Entlang der Mosel in Lothringen
Von der Quelle bis zum Rhein
Mit Dr. Werner Budesheim, Freie Lauenburgische Akademie, Wentorf
Vom 8. bis 15. Juli 2006

1 Fluss und Landschaft
1.1 Die Mosel
An der Passstraße, von Thann nach Épinal, liegt links ein kleiner Platz, an dessen Rand ein Brunnenbecken eingefasst ist. Daran steht "Source de la Moselle" - Quelle der Mosel. Doch als wir im heißen Sommer dort ankamen, quoll kein Tropfen Wasser aus dem Brunnen. Dennoch: Auf der anderen Straßenseite und weiter den Hang aufwärts plätscherte munter Wasser durch Wiesen und an Weidenbäumen vorbei. Die Mosel entspringt also hier oben irgendwo nahe dem dritthöchsten Berg, dem Elsässer Belchen. Die offiziell eingefasste Stelle aber ist ein Trugbrunnen.

Wenn wir zu Hause unser Lexikon aufschlagen, lesen wir, die Mosel sei der längste linke Nebenfluss des Rheins, der durch Frankreich, Luxemburg und Deutschland fließt und mit 545 Kilometer Länge eine Fläche von 28.156 Quadratkilometer entwässert. 1 Die Quelle der "Mosella", so ihr lateinischer Name, also der kleinen Maas (= Mosa) entspringt am Col de Bussang in den Vogesen auf 715 Metern Höhe. 2
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Das kleine Gewässer fließt zuerst nach Westen durch das Stufenland Lothringens. Bei Toul verlässt es das alte Flussbett, das ehemals zur Maas führte, und wendet sich scharf nach Nordosten. Der inzwischen recht stattliche Fluss strömt durch Metz und bildet einen Teil der luxemburgisch-deutschen Grenze.
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Unterhalb von Trier bis zur Mündung in Koblenz fließt die Mosel - zwischen Hunsrück und Eifel - in einem in das Rheinische Schiefergebirge tief eingeschnittenen, windungsreichen Tal. Zwischen Bremm und Cochem spricht man von den "Cochemer Krampen". An den Steilhängen der Region Mosel-Saar-Ruwer liegt eines der bedeutendsten deutschen Weinbaugebiete mit traditionsreichen Winzerdörfern mit ihren Weinbergterrassen unter malerischen Burgruinen.

An der Mittelmosel wachsen an bis zu 65 Grad steilen Schieferhängen einzigartige Weine, die von vielschichtiger Mineralität geprägt sind. Nach einer Umbruchphase nimmt die junge Winzergeneration Abschied von der Massenproduktion und konzentriert sich auf Spitzengewächse des Rieslings, der hier ein weltweit einzigartiges Qualitätspotenzial besitzt.

Die Mosel selbst hat Nebenflüsse: von links Orne, Sauer, Kyll, Salm, Lieser, Alf und Elz; von rechts Moselotte, Meurthe, Saar, Ruwer und Dhron. Kanäle am Oberlauf der Mosel verbinden sie mit der Saône, dem Oberrhein, der Marne, Maas und Saar für Schiffe bis 300 Tonnen Tragfähigkeit. Die Mosel selbst wurde ab Frouard kanalisiert. Diese Bedingung stellte Frankreich im Gegenzug zur Freigabe des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland. Von 1956 bis 1964 wurde gebaut. Jetzt können Binnenschiffe bis 1.500 Tonnen Schwerlastgüter hier befördern. Gleichzeitig wurden an 14 Staustufen Kraftwerke angelegt.

Bis zur Saarmündung heißt der Fluss Obermosel; von Trier bis Briedel wird er Mittelmosel genannt und bis zur Mündung Untermosel. Der Fluss überwindet dabei einen Höhenunterschied von 675 Metern. An der Mündung fließen durchschnittlich 290 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ein. Damit ist die Mosel nach der Aare und noch vor Main und Neckar der zweitstärkste Nebenfluss des Rheins.
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1.2 Die Vogesen
Lothringen und Elsass werden vom Kammgebirge der Vogesen geteilt. Dieses Mittelgebirge, auf französisch Vosges und früher auf deutsch Wasgenwald genannt, erstreckt sich über 125 Kilometer hinunter bis in die Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté). Im Norden gehen die Vogesen fließend in den Pfälzer Wald über. Im Westen taucht das Grundgebirge unter das Lothringische Schichtstufenland ab. Der Ostrand zum Oberrheingraben fällt markant ab mit kurzen Abdachungstälern. Im Süden liegen die Hauptmassive mit Großem Belchen (auch Gebweiler Belchen, franz. Grand Ballon, 1.423 Meter), Hohneck (1.362 Meter) und Elsässer Belchen (Ballon d'Alsace, 1.247 Meter). Seit ihrer Hebung vor 50 Mio. Jahren bis zum Einbruch des Oberrheingrabens bildeten die Vogesen gemeinsam mit dem rechtsrheinischen Schwarzwald einen Gebirgsrumpf. 3 Geologisch sind die Vogesen aus Graniten, Gneisen und paläozoischen Sedimenten aufgebaut.

Fast alle Flüsse, auch die zunächst nach Westen fließenden wie Mosel und Meurthe, strömen dem Rhein zu. Die Niederschläge steigen durch den Stau von etwa 1.000 Millimeter auf das Doppelte bis zum Kamm und fallen auf der Leeseite wieder auf ein Viertel davon. Durch diesen höheren Niederschlag waren die Vogesen in der Eiszeit viel stärker vergletschert als der Schwarzwald. Buchen werden ab 400/600 Metern von Tannen durchmischt und ab 1.000 Metern von einem Buchen-Fichten-Bergahorn-Mischwald abgelöst. Die Gipfellagen sind waldfrei und werden meist beweidet, soweit sie nicht von Mooren bedeckt sind.

In vorrömischer Zeit war das Gebiet von Kelten, danach von Alemannen und Franken bewohnt. Das Gebirge wurde von am Rande gelegenen Klöstern aus besiedelt. In den elsässischen Tälern herrschen Großweiler und Haufendörfer vor, ähnlich auch in den Tälern von Meurthe und Mosel. Im übrigen lothringisch besiedelten Teil bestimmen Einzelhöfe in Streusiedlungen das Landschaftsbild. Die Holz-, Papier- und Textilindustrie ist heute fast ganz verschwunden, weshalb massiv Bewohner abgewandert sind. 4

1.3 Region Lothringen
Lothringen, auf Französisch Lorraine, ist eine historische Region im Nordosten Frankreichs. Sie umfasst die Départements Meurthe-et-Moselle (54), Meuse (55), Moselle (57) und Vosges (88, sie sind in Frankreich nach dem ABC nummeriert). Sie hat eine Fläche von 23.547 Quadratkilometern und zählt 2,3 Mio. Einwohner. Die Hauptstadt ist Metz. Außer ihr, Nancy, Thionville, Épinal und Longwy ist Lothringen arm an größeren Städten.

Lothringen liegt im Gebiet der oberen Maas und Mosel im Ostteil der Schichtstufen-Landschaft des Pariser Beckens zwischen Champagne, Ardennen, Vogesen und dem Abhang des Monts Faucilles zur Saône-Furche. Mächtige Landstufen wie die Moselhöhen (Côtes de Moselle, bis 400 Meter) und die Maashöhen (Côtes de Meuse, 100 Meter), auch Côtes Lorraines genannt, wechseln ab mit Plateaus (Lothringer Plateau).

Im Verbreitungsgebiet des Buntsandsteins steht Wald (ein Drittel der Fläche Lothringens), im Bereich der Muschelkalkschichten wird vor allem Ackerbau betrieben. Weder vom Boden noch vom Klima ist Lothringen günstig für die Landwirtschaft. Traditionell wird Getreide angebaut, jedoch hat sich der Schwerpunkt zur Milchwirtschaft verlagert. Östlich der Mosel werden auch Schafe geweidet. Der Weinbau, vor allem im Moseltal, wird immer mehr vom Obstbau verdrängt.

In deutscher Zeit entstand eine leistungsfähige Schwerindustrie beiderseits der Grenze im Bereich Metz, Diedenhofen und Nancy. Mit Elsass-Lothringen wurde das Deutsche Reich zum eisenerzreichsten Staat auf dem europäischen Kontinent. 1893 wurde der 1838 begonnene Marne-Rhein-Kanal von Reims über Nancy und die Zaberner Steige nach Straßburg eröffnet.

Steinsalz-, Steinkohle- und Eisenerzvorkommen bestimmten die Richtung für die Industrie im 19. und 20. Jh. Seit Mitte der 70er Jahre des 20. Jhs. befindet sich die Schwerindustrie jedoch in einer Krise. Wurden 1960 noch 62 Mio. Tonnen Eisenerz abgebaut, waren es 1988 noch 9,3 Mio. und 1995 lediglich 1,5 Mio. Tonnen. Von 1974 noch 31 Bergwerken blieb zwei Jahrzehnte später nur noch eines in Betrieb. So sank die Zahl der Bergarbeiter im 20. Jh. von 100.000 auf nur 250. Der Steinkohlebergbau ging ähnlich stark zurück; 1994 wurden noch 6,4 Mio. Tonnen gefördert.

Ähnlich entwickelte sich die Eisen- und Stahlindustrie. Mitte der 70er Jahre erzeugte Lothringen noch über die Hälfte des französischen Stahls, zwei Jahrzehnte später weniger als ein Viertel. Die Zahl der Beschäftigten sank von 80.000 auf ein Achtel. Statt 50 Hochöfen Mitte des Jahrhunderts waren 1995 nur noch vier in Betrieb. 5

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