5.6 Dom St. Petri in Köln
"Ersehnter Tag", sang Theodor Fontane am 15. Oktober 1880, als der vollendete Dom im Beisein von Kaiser Wilhelm I. eingeweiht wurde. Der Dom war damals das höchste Gebäude der Welt und zugleich deutsches Nationaldenkmal. Von den "Bläck Föös" (hochdeutsch: nackte Füße) bis zu Heinrich Böll wurde dieses Bauwerk verehrt. Es gilt auch heute als das gewaltigste und im Gesamteindruck einheitlichste Werk der Kathedralgotik in Deutschland mit der größten aller gotischen Fassaden. Die Domkirche gilt Vielen als die jüngste, aber vielleicht gerade deshalb schönste, Schwester der französischen Kathedralen. Jährlich kommen über 7 Mio. Besucher in den Dom.

Vorbild des gotischen Doms war die Kathedrale von Amiens. Während der Bauzeit gab es angeblich Streitereien zwischen Domkapitel, Erzbischof und Kölner Rat, die immer wieder die Bauarbeiten behinderten. 1560 waren schließlich die Kassen leer. 280 Jahre lang wurde der Baukran auf dem Turmstumpf zum unfreiwilligen Wahrzeichen. 1794 wollte der Bischof sogar den halbfertigen Dom abreißen lassen!

Nach dem Sturz Napoleons herrschte Aufbruchstimmung. Die Deutschen suchten nach einer eigenen kulturellen und politischen Identität. Der gotische Baustil war in der damaligen Vorstellung eine urdeutsche Kunstgattung nach Goethe, der meinte, sie sei die "deutsche Baukunst, da sich der Italiener keiner rühmen darf, viel weniger der Franzos." 1814 wurde in Darmstadt unter einem Dachstuhl der mittelalterliche Plan für den Nordturm gefunden. Zwei Jahre später kaufte der Kölner Sammler Boisserée in einem Pariser Antiquariat die 4,05 m hohen originalen Pläne.

Da kam lokale Liebe auf, und von auswärts fanden sich Bewunderer. Die Rufe zur Rettung wurden immer lauter, bis ein Sturm der Begeisterung entfacht war. 1842 wurde der Kölner Dombau-Verein als erste Bürgerinitiative in Deutschland gegründet. Der preußische Staat trug etwa die Hälfte der Baukosten, was dem "Romantiker auf dem Thron", König Friedrich Wilhelm IV., einem Protestanten, zu verdanken ist. 35
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Seinerzeit waren es Pilger, die mit einer berühmten Reliquie angelockt wurden: So begann alles mit einem handfesten Raub. Kaiser Friedrich I. Barbarossa hatte 1162 Mailand erobert und sich der Gebeine der Heiligen drei Könige bemächtigt. Die rund 3 kg in Tuch gewickelten Knochen aus dem 2. Jh. n. Chr. sollen einst von der Hl. Helena entdeckt und über Byzanz nach Mailand gelangt sein. 1164 überließ der Kaiser sie seinem Kanzler, dem Erzbischof Reinald von Dassel, der die Beute nach Köln überführte und seine Stadt am Rhein zu einer der wichtigsten Wallfahrtstätten in Europa machte - nach Rom und Santiago de Compostela. Der von Meister Nikolaus von Verdun gebaute Schrein ist die Hauptattraktion im Dom.
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Im Krieg trafen 14 schwere Fliegerbomben den Dom, der dennoch wie durch ein Wunder inmitten der Trümmerwüste stehen blieb.

(Fotos: links oben: Gero-Kruzifix, rechts oben sog. Bayern-Fenster, oben sog. Altar des Stephan Lochner, unten Drei-Königs-Schrein.)
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5.7 Münster in Bonn
Das fünftürmige Münster mit dem mächtigen Vierungsturm bestimmt weithin sichtbar die Silhouette der Stadt. Es ist seit dem 13. Jh. im Stadtsiegel zu sehen. 36

Das Bonner Münster gehört zu den reifsten Schöpfungen des eigenständigen rheinischen Übergangsstils von der Romanik zur Gotik. Die Elemente beider Baustile verschmelzen zu einer seltenen Harmonie. Das Münster wurde um die Zeit beendet, als der Grundstein zum Kölner Dom gelegt wurde. Seine Baugeschichte reicht in die Zeit der frühen Christen am Rhein zurück. Der Ursprung war eine „Cella memoriae, wo Totenmähler gehalten wurden und die bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jh. errichtet wurde.

Hier soll das Martyrium zweier römisch-christlicher Offiziere stattgefunden haben, die noch heute als Stadtpatrone Cassius und Florentius Verehrung genießen. Diese beiden Christen wollten sich nur vor Gott, nicht dem Kaiser beugen und ihm opfern.

Um 400 wurde hier über den Gräbern ein kleiner Kirchensaal erbaut und in der Mitte des 11. Jahrhunderts durch eine siebzig Meter lange, dreischiffige Basilika ersetzt. Mitte des 12. Jahrhunderts wurde wiederum neu gebaut. Um diese Zeit entstand auch der Kreuzgang, ein Juwel der kirchlichen Architektur und einziger gut erhaltener romanischer Kreuzgang nördlich der Alpen. 37

Die Ausstattung, meist aus dem Barock, fügt sich passend in den Raum ein und verleiht der Basilika ihre eigene Atmosphäre. Neben weiteren Kunstwerken sind der Magdalenenaltar aus marmoriertem Holz, die kleine Holzfigur des heiligen Martin, das Taufbecken aus dem 12. Jh. und eine Sitzmadonna zu bewundern. Die blau-roten Fenster der Apsis stellen die Stadtpatrone im Rheinischen Expressionismus dar.

Das auf dem Münsterplatz stehende Beethoven-Denkmal wollte Schinkel übrigens in den Kreuzgang des Münsters stellen.
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