3.15 Honigberg oder Harman
Honigberg wurde durch den Deutschen Orden gegründet und 1240 auf lateinisch "Mons Mellis" erstmals urkundlich genannt, der alte deutsche Name Herman erst 1404. Auf Hermann, den Anführer der ersten Siedler, führt der ungarische und rumänische Name zurück.
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1421 war der erste Türkenüberfall. Neben Kriegen mit den Türken, Tataren, Walachen, Moldauern, Szeklern und Kuruzen litt das Burzenland unter Naturkatastrofen: fünfmal die Pest, viermal Heuschrecken und viermal Überschwemmungen. 1552 legte der Moldauer Wode Stephan den Ort in Asche, nachdem er ihn beraubt hatte. 1612 traf Gabriel Bathory mit 7.000 Mann in Honigberg ein und forderte die Übergabe der Burg. Nach der Ablehnung wurde das Dorf geplündert und gebrandschatzt. In die Burgmauer wurde eine 40 Klafter große Bresche geschossen, doch über Nacht hatten die Verteidiger diese mit Kirchengestühl und Erde wieder verschlossen. Mit wohlgezieltem Kanonenfeuer vom Kirchturm verursachte man empfindliche Verluste bei den Angreifern und traf auch das Zelt des Fürsten, der nach vier Tagen abziehen musste. Moldauer beschossen die Kirchenburg 1658 ohne Erfolg.

Die spätromanische dreischiffige Basilika entstand wahrscheinlich nach 1240, denn ihre Stilelemente zeigen zisterziensische Bauart. Der quadratische Chor wird von zwei Kapellen flankiert, deren nördliche zur Sakristei umgebaut wurde. Das ursprünglich flach gedeckte Hauptschiff wurde nach dem Brand von 1593 gewölbt.

Eine pittoreske Eigentümlichkeit bilden die Vorratskammern, die sich über dem südlichen Seitenschiff wie Schwalbennester unter die Traufe des Mittelschiffs schmiegen. Der 56 m hohe Glockenturm mit seinen acht Geschossen und vier Ecktürmchen ist der höchste Dorfkirchenturm im Burzenland. Über der Torwehr erhebt sich der Fleischertum aus dem 16. Jh. Der dreifache Mauergürtel, von dem die äußere Mauer heute durch einem Zaun ersetzt ist, ist mit einem Umfang von 430 m um die Kirche ist ungefähr kreisrund. Der innere Bering ist 12 m hoch und an der Basis 4 m stark. Innen entlang der Mauer waren in drei Etagen Wohn- und Vorratskammern. Die Ringmauer hat sieben viergeschossige Türme. 69 An die Stelle der Holzbrücke wurde ein Vorgebäude mit langem Eingangstunnel gesetzt. 70

Die Kirchenburg hatte eine Schule, einen Kindergarten und ein Pfarrhaus, das aus Material vom Abbruch der Innenkammern der Burg erbaut wurde. Das Dorf besaß eine eigene Gerichtsbarkeit. Im Durchschnitt wurde die Kirchenburg alle sieben Jahre belagert. Erst 1848 wurde die Burg erobert - in der Revolution. Die Ungarn hatten die Kirchenburgen belagert, denn ihnen passte die Autonomie und Steuerfreiheit nicht mehr. Die rumänische Geschichtsschreibung stimmt nicht ganz, denn König Mihai war ein guter Mensch. Man schreibt nicht, wer angegriffen hat, meint der uns führende Herr Dieners.

Auch in Honigberg war es Brauch, der Kirche aus Dankbarkeit für die glückliche Rückkehr von Handelsreisen Teppiche zu spenden. Die Kirchenbänke von 1595 in der Mitte haben keine Rücklehnen, damit die darauf sitzenden Frauen ihre Trachten nicht zerdrückten (Bild rechts).

Früher gab es im Dorf keine Ehescheidungen. In der Kirche war ein kleiner Raum, in den die streitenden Eheleute gesperrt wurden. Darin befanden sich: 1 Bett, 1 Stuhl, 1 Gabel, 1 Löffel... Mann und Frau blieben so lange in diesem Raum, bis sie sich wieder vertragen hatten.
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Berühmtester Gast im Ort war König Karl XII. von Schweden, der nach seiner verlorenen Schlacht bei Poltawa (Ukraine) hier rastete. Er ließ Geld hier für den Altar und die Orgel. Diese Orgel ist - nach der in der "Schwarzen Kirche" von Kronstadt - die zweitgrößte im Burzenland.

Die Glocke lag in der Erde, jetzt wurde aus ihr ein Denkmal. Aus Siebenbürgen wurden 75.000 Menschen in die Sowjetunion, in den Donezk und nach Sibirien, deportiert, auch junge Mütter, deren Kinder zu den Großmüttern gegeben werden mussten. Viele kamen, wenn überhaupt, als Kranke zurück. Die Kommunisten haben Rumänen in die Dörfer gebracht, die in die Wohnhäuser zogen, während die Sachsen zum Vieh in den Stall ziehen mussten. Diese schlimme Zeit dauerte zehn Jahre, bis 1955. Die Kommunisten bauten in den Städten viel Industrie auf und holten als Arbeiter viele Rumänen aus der Moldau und der Walachei nach Siebenbürgen. Bis in die 70-er Jahre gab es kaum Mischehen, danach aber oft.

Meine Frage nach der Rolle der Heimatortgemeinschaften in Süddeutschland beantwortet Herr Dieners so, sie täten nicht viel für die Menschen hier, aber für ihre Vorfahren, indem sie die Friedhöfe erhielten.

In der Kirche sind noch 122 Sachsen, 1989 waren es noch 1.002. Jeden Sonntag ist Gottesdienst. Honigberg hat rund 4.500 Einwohner, davon rund 70 Ungarn.

3.16 Hamruden oder Homorod

In Hamruden umfuhren wir das Burgareal mitten im Ort und fragten im Haus gegenüber vom Tor. Ein Rumäne sagte in gutem Deutsch, wo wir den Besitzer mit dem Schlüssel finden würden - hinter der Kreuzung, am Ende der Straße, in einem "Haus aus Stein, mit einem Stock darauf, der ist aus Holz". So wurde uns ein älterer Herr mit unserem Kleinbus gebracht.

Herr Thome begrüßte uns "von Herz und Gefühl" und freute sich, seine luxemburgisch-fränkische Sprache benutzen zu dürfen. Von einst 800 Sachsen sind noch 15 hier. Sein Vaterland sei Siebenbürgen, sein Mutterland Deutschland. Hier war es so lange gut - fruchtbare Böden, schöne Wälder, feuchte Wiesen und Felder. Aber der 2. Weltkrieg "hat den Strang um den Hals gemacht". Herrn Thome schmerzt der Untergang seines Volkes hier. "Geschichte schreibt der, der den Krieg gewinnt, nicht der, der ihn verliert", ist eine Weisheit von Herrn Thome. Er vergleicht mit einem Herrn, der seinen Hund immer schlägt, bis sich der Hund einen anderen Herrn sucht.

Die Familien waren in vier Nachbarschaften vereinigt, die sich um alles kümmerten, vom Hausbau bis zur Beerdigung. Das kulturelle Leben war reichhaltig, es wurde Blasmusik gespielt, ein Chor sang und Theater wurde aufgeführt. Zwei Lehrer und ein Pfarrer führten die Kultur.

Rechts vom Burghof steht die Schule, die 1900 gebaut wurde, wofür der östliche Teil der äußeren Mauer des 18. Jh. abgenommen wurde, während die innere viereckige Mauer aus dem 15. Jh. komplett blieb mit ihren Ecktürmen. Die Burg wurde nie erobert; sie leistete sowohl 1658 als auch 1663 erfolgreich Widerstand, und schien den Angreifern als zu stark befestigt.

Der fünfseitige Turm wurde, "als die Türken uns nicht mehr quälten", zum Speckturm. Jede Familie hatte einen Teil, wo sie ihren Speck aufhängte. Der Speck durfte erst nach dem ersten Frühlingsdonner angeschnitten werden. Dazu aß man großes rundes Brot. Jede Familie hatte eine Truhe mit Lebensmitteln und Kleidung für einen Monat, die in die Burg geschafft wurde.

Die Kirche war immer das erste Bauwerk, das aus Stein errichtet wurde. Die ersten Häuser waren zum Teil in die Erde gegraben und mit Schilf gedeckt. Die romanische Kirche aus dem 13. Jh., einst von einem Erd-Holz-Wall mit Wassergraben umgeben, wurde im 15. Jh. zur Wehrkirche. 1623 zerstörte ein großes Feuer die Holzteile der Wehrkirche und Ringmauern. 71
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Beim Umbau von 1784 erhielt die Kirche ihre Hauptachse statt in Ost-West- jetzt in Nord-Süd-Richtung, indem in die Südmauer der Chor eingefügt wurde. 1792 schmolz die große Glocke bei einem Brand. Die Kirche wurde mit einem massiven Chorturm aus Bruchsteinen als Bergfried verstärkt, der bestiegen werden kann. Aus dieser Bauepoche stammt die originale Innenausstattung im Stil des siebenbürgischen bäuerlichen Barock: Altar, Kanzel, Gestühl, Kassettendecke und Brüstungen der Emporen. 72

In der Kirche gab es eine feste Sitzordnung: die sieben Kirchenältesten saßen auf der Empore rechts vom Altar, darunter die Schulkinder, gegenüber oben in der "Kälberburg" die unverheirateten Männer, auf den lehnenlosen Bänken vorn die jungen, unverheirateten Frauen, hinter ihnen die älteren "mulligen" (vom Speck). Ja, so eine gut gefüllte Kirche mit ihren festlich gekleideten Gottesdienstbesuchern muss ein schönes Bild gegeben haben. Und heute? Leere Bänke und ab und zu fragende Touristen. Wir konnten die Tränen von Herrn Thome (links im Bild) verstehen.
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1994 war der Botschafter Dr. Klaus Terket hier, die Kirche wurde renoviert. 1998 wurde sie vermessen, 2000 kam noch einmal Geld, so dass auch die Burg fertig wurde.

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