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2.3 Rheinisches Landesmuseum Bonn
Das neu gebaute Rheinische Landesmuseum Bonn vermittelt die Kulturgeschichte der Region zwischen Aachen und Essen, Kleve und Bonn. Diese beginnt mit dem Neandertaler, der vor über 40.000 Jahren lebte, und reicht bis in unsere Tage. Dieses Haus ist ein Themenmuseum für neun bedeutende Zeitabschnitte menschlicher Kulturgeschichte. Die Objekte innerhalb jedes Themas stehen unabhängig von ihrer zeitlichen Zuordnung gezielt in ihrem inhaltlichen Umfeld. 7

Im weiträumigen Museum - auf mehreren Ebenen durch breite Treppen verbunden - strebte Dr.
Budesheim mit uns nicht zum Schädel des Neandertalers, sondern auf den römischen Grabstein des Marcus Caelius im Obergeschoss hinten links (Foto links) zu.

(Fotos unten: links Römer, rechts Germane).
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In zweierlei Hinsicht ist dieser Grabstein etwas Besonderes: Er zeigt einen Offizier, der im Zusammenhang mit der berühmten Varus-Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr. fiel. Dort gingen drei römische Legionen mit insgesamt 18.000 Legionären unter. Darüber hinaus handelt es sich um das älteste römische Grabrelief im Rheinland. - Dr. Budesheim hegt jedoch jetzt Zweifel am Datum der Schlacht bei Kalkriese, diese passe besser auf 15 n. Chr.

Eindrucksvoll ist auch das Diorama des einstigen römischen Legionslagers bei Neuss. Dieses bestand aus dem Lagerforum (1), dem Bad (2), dem Lazarett (3), Aufenthaltsräumen (4), dem Wohnhaus des Lagerkommandeurs (5) und den Wohnhäusern von Stabsoffizieren (6). Einen Kontrast dazu bildet das Diorama eines Bauerndorfes der Eburonen bei Hambach-Niederzier. Anschaulich liegt auch der Silberschatz von Xanten von 260 n. Chr. da.
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Alle diese Ausstellungsstücke gehören zum Thema "Macht und Mächte"; diese sind mit ihren jeweils positiven wie negativen Auswirkungen dargestellt. Als Einführung steht am Anfang der fränkische Kleinfürst aus Morken inmitten seiner Gefolgschaft. Das Thema ist gegliedert in die Bereiche "Erobern", am Beispiel des römischen Militärs, und "Herrschen" mit den Symbolen für die Macht, wie den römischen Kaiserbildern, einer Inszenierung um den Kurfürsten Clemens August und einigen Fotos von Darchinger zur "Bonner Republik".

2.4 Archäologischer Park Xanten
Der Archäologische Park wurde 1977 eröffnet und bekam 1988 neue Beschriftungstafeln. Zur Zeit von Kaiser Augustus, 13/12 v. Chr., wurde auf dem Fürstenberg in der heutigen Stadt Xanten das erste Militärlager Vetera I errichtet. Mehrfach wurde das Lager neu gebaut. In einem Aufstand der hier siedelnden Bataver um 69/70 n. Chr. wurde das Lager zerstört. Das neue Lager Vetera II entstand weiter östlich auf der Bislicher Insel. Hier war von etwa 70 bis 270 n. Chr. mindestens eine Legion stationiert. Durch Flussverlagerungen des Rheins verschwanden die Reste des Lagers.

Etwa 150 römische Orte besaßen das höchste Stadtrecht; sie durften sich "Colonia" nennen. In Niedergermanien war es außer Köln nur Xanten, also die nach Kaiser Trajan benannte "Colonia Ulpia Traiana", das sich ab 110 n. Chr. selbst verwalten durfte und dessen Bürger römisches Recht besaßen. Innerhalb der "Colonia" lebten etwa 10.000 romanisierte Gallier und Germanen auf 73 ha.
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Die neue Stadt erhielt eine planmäßige Infrastruktur mit Straßennetz, Wasser- und Abwasserleitungen. Innerhalb der Mauern mit drei Toren wurden zwei Tempel, ein Forum und ein Amphitheater errichtet.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden alle Materialien für den Bau von Stadt und Kirche in Xanten verwendet, so dass die Römersiedlung von der Oberfläche verschwand. Nach den Ausgrabungen werden Teile der Gebäude wieder errichtet. Die Verwaltung des "APX" legt Wert darauf, dass dies Nachbauten als Modelle sind und keine Ruinen. Sie entsprechen ihren Vorbildern in Größe und Standort.

An einem Arm des Rheins befand sich einst der Hafen, eine Anlage aus Pfosten und Bohlen, die sich im feuchten Boden erhalten haben. Von dort wurden Baumaterial und Versorgungsgüter eingeführt. Daran grenzte die Stadtmauer an, die 3,4 km lang, 6,60 m hoch und mit 22 Türmen befestigt war. Die Mauer war außen aus Quadern aufgebaut, zwischen deren Schalen der Mauerkern aus Mörtel mit Gesteinsbrocken eingebracht wurde. Dieses römische Gussmauerwerk (opus caementicium) ist ein Vorläufer des modernen Betons.
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Das Nordtor wurde komplett rekonstruiert. Zwischen zwei dreistöckigen tiefen Riegeln liegt ein Querriegel mit zwei Torbögen. Unter einem führte die Abwasserleitung zum Rhein. Die Kanäle lagen stets unter der Straßenmitte verborgen. Frischwasser wurde aus Zisternen wie aus hölzernen Brunnen gewonnen. Eine oberirdische Wasserleitung wurde vom Sonsbecker Berg heran geführt.

Von den wieder errichteten Bauwerken sind vor allem das Amphitheater wie der Hafentempel (links) und die Herberge sehenswert. Das Theater in der Nordostecke der Stadtmauer ragt über 10 m auf und fasste etwa 10.000 Besucher. Es wird auch heute wieder für Aufführungen genutzt, war aber während unseres Besuches leider mit einer modernen Bühne innen zugestellt. Neben dem Theater steht der rekonstruierte Baukran aus Holz und Seilen.

Hoch ragt eine Ecke des Hafentempels mit drei Säulen und Dachteil auf (Bild links). In seiner Größe, Pracht und Farbigkeit wirkte er für die Ankommenden als Monument römischer Baukunst und Stadtkultur. Eine Säule wurde wieder farbig gestaltet. Schon bei meinem ersten Besuch vor mehr als 15 Jahren beeindruckte mich der komplette Nachbau der Herberge. Von Korridoren gehen jeweils vier kleine Zimmer ab. Jede Schlafkammer ist für drei Personen eingerichtet: Sie enthält außer Betten einen Tisch, Korbsessel und eine Kleidertruhe. Nach den Resten des Wandputzes mit Malerei wurde der Raum farblich ästhetisch schön gestaltet. Selbstverständlich gehört zu einer Römersiedlung auch ein Badehaus, das voll funktionstüchtig nachgebaut wurde. 8

Die Schautafeln in den Räumen wirken inzwischen oft schon etwas ramponiert. Weil uns die selbstverliebte französische Führerin wenig Wissenswertes mitteilte, erkundeten wir in der Mittagshitze eigenständig das Gelände. In Zukunft soll die Bundesstraße 57, die das Areal mitten durchschneidet, verlegt werden. (Links; Bodenmosaik aus dem Römisch-Germanischen Museum Köln: An wen erinnert mich dieser Philosoph Sophokles - sein Gesicht kommt mir so bekannt vor?)
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3 Das Rheinland
Der Druck der über den Rhein vordringenden Franken wurde immer stärker und mächtiger. Zu Beginn des 7. Jh. war ihre Landnahme im gesamten linksrheinischen Raum abgeschlossen. Ihren Höhepunkt erreichte die Karolingerzeit unter Karl dem Großen (R 768 - 814), dessen Pfalz in Aachen damals zum Mittelpunkt seines gewaltigen Reiches wurde. An seiner Grabstelle, in der Pfalzkapelle, wurden von 936 bis 1531 von Otto I. an 30 deutsche Könige geweiht, bis wegen widriger Umstände mit diesem Brauch gebrochen und in Frankfurt am Main gekrönt wurde.

Das Rheinland gehörte nach der Teilung des Karolingerreiches vorübergehend zum Besitz Lothars des II. und wurde erst 925 Bestandteil des Deutschen Reiches. Schon im 9. Jh. strebte der hohe Adel nach einem stärkeren Einfluss auf die Reichspolitik. Otto I. sah sich gezwungen, sich stärker auf die kirchlichen Würdenträger zu stützen. Die Ernennung  seines Bruders Bruno zum Erzbischof von Köln und gleichzeitig zum Herzog von Lothringen drückt dies deutlich aus. Die Politik der Ottonen und Salier, sich stärker auf das Reichskirchensystem zu stützen, hat sich auch in folgenden Jahrhunderten stark auf die rheinische Geschichte ausgewirkt.

Zwar besaßen die Bischöfe, Stifte und Klöster trotz ihres wachsenden Besitzes noch keine Territorien. Das änderte sich nach dem Investiturstreit. 1220 verlieh Kaiser Friedrich II. ihnen weitgehende landesherrliche Rechte, so dass die geistlichen Fürsten stark nach Territorialgewalt strebten.

Bereits im 12. Jh. wurden die Erzbistümer Köln und Trier zu den führenden Mächten im rheinischen Raum. Köln erreichte unter den Erzbischöfen Engelbert von Berg und Konrad von Hochstaden den Gipfel seiner Geschichte. Die Kölner Erzbischöfe bemühten sich schließlich vergeblich um ein größeres Herrschaftsgebiet. Auch nach der Niederlage von Worringen 1288 blieb es beim Gegensatz zwischen Kurköln und den angrenzenden weltlichen Territorien, von denen es im 18. Jh. um die 100 gab. Die weltlichen Herrscher unterstützten zugleich die aufstrebenden Städte.

Köln als einer der wichtigsten Handelsplätze Europas und bedeutendste Stadt der Rheinlande machte sich nach 1288 vom Erzbischof unabhängig. Dieser hatte künftig keinen Sitz mehr in der Stadt und verlegte die Residenz  notgedrungen nach Brühl bzw. Bonn, wenner auch weiterhin in der Stadt Köln die höchste Gerichtsbarkeit behaupten konnte.

Im niederrheinisch-westfälischen Raum wurden während des 14. - 16. Jh. weltliche Territorien durch Heirat oder Erbfolge zusammen geschlossen. 1348 wurden die Grafschaften Berg und Ravensberg vereinigt und zum Herzogtum erhoben; das Herzogtum Jülich kam dazu. 1398 war die Grafschaft Mark mit dem Herzogtum Kleve vereinigt worden. Durch Hochzeit entstand 1521 schließlich jenes große Gebilde, das Kleve, Mark, Jülich, Berg und Ravensberg zur politischen Einheit verschmolz. Im Vertrag von Xanten wurde 1614 die Erbmasse zwischen dem Kurfürsten von Brandenburg (und damit dem späteren Preußen, das Kleve und Mark erhielt) und dem Haus Pfalz-Neuburg geteilt. Brandenburg-Preußen, dem mit der Grafschaft Moers auch Krefeld zufiel, zeigte zunächst wenig Interesse. Das änderte sich unter Friedrich dem Großen.

Erzbischöfe von Köln waren von 1583 bis 1761 ausschließlich Wittelsbacher. Der letzte Kurfürst war Maximilian Franz, der jüngste Sohn Maria Theresias. Er musste vor den französischen Revolutionstruppen 1794 fliehen. Im Frieden von Lunéville 1801 wurden alle linksrheinischen Gebiete an Frankreich abgetreten. Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden die weltlichen Machthaber rechtsrheinisch entschädigt. Das Erzbistum Köln sowie die Bistümer Münster und Paderborn fielen an Preußen bzw. Hessen-Darmstadt. Die bisherigen Freien Reichsstädte Köln, Aachen und Dortmund verloren ihre Selbstständigkeit. Bei der Neuordnung Europas 1815 auf dem Wiener Kongress war Preußen der große Gewinner, indem ihm die weitaus größten Teile Westfalens und der Rheinlande zufielen, so dass dieses Gebiet erstmals in seiner Geschichte zu einer politischen Einheit wurde. 9  Aus dem nördlichen Teil der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen sowie dem Fürstentum Lippe wurde 1947 das heutige Bundesland Nordrhein-Westfalen gebildet.

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