Griechenland:
Die Wiege Europas
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Was gut für mich ist,
gib mir, auch wenn
ich dich nicht darum bitte.
Was nicht gut für mich ist,
versage mir,
auch wenn ich dich darum bitte.
Gebet von Sokrates
In diesem Sinne wurde den Volksstämmen Griechenlands in seiner klassischen Zeit - und den folgenden Kulturen über das Römische Reich bis zu uns - so manch Gutes gegeben. Vieles ist in zweieinhalb Jahrtausenden jedoch geschehen, was den Griechen und den antiken Kulturstätten nicht gut getan hat.

Doch beginnen wir ganz von vorn: Bei den Göttern. Die Mythen umfassen die Entstehung der Welt aus dem Chaos, die Geschichte der zwölf olympischen Götter, untereinander verwandt: Uranos und Gaia als Eltern der zwölf Titanen, zu denen Cronos und Rhea gehörten, die Eltern des Zeus und der Hera, des Poseidon und des Hades, der Demeter und der Hestia.

Kinder des Zeus waren Athena, Aphrodite, Apollon, Artemis, Hermes, Ares, Hephaistos, Dionysos. Ausgiebig erzählt werden die oft langwierige und erlebnisreiche Heimkehr der Griechen (Agamemnon, Odysseus). Von den großen Sagenkreisen griechischer Landschaften seien Ödipus und Antigone die bekanntesten. 1)
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Manchem von Ihnen wie auch aus dem bewährten Freundeskreis des Kieler Professors Ulrich Matthée sind diese Namen noch vom Gymnasium her bekannt. Auch die Philosophie, die ab dem 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung die Mythologie als lebensprägende Grundlage abzulösen begann, beschäftigt den Einen oder die Andere intensiv.

Kontinuierlich befragt wurde das Verhältnis von Weltauslegung (Theorie) und Weltverhalten (Praxis), von "Prinzipien" und "Leben". Ein "philo-sophos" zu sein heißt: Die Natur der Dinge zu erforschen, (Pythagoras), ihren Grund (warum) zum Prinzip der Verknüpfung ihres Stoffes (was) und ihrer Form (wie) zu machen. 2)
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Doch wie haben wir Griechenland praktisch bereist? Begonnen haben wir in der Burg von Mykene, begleitet von einem fachlich und rhetorisch gewandten einheimischen Führer, vor dem Löwentor an den Kyklopenmauern, welche bereits um 1250 vor  (!) Christi Geburt errichtet wurden unter König Artreus, dessen bekannterer Sohn Agamemnon einst nach Troja aufbrach und bei der Heimkehr vom Liebhaber seiner Frau (nicht auf der Abbildung oben, die ist eine Göttin) Klytemnästra erschlagen wurde. Übrigens: Entdeckt und freigelegt hat Mykene (wie auch Troja in der Türkei) der mecklenburgische Archäologe Heinrich Schliemann 1876. "Seine" Goldmasken und viele andere Kunstwerke wie das erwähnte Wandgemälde konnten wir später im Nationalmuseum Athen bestaunen. Doch dazu später mehr.

Die alten Griechen waren sehr kunstsinnig (unten eine Statue der Muse Tragödie, den "Kopf unter dem Arm"). Das große, noch heute nutzbare, etwa 15.000 Besucher fassende, Theater in Epidauros, bildet ein Beispiel hierfür. Die Akustik ist tatsächlich auf allen Plätzen außerordentlich gut, wie einer unserer meistgereisten Teilnehmer mit dem Zitieren von Hexametern bewies. Der Ort ist zugleich vielen Ärzten geläufig, stand dort doch das Asklepios-Heiligtum für den Gott der Krankenheilung (den wir noch brauchen sollten).

Sicher haben Sie schon vom "Orakel von Delphi" gehört - oder eher gelesen, denn seit 394 (nach unserer Zeitrechnung) spricht es nicht mehr. Der Tempelbezirk mit dem Apollon-Heiligtum liegt in herrlich frischer Bergluft am Hang des Parnassos. Dort soll die Priesterin Pythia mehrdeutige Weissagungen, die oft eintrafen, orakelt haben, bis der römische Kaiser Theodosius, der Christ geworden war, den Kult verbot.

Die griechisch-orthodoxe Kirche ist auch heute noch sehr bedeutsam im Leben der Griechen. Viele Kirchen und Klöster werden restauriert. Weil das ikonografische Programm und der Baustil (anders als bei uns) ohnehin für alle Kirchen einheitlich und seit über tausend Jahren unverändert sind, lässt sich das Alter der Kirchen kaum bestimmen. Unten sehen Sie Jesus Christus als Pantokrator ("Weltherrscher") und darüber die Jungfrau Maria aus dem Kloster Osios Lukas.
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Die auf Felszacken in einer bizarren Bergumgebung thronenden, rund 600 Jahre alten, Meteora-Klöster, von deren sechs (einst 26) noch bestehenden wir vier besucht haben, sind heute ein ebensolcher Touristenmagnet wie die antiken Stätten. Über eine moderne Straße gut erreichbar, muss nur noch der Höhenunterschied mit Treppen aus 133 bis 272 Stufen überwunden werden (Seilbahnen und Netze sind nur für Mönche). Den Leserinnen unter Ihnen sei empfohlen, einen Rock mitzunehmen, denn schöne Leih-Röcke gibt es nur im Frauenkloster St. Stephan. Den besten Service dagegen bietet das am schwierigsten erreichbare St. Triados mit Fotografiererlaubnis, Kaffee und süßem Kuchen.
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Allerdings waren es nicht die Klostertreppen, sondern die rund 800 Stufen von der Festung Nauplion, die unserem jünsten Teilnehmer einen Ödipus (zu deutsch: Schwellfuß) bescherten, welcher von einem mitgereisten Richter nicht nur beurteilt, sondern von einem Chirurgie-Professor fachgerecht gewickelt wurde. Der Warnhinweis "Griechenland ist sehr gebirgig, man muss gut zu Fuß sein" ist also ernst zu nehmen; mehr jedoch ist Obacht zu geben, wohin man seinen Fuß setzt.

So fassten auf den Inseln die Venezianer Fuß und bauten See- und Bergfestungen wie in Nauplion. Diese Stadt wurde nach der 400-jährigen Türkenherrschaft, die wie ein Leichentuch über dem Land lag, 1832 kurz Hauptstadt. Jetzt ist es Athen, ein Moloch voller Widersprüche (siehe Foto oben rechts) und schmutzig im Gegensatz zur makedonischen Seestadt Thessaloniki.

Frühes Aufstehen lohnt sich in Griechenland, denn nach 14.30 ist in vielen Museen und auf der Akropolis bereits Feierabend. Da hilft auch kein Betteln und Flehen: Die griechischen Aufsichtspersonen weisen unerbittlich den Weg zur Tür, wie es uns Punkt 15 Uhr im Restaurant des Athener Nationalmuseum passierte. So verwundert es auch wenig, dass - wenn auch mit nur 1 % Vorsprung - am Sonntag vor unserer Abreise die PASOK die Parlamentswahl erneut gewann. Auch uns Hotelgästen bescherte das stundenlange Hupkonzert eine schlafarme Nacht.

Mein Tip: Besuchen Sie Griechenland, und tun Sie es im Februar, der vielen bunten Frühlingsblumen wegen. Zur Vorbereitung empfehle ich die Bestimmung der Säulen-Kapitelle (dorisch, ionisch, aeolisch, korinthisch) und das obige Alphabet. Denn: Griechenland kennen zu lernen wird gut für Sie sein.

Text und Fotos: Manfred Maronde, Sangerhausen

1) Quelle: Die große Enzyklopädie der Erde, Band 4, Seite 492. Novaria Verlag München, 1971
2) Ebenda, Seite 486
Alphabet aus: "Lexikon in Farbe, Seite 209. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft mbH, Köln, 1970/73

(Veröffentlicht in "Wir über uns", Zeitung von und für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreissparkasse Sangerhausen, Ausgabe 24, Juni/Juli 2000)
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