.5 Die drei schlesischen Kriege

Friedrich II. (links im Bild sein Standbild vor dem Berliner Schloss Charlottenburg) galt als intellektueller und aufgeklärter, gleichzeitig aber von politischem Ehrgeiz und unbedingtem Machtstreben getriebener Monarch. Mit Schlesien wollte er "der preußischen Monarchie eine dauernde und ruhmvolle Vergrößerung verschaffen". 15  Formal begründete König Friedrich II. von Preußen seinen Anspruch auf Schlesien mit einer umstrittenen Erbverbrüderung Herzogs Friedrichs II. (t 1547) von Liegnitz, Brieg und Wohlau mit Kurfürst Joachim II. Hektor von Brandenburg im Schwiebuser Vertrag von 1537. 16  Auch Jägerndorf war ein Anspruchsgrund: Es war 1523 von einem Hohenzollern gekauft worden; als dessen Nachkomme sich zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges auf die Seite des "Winterkönigs" stellte, wurde er vom Kaiser seines Ländchens für verlustig erklärt. 17  Der Kaiser in Wien aber hielt diese Fürstentümer "in ungebührlicher Weise" zurück.

Den Anlass gab die Eilnachricht vom unerwarteten Tod von Kaiser Karl VI. von Österreich am 20. Oktober 1740, die den Preußenkönig in Rheinsberg erreichte. Das große Reich war ohne innere Kraft, ein unglücklich geführter Türkenkrieg hatte auch die letzten Hilfsmittel erschöpft. Preußen dagegen strebte in jugendlicher Frische empor, seine Provinzen blühten, der Staat hatte keine Schulden und sogar einen Schatz von 9 Mio. Taler angehäuft. Friedrich schrieb an Voltaire: "Jetzt ist die Zeit da, wo das alte politische System eine gänzliche Änderung erleiden muss." Maria Theresia war Kaiserin geworden, doch auch die Kurfürsten von Bayern und Sachsen trachteten nach diesem Titel. Die "Pragmatische Sanktion" von 1713, mit dem die weibliche Nachfolge im Hause Habsburg ermöglicht wurde, stand auf dem Spiel.

Friedrich verabschiedete seine Offiziere mit den Worten: "Die Sache ist gerecht, und ich vertraue auf mein Glück." Des Königs Armee fand keine feindlichen Armeen vor sich; die schwache Besatzung des Landes reichte nur eben hin, um die wenigen Hauptfestungen zu decken. Seine Truppen marschierten im Dezember 1740 ein, stürmten die eingeschlossene Festung Glogau und besiegten bei Mollwitz nahe Brieg ein österreichisches Heer. Der junge Preußenkönig schloss ein Bündnis mit Frankreich, womit sich der Erste Schlesische Krieg zum Österreichischen Erbfolgekrieg ausweitete. Mit dem preußischen Sieg bei Chotusitz kam nach dem Vorfrieden von Breslau der Berliner Frieden zu Stande. Kaiserin Maria Theresia musste auf Niederschlesien, Teile Oberschlesiens und die Grafschaft Glatz verzichten. 17

Zum Zweiten Schlesischen Krieg kam es, als Friedrich um seine neu erworbenen Gebiete fürchtete und sein Bündnis mit Frankreich erneuerte. Eine Invasion preußischer Truppen in Böhmen misslang allerdings 1744, so dass sie sich nach Schlesien zurück ziehen mussten.

Mitte 1745 war ganz Schlesien von ungarischen Scharen überschwemmt, welche die Verbindungen des preußischen Armeekorps unter Markgraf Karl abschnitten. Die Armeen der Österreicher und Sachsen hatten sich vereinigt und rückten gegen die schlesische Grenze vor. Friedrich zog mit seiner Armee nach Schweidnitz und besetzte vorteilhaft die Strecke zwischen Schweidnitz und Striegau.

Auf dem Galgenberge bei Hohenfriedberg, wo die ganze Ebene vor den Blicken ausgebreitet liegt, hielten die sächsischen und österreichischen Generale Kriegsrat. Friedrichs Truppen waren durch Gebüsche und Erdwälle versteckt. In der Nacht vor dem 4. Juli 1745 ließ Friedrich seine Armee bei Striegau versammeln. Mit Tagesanbruch stelle sie sich in Schlachtordnung. Jetzt kam die österreichische Armee und war von der Gegenwart der Preußen höchst überrascht. Der rechte preußische Flügel warf sich mit Ungestüm gegen die Sachsen und trieb sie in die Flucht, bevor die Österreicher davon genaue Kunde bekamen. Als die Österreicher unter dem Befehl des Prinzen von Lothringen vordrangen, wurden sie mit gleicher Kühnheit empfangen. Keines der preußischen Korps wich, alles drang unaufhaltsam vor, jeder suchte es dem andern an Tapferkeit und Unerschrockenheit zuvor zu tun, und so ward in wenigen Morgenstunden der glänzendste Sieg erfochten. Den höchsten Ruhm erwarb sich das Dragoner-Regiment von Bayreuth unter General Geßler, welches ganz allein 20 feindliche Bataillone in die Flucht trieb, 2.500 Gefangene machte und 66 Fahnen und vier Geschütze erbeutete. - Im Ganzen hatten die Österreicher an 7.000 Gefangene und 4.000 Tote verloren, während sich der preußische Verlust auf 1.800 Mann an Gefangenen und Toten zusammen belief. König Friedrich aber sagte: "Die Welt ruhet nicht sicherer auf den Schultern des Atlas, als Preußen auf einer solchen Armee."

Am 22. September kam in Hannover eine Konvention zwischen Friedrich und dem Könige von England zu Stande, wodurch der letztere jenem aufs Neue den Besitz von Schlesien verbürgte und auch Österreich und Sachsen zum Frieden zu bewegen versprach, während Friedrich sich verpflichtete, die Wahl des Großherzogs Franz von Lothringen, des Mannes von Maria Theresia, zum Kaiser anzuerkennen. Schließlich gelang es den Engländern, im Dezember 1745 einen Frieden zu vermitteln. 19

Der junge Preußenkönig hatte sich die Feinde selbst gemacht: Von der "Herrschaft der Unterröcke" spottete Friedrich über den Einfluss der Mätressen an europäischen Höfen und die Herrscherinnen Maria Theresia von Österreich und Elisabeth von Russland, wie Prof. Matthée gern erzählt. 20

In Folge der zunehmenden Spannungen zwischen Frankreich und England in ihren nordamerikanischen Kolonien kam es zum Umsturz der Bündnisse. Mit Österreich, Russland und Frankreich standen die stärksten Landmächte gegen das junge Preußen. Das kleine Königreich hatte nur Hannover-Großbritannien (das sich auf Hilfsgelder beschränkte), Hessen-Kassel, Braunschweig-Wolfenbüttel und Sachsen-Gotha-Altenburg auf seiner Seite. Friedrich II. sah sich eingekreist und entschloss sich zum Präventivkrieg, dem Dritten Schlesischen oder Siebenjährigen Krieg.

Nach der Besetzung Kursachsens und der Einnahme Dresdens kapitulierte Sachsen im Oktober 1756. Schweden trat der antipreußischen Koalition bei, das Heilige Römische Reich trat offiziell in den Krieg ein. Im April 1757 fiel Friedrich in Böhmen ein, siegte bei Prag, verlor aber bei Kolin und musste Böhmen wieder räumen. Russische Truppen rückten in Ostpreußen ein, schwedische in die Uckermark und Pommern und französische in das verbündete Hannover. Seiner Schwester schrieb Friedrich verzweifelt: "Mich treffen so viele Schläge, dass ich wie betäubt bin."

Friedrich schlug die mit einem französischen Korps anrückende Reichsarmee bei Roßbach in Sachsen. Er besiegte die Russen bei Zorndorf nahe Küstrin.

Doch Anfang Dezember 1757 wendete sich das Blatt. König Friedrich sprach zu seinen Generälen und Stabsoffizieren: "Ihnen, meine Herren, ist es bekannt, dass es dem Prinzen Karl von Lothringen gelungen ist, Schweidnitz zu erobern, den Herzog von Bevern zu schlagen und sich Meister von Breslau zu machen, während ich gezwungen war, den Fortschritten der Franzosen und Reichsvölker Einhalt zu tun... ich würde glauben, nichts getan zu haben, ließe ich die Österreicher in dem Besitz von Schlesien. Lassen Sie es sich also gesagt sein: ich werde gegen alle Regeln der Kunst die beinahe dreimal stärkere Armee des Prinzen Karl angreifen, wo ich sie finde...". Des Königs Armee bestand nur aus 32.000 Mann, während ihm 80.000 bis 90.000 Österreicher gegenüber standen.

Am 4. Dezember rückte die Armee vor. Friedrich erfuhr, dass Neumarkt bereits von österreichischen Husaren und Kroaten besetzt sei. Der Prinz von Lothringen war schon über das Schweidnitzer Wasser vor gerückt. Friedrich dazu: "Der Fuchs ist aus seinem Loche gekrochen, nun will ich auch seinen Übermut bestrafen!" Am Morgen des 5. Dezember erblickte der König die ganze feindliche Schlachtordnung vor sich, die sich in unermesslichen Reihen, über eine Meile lang, seinem Marsche entgegen breitete. Er ließ seine Armee, die zum Teil durch Hügelreihen gedeckt war, im weiten Bogen seitwärts ziehen. Der österreichische Feldmarschall Daun: "Die Leute gehen: man störe sie nicht!"
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Um Mittag war die preußische Armee dem linken feindlichen Flügel in die Flanke gekommen, in die Prinz Karl weniger zuverlässige württembergische und bayrische Hilfsvölker gestellt hatte. Die Preußen empfing aus den Gehöften des Dorfes Leuthen (Foto: Kirche mit Mauer) scharfes Feuer. Hauptmann von Möllendorf sprang auf: "Ein andrer Mann her! Leute, folgt mir!" Die Preußen stießen durch einen versperrten Torweg vor. In den österreichischen Reihen wütete furchtbar preußisches Geschütz, der Kampf währte Stunden lang, bis die preußische Kavallerie eingriff. Die österreichische Armee eilte in wilder Unordnung über das Schweidnitzer Wasser. Da brach die frühe Nacht herein und beendete den Kampf. Ein alter Grenadier stimmte aus tiefer Brust das schöne Lied an:
"Nun danket alle Gott - Mit Herze, Mund und Händen,
Der große Dinge tut - An uns und allen Enden!"

Scharfsinn, Gewandtheit und unerschütterlicher Mut hatten in vier kurzen Stunden gegen die furchtbarste Übermacht einen der glorreichsten Siege, welche die Weltgeschichte kennt, erfochten. Die Österreicher hatten an dem einen Tage 27.000 Mann, 116 Geschütze, 51 Fahnen und 4.000 Wagen verloren, während sich der Verlust der Preußen auf nur 6.000 Mann belief. 21

Schließlich zwang der Preußenkönig den österreichischen Feldmarschall Leopold von Daun zur Aufgabe Sachsens. Friedrich wurde nun "der Große" genannt.

Gegen die vereinigten Österreicher und Russen mit 250.000 Mann konnte Preußen 1759 nur 130.000 Mann aufbieten. Bei Kunersdorf in Ostbrandenburg erlitt er seine schwerste Niederlage und dachte sogar an Selbstmord. Russische Truppen besetzten sogar Berlin. Allein die Uneinigkeit der Gegner verhinderte Preußens Todesstoß.

Das erhoffte Wunder trat ein. Mit dem Tod der Kaiserin Elisabeth von Russland, einer fanatischen Gegnerin Friedrichs, Anfang 1762 trat die entscheidende Wende ein. Ihr in Kiel geborener Nachfolger Zar Peter III. war ein Bewunderer Friedrichs und schloss mit dem Preußenkönig Frieden und einen Bündnisvertrag. Preußische Erfolge über Reichsarmee und Österreicher führten zur Rückeroberung Schlesiens und Sachsens. Großbritannien und Frankreich beendeten den Krieg. Im Februar 1763 wurde zu Hubertusburg Frieden geschlossen, welcher die Vorkriegszustände wieder herstellte. 22

Sieben Jahre Krieg und Entbehrungen waren vorüber. "Wenn ich das Unglück dieses Krieges wieder gutmachte, werde ich zu etwas gut gewesen sein, und damit begnügt sich mein Ehrgeiz", kommentierte Friedrich ernüchtert sein völlig erschöpftes und herunter gewirtschaftetes Land. Preußen wurde zur Großmacht und eröffnete den Dualismus mit Österreich in Deutschland. Die Franzosen spielten in Nordamerika kaum noch eine Rolle, England wurde zur Weltmacht. 23

2.6 Die preußische Zeit
Nach dem Dritten Schlesischen Krieg musste Österreich auch die böhmische Grafschaft Glatz abgeben. Ein kleinerer Teil Schlesiens, etwa ein Siebtel, um Troppau, Jägerndorf, Teschen, Bielitz, Zator und Neiße blieben als Österreichisch-Schlesien bis 1918 Teil der k.u.k. Monarchie. Hier lebten vor einem Jahrhundert etwa eine Dreiviertelmillion Menschen.  24

Das Erstaunlichste, was der "Alte Fritz", Schlesiens Legendenmann Nr. 1, Schlesien brachte, war der wirtschaftliche Aufstieg - und zwar durch die Stiftung einer zentralen schlesischen Verwaltung.
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Der Alte Fritz begründete ebenso die oberschlesische Schwerindustrie wie die allgemeine Bildung in ganz Schlesien (rechts: Guckkastenblatt der Universität Breslau 1750). Er gab Schlesien die religiöse Liberalität. Und er gab Schlesien jene Toleranzidee, durch welche sich Schlesien, als Agrar-, Wirtschafts-, und Kulturland, einen Namen in der ganzen Welt zu machen vermochte. 25

Von 1815 bis 1919 bestand die preußische Provinz Schlesien mit der Hauptstadt Breslau. Dazu gehörte auch die nördliche Oberlausitz um Görlitz. Auf 40.300 Quadratkilometern lebten vor einem Jahrhundert etwa 4,9 Mio. Einwohner. Als Teil Preußens gehörte die Provinz Schlesien bis 1866 zum Deutschen Bund und ab 1871 zum Deutschen Reich. Die Oberschlesier wählten überwiegend die (katholische) Zentrumspartei, die Niederschlesier die "Deutsch Freisinningen", später zunehmend die SPD. 26 Der Steinkohlenbergbau begünstigte eine gewaltige Hüttenindustrie, die der zweiten Basis, preußisch-deutscher Wirtschaftsmacht, dem Ruhrgebiet, an Wichtigkeit kaum nachstand.

2.7 Die Kriegsfolgen
Die Verlierer des Ersten Weltkrieges, das kaiserliche Deutsche Reich und Österreich-Ungarn, mussten ihre Teile Schlesiens ganz oder teilweise abgeben. Mit den 1919 neu gegründeten Staaten Polen und Tschechoslowakei wurde die Provinz in Nieder- und Oberschlesien geteilt. Der Versailler Vertrag sah vor, Oberschlesien Polen zuzusprechen. In der Volksabstimmung sprachen sich fast 60 % für Deutschland aus (Bild: Flugblatt, Schlesisches Museum Görlitz). Es gab deshalb drei Aufstände. Zwischen bewaffneten Formationen polnischer Nationalisten und bewaffneten deutschen Formationen (Polizei, Grenzschutz sowie Freikorps der Schwarzen Reichswehr) kam es zum Konflikt.
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Höhepunkt war der Sturm auf den Annaberg 1921. In Genf einigte man sich auf eine Teilung, bei der von der Fläche 2/3 an Deutschland und 1/3 an Polen fielen. 27  4/5 der Industrie und der Hauptteil der Kohlenlagerstätten kamen an Polen. Die Teilung war deshalb so schwierig, weil die Stadtbevölkerung mehrheitlich deutsch, die Landbewohner aber meist polnisch gestimmt hatte.

Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen im September 1939 wurden die abgetrennten Gebiete vom Deutschen Reich okkupiert. Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg trennte der siegreiche sowjetische Diktator Josef Stalin Schlesien wie alle Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie von Deutschland ab.
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Der größere Teil der damals 4,5 Mio. deutschen Schlesier floh ab Anfang 1945 vor der Roten Armee oder wurde gewaltsam vertrieben. Rund 2 Mio. wurden in der späteren Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, weitere 1,15 Mio. zogen in die spätere Deutsche Demokratische Republik. Rund 700.000 blieben zurück, meist Bergarbeiter und mehrsprachige "Autochthone". Etwa 634.000 Schlesier kamen um oder ihr Schicksal blieb ungeklärt. Kommunistische polnische Stellen konfiszierten das gesamte bewegliche und unbewegliche Eigentum als "verlassenes bzw. herrenloses Gut" von Personen deutscher Nationalität zu Gunsten des polnischen Staates. 2002 lebten laut einer Volkszählung noch 141.000 Deutsche, 1,6 % der heutigen Einwohner, in Schlesien. 28

2.8 Die neue polnische Zeit
In Schlesien wurden Personen aus Zentralpolen und den ehemals ostpolnischen Gebieten angesiedelt. Auch vertriebene Ukrainer sowie Polen aus Bosnien, Rumänien und Frankreich sowie griechische Kommunisten wurden geholt. Die etwa 100.000 polnischen Juden wanderten später meist nach Israel aus.
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Das heutige Schlesien ist in die Woiwodschaften Schlesien (Slaskie), Niederschlesien (Dolnoslaskie) und Oppeln (Opolskie) eingeteilt. Kleine Teile sind an Lebus (Lubuskie), Großpolen (Wielkopolskie) und Kleinpolen (Malopolskie) abgeben worden. Mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag als Ergebnis der Zwei-plus-vier-Verträge zur deutschen Einheit kam der östlich der Neiße liegende Teil Schlesiens endgültig auch völkerrechtlich an die Republik Polen (Foto links: verfallender Stall nahe Schömberg/Chelmsko Slaskie).

Das moderne Schlesien entwickelt sich wirtschaftlich positiv. Bei der Abstimmung zum EU-Beitritt 2004 erwiesen sich die polnischen Schlesier als weitaus pro-europäischer als die Bewohner der altpolnischen Gebiete. Prof. Matthée betonte, Polen sei gesegnet mit sehr tüchtigen, jungen, weltgewandten, seriösen Unternehmern (Foto rechts Vaclav Dzida, Eigentümer des vorzüglich restaurierten Schlosshotel Stonsdorf/Staniszów).

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