3.10 Urwegen oder Gârbova
In einer Urkunde von 1291 wurden der Bischof von Weißenburg, der Comes (Gräf) Daniel sowie der Zimmermann Herbordus die Wrbow und damit erstmals der Ort Urwegen genannt. Urwegen gehörte zum Mühlbacher Kapitel und zum Reußmarker Stuhl und war eine freie Gemeinde auf Königsboden.

Nach dem Mongolensturm 1241 - 42 wurde 1280 die Bergkirche als dreischiffige romanische Arkadenbasilika mit Glockenturm errichtet und im 15. Jh. als Wehrkirche ausgebaut. Der große Turm diente anfangs auch als Schule und Pfarrwohnung und wurde später zur Aufbewahrung von Speck hergerichtet.

Um 1500 wurde in der Gemeinde eine spätgotische Saalkirche errichtet mit einer Länge von 28,50 m und einer Breite von 11,50 m. An der Südwand befindet sich unter der Jahreszahl 1599 eine lateinische Inschrift: "Dieses heilige Haus wurde von dem berüchtigten und grausamen Walachen von jenseits der Berge (gemeint ist der muntenische Fürst Michael der Tapfere) geschändet und ausgebrannt." Von 400 Bewohnern überlebten nur 16. 1488 hatte Urwegen 65 Wirte, vier Arme und einen Schulmeister.
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Die Bergkirche brannte Weihnachten 1870 durch unvorsichtige, Fackeln schwingende Jugendliche nieder. Dach und Seitenschiffe wurden abgetragen. Ein neuer 60 m hoher Glockenturm wurde errichtet mit einer Turmuhr aus Wien. 59

Eine schlanke Frau mittleren Alters schloss uns die Burg auf, die sehr verlassen wirkte. In kleinen Nebengebäuden sind mehrere kleine Museen eingerichtet mit Hausrat und Handwerkzeug. So wird z.B. ein Backofen mit Knettrog gezeigt, aber auch etliche mit Sinnsprüchen bestickte Tücher und was so alles zum Hausrat gehörte. Sogar ein Speckmuseum ist dabei.

3.11 Heltau oder Cisnãdie
Nach seiner ovalen Kirchhofsumwallung und der romanischen Kirche könnte Heltau gleichzeitig mit Hermannstadt, also unmittelbar nach 1141, entstanden sein. 1411 kaufte man sich von der  Vorherrschaft des dortigen Erbgrefengeschlechts frei. 1500 erhielt Heltau vom König das Jahrmarktsrecht.
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1490 wurden die Häuser von den Türken niedergebrannt, 1493 wurde der Ort von den Horden Ali Begs erneut geplündert. 1601 nahmen österreichische Truppen unter General Basta die Wehrkirchenburg ein; danach kauften ihm die Bürger sie ab. Auch als 1658 die Türken Hermannstadt belagerten, wurde Heltau zerstört. Nachdem ihr Dorf nach Überfällen abgebrannt war, haben die Bürger hier in ihren Vorratskammern auch geschlafen. Aus der alten Kapelle wurde später der Speckturm. Zwischen den
Burgen bis zum Alterturmpass wurde mit Feuern kommuniziert.

Die von einer doppelten Wehrmauer mit einst dazwischen liegendem Wassergraben umgebene romanische Kirche stammt aus dem 12. Jh. Diese romanische Basilika mit massivem Westturm, der von den Seitenschiffen eingeschlossen wird, dürfte gleichzeitig mit der auf dem Michelsberg entstanden sein. Die erstmals 1327 urkundlich erwähnte, der heiligen Walburgis geweihte, Kirche wurde im 15. Jh. zur Wehrkirche umgebaut. Der Chor wurde dreigeschossig turmartig erhöht, und über den Nord- und Südeingängen wurden Wehrbauten errichtet. 60

1425 erhielt Heltau die erste Turmuhr Siebenbürgens. Die größte Kostbarkeit in Heltau ist der Veit-Stoß-Altar, der jetzt Alarm gesichert ist. Eine finanzielle Hilfe in schweren Zeiten war der Heltauer Kirchenschatz, der als wohl gehütetes Geheimnis von Kirchenvater zu Kirchenvater weiter gereicht wurde. - 1668, 1778 und 1795 schlug der Blitz in den Westturm ein, welcher dadurch stark beschädigt wurde. Außen an der Nordseite in die Mauer eingelassen verläuft etwas schief und zackig der erste Blitzableiter Siebenbürgens von 1797. 61

Die Sichelschmiede entwickelte sich besonders; das Erz wurde von mit Wasserkraft betriebenen Hämmern zerkleinert. In diesen Anlagen wurden später Tuche gewalkt. Die Wollweberzunft wurde 1513 gegründet. Das Heltauer Tuch fand auch im Ausland Absatz. Nach der Auflösung der Wollweberzunft 1872 wurde die Wollwebergenossenschaft gegründet. Die Textilherstellung vollzog den Schritt von der häuslichen zur industriellen Produktion. Die Tuchherstellung ging zurück, dafür wurden mehr Stoffe, Decken, Teppiche und Seidengewebe produziert. 1944 gab es 176 größere und kleinere Textilbetriebe, die alle 1948 entschädigungslos enteignet wurden. 1941 hatte der Ort 5.385 Einwohner, davon 3.691 Deutsche. Bereits in den 1950-er Jahren begannen die Aussiedlungen in Form von  zusammenführungen von Familien, deren Männer nach dem Krieg oder der Deportation nach Deutschland gelangt waren. 62
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Die Stadt zählt heute bei 21.000 Einwohnern noch 130 rein sächsische Seelen, fast alles alte Leute. Die Ältesten sind 97 bzw. 95 Jahre alt, dieses Jahr waren schon sieben Beerdigungen. Neuerdings wird Kindergottesdienst und eine Bibelwoche angeboten, zu der auch ein Mittagessen gehört, an der sich etwa 25 bis 30 Kinder beteiligen.

In anderen Dörfern ohne Sachsen geschehen viele Einbrüche, wenn die Schlüssel zur Kirchenburg ein Rumäne oder Zigeuner hat, auch in der Kirche Ball spielende Kinder kommen vor. Daher werden jetzt viele Kunstgüter von dort abtransportiert.
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3.12 Michelsberg oder Cisnãdioara
Die Michaelskirche wurde kurz nach 1200 errichtet und gilt somit als älteste Kirche Siebenbürgens. Die Kirche von Michelsberg wurde 1233 erstmals urkundlich erwähnt, als sie der Abtei von Kerz übertragen wurde. Von besonderem Reiz sind das mehrfach abgetreppte Westportal und die daran anschließenden Blendbogen-Arkaden. Im Osten schließt die Kirche mit drei halbrunden Apsiden ab. Die Kuppe, auf der die Kirche steht, ist mit einem steinernen Zinnenkranz gesichert. Im Süden steht der Torturm. Später wurde im Osten außerhalb der Mauer noch ein Wehrturm errichtet. 63

Michaelskirchen sind Bergkirchen, so dass wir hinaufgehen mussten. Zuerst schloss uns eine Frau die krumme Pforte auf - und nach uns wieder zu, was eigentlich ihre Kinder tun sollten, die aber irgendwo spielten. Oben kamen wir aus dem Wäldchen heran an eine Ringmauer, hinter der die rein romanische Kirche auf der Bergkuppe thronte. Herr Werhahn erzählt uns von dem Brauch, dass einst heiratswillige Männer Steine zur späteren Verteidigung im Angriffsfall nach oben brachten; je verliebter sie waren, desto größer war ihr Stein.

3.13 Fogarasch oder Fãgãras
Die Stadt mit etwa 35.700 Einwohner hat wenig schöne Gebäude. In ihrer Mitte liegt die Festung. Die Burg war Ende des 12. Jh. nur eine Holzfestung, die um 1310 von einer Steinfestung ersetzt wurde, die 1538 erweitert wurde. 1570 wurden Burggraben, Außenmauern und Nordflügel verstärkt. Ein Jahr, 1599/1600, war die Festung der Wohnsitz von Mihai Viteazul, Michael dem Tapferen. Ende des 18. Jh. wurde es Kaserne und militärisches Hauptquartier, Dekoration und Möbel wurden geraubt. 64
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Im 20. Jh. galt der Ort während der kommunistischen Herrschaft als antikommunistische Hochburg. In den 1950-er Jahren war in der Burg ein Gefängnis, in dem viele Gegner des Kommunismus interniert waren. Nach Ende der Diktatur wurde die Burg restauriert und beherbergt heute eine Bibliothek und ein Museum. 65  (links: Wappen über dem Festungstor)

3.14 Tartlau oder Prejmer
Die größte unter den siebenbürgischen Kirchenburgen steht im Burzenland, in Tartlau, vor dem Kumanenpass, und birgt hinter ihren aus König Sigismunds ( 1437) Zeiten stammenden Mauerring und Vorwerken eine schon unter der Herrschaft des Deutschen Ritterordens erbaute Kreuzkirche im romanisch-frühgotischen Übergangsstil. Tartlau wurde 1212/13 gegründet und 1240 erwähnt, als die Zisterzienser nach der Vertreibung des Deutschen Ordens das Patronat erhielten. Tartlau war eine freie Gemeinde des Distriks Kronstadt auf dem Königsboden.
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Rund 20 Mal 66 überdauerten im Laufe der Zeit die Burg und die in ihren Schutz geflohenen Dorfbewohner die Einäscherung ihres Ortes durch Feinde. 67 Als 1501 ein großer Trupp Türken über die achtlos herab gelassene Zugbrücke eindringen wollte, brach diese unter der Last zusammen. 1531 wurde die Burg von den Ungarn eingenommen und gegen Lösegeld wieder frei gegeben. 1658 überfielen Türken, Tataren, Moldauer und Kosaken das Burzenland. Die Kirchenburg kapitulierte vor dem Kosakengeneral.

1687 belagerten ähnliche Truppen (Walachen statt Kosaken) erneut die Burg, die von den Dorfbewohnern erfolgreich verteidigt wurde. 1704 - 08 bedrängten die Kuruzen Tartlau und plünderten die Kirchenburg zweimal. 68

Die Kirchenburg hat 272 Räume auf vier Etagen, die dieselbe Nummer tragen wie das dazu gehörende Haus im Dorf. In Zeiten von Angriffen wurde hier nur das kleine Vieh geborgen, während das große in die Sümpfe getrieben wurde. Bei den Türkeneinfällen hat die türkische Armee 10.000 Reiter voraus geschickt mit zwei Aufgaben: den Platz frei zu machen und Nahrung zu beschaffen. Zur Verteidigung diente ein 18 Meter breiter Wassergraben und die im Viereck verlaufende 12 bis 14 m hohe Burgmauer von 1427 mit ihren "Gießscharten", über die heißes Wasser, aber kein Pech, auf die Angreifer gegossen wurde, wie uns die tüchtige Frau Balog erklärte.
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Neben und über dem Torhaus wurden viele Lagerkammern zu lauter kleinen Museen eingerichtet, die Wohnen und Handwerk abbilden (links: altes Schulzimmer). Je ein Lichtschalter schont die Augen und die Kasse der Gemeinde. Die vom Deutschen Orden nach dem Vorbild der Kreuzkirche in Jerusalem begonnene Kirche wurde im Stil der spätstaufischen Gotik des  Rheinlandes vollendet. Unter dem Einfluss der Zisterzienser entstanden 1240 zwei Seitenkapellen. Der Turm über der Vierung wurde wahrscheinlich 1461 errichtet. Der Westarm wurde 1515 verlängert, so dass der Grundriss ein lateinisches Kreuz wurde. An Stelle der Zugbrücke wurde im 19. Jh. vor dem Rathaushof ein von massiven Arkaden durchbrochener Eingangstunnel errichtet.
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Die Kirche hat 12 Mal gebrannt. Mit den Teppichen hatten anfangs die Kaufleute ihre Plätze geschmückt. Später stifteten sie nach guten Geschäften aus Dank der Kirche einen Teppich. Der Flügelaltar stammt von 1450. Im 19. Jh. wurden viele  Gemeinschaftseinrichtungen gebaut: Schule, Rathaus, Feuerwehrhaus und Schlachthaus. Handwerk und Industrie erlebten einen beachtlichen Aufschwung; eine Papierfabrik und eine Spiritusfabrik gingen in Betrieb.
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Das Kleingewerbe blühte auf: Tischler, Schuster, Schneider, Wagner, Schlosser, Spengler, Schmiede, Maurer, Zimmerleute, Fleischhauer, Bäcker, Riemer, Weber, Gerber, Zimmermaler, Frisöre, Uhrmacher, Kammmacher, Gastwirtschaften und Geschäftsleute. Es gab drei Mühlen und ein Elektrizitätswerk.

Von 1510 sind 230 Hauswirte überliefert, die etwa 1.100 Seelen entsprechen. Im 19. Jh. blieb die Zahl der Deutschen bei etwa 2.200 konstant, während sich die Rumänen mehr als verdoppelten, bis 1930 etwa ein Gleichstand erreicht war. Tartlau hatte acht Nachbarschaften, die die Grundlage des sächsischen Zusammenlebens bildeten. Die evangelische Kirchengemeinde hat heute rund 150 Mitglieder, 96 davon sind Sachsen.

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